Die Lungenembolie (LE) ist Teil der Krankheitsentität der venösen Thromboembolie (VTE), wobei die Lungenembolie als Folge eines verschleppten Thrombembolus für die Prognose entscheidend ist. Die geschätzte Inzidenz der LE liegt in der Größenordnung von mindestens 50 Fällen auf 100 000 Einwohner mit einer 3-Monats-Sterblichkeit von ca. 15 % (1, 2). Seit der intensiven Nutzung der Computertomographie (CT) zur Diagnostik wird die Diagnose häufiger gestellt (3).

Klinische Präsentation

Aufgrund des inkonstanten klinischen Verlaufs, der wenig spezifischen Symptomatik und der hohen Mortalität ist die LE ein Krankheitsbild, das der besonderen Aufmerksamkeit bedarf. Wir kennen fulminante, hochdramatische Erstpräsentationen als rapide Verlaufsform, aber auch schleichende, repetitiv in Erscheinung tretende Verläufe der LE als progrediente Manifestation (4).

Das Überleben hängt maßgeblich von der rechtzeitigen Diagnosestellung und der rasch eingeleiteten Antikoagulation ab. Entscheidend für die Prognose ist insbesondere in der Akutphase das Ausmaß der Rechtsherzbelastung, darüber hinaus sind Alter und Begleiterkrankungen relevant. Unter Therapie kommt es in der Regel (in Kombination mit der lokal vorhandenen körpereigenen Urokinase) rasch zu einer Thrombusauflösung innerhalb von Stunden bis Tagen, so dass nach Überstehen der Akutphase die Drücke in der Lungenarterie sich meist wieder normalisieren. Hierbei zeigt die Thrombolysetherapie nur in den ersten Tagen Vorteile in Bezug auf eine rasche Thrombusauflösung und damit Drucknormalisierung im kleinen Kreislauf.

Nach wenigen Wochen bestehen zumeist zwischen thrombolytisch behandelten Patienten und allein antikoagulatorisch therapierten Patienten keine Unterschiede (3), so dass sich der Einsatz der Thrombolyse auf Patienten mit hämodynamischer Instabilität und relevanter Rechtsherzbelastung beschränkt. Die Indikation zur Thrombolysetherapie ist nicht primär abhängig von der Thrombusmasse. Die Sterblichkeit ist insbesondere in den ersten Stunden und Tagen hoch (5). Wesentlich für die Prognose sind die initiale klinische Präsentation (Schock bzw. drohender Schock), das Ausmaß der Rechtsherzbelastung, aber auch einfach zu erhebende klinische Parameter.

Die Rechtsherzbelastung kann in der bildgebenden Diagnostik (Echokardiographie, CT-Angiographie) und laborchemisch (Troponin T und I, BNP [brain natriuretic peptide], NT-proBNP [N-terminales Fragment des BNP], H-FABP [heart-type fatty acid binding protein]) erfasst werden. Abhängig vom Vorhandensein bzw. von der Abwesenheit einer Rechtsherzbelastung mit und ohne hämodynamische Beeinträchtigung bis hin zum Schock und Kreislaufstillstand liegt die Mortalität zwischen > 65 % und < 1 bis 2 % (6).

Neben dem Ausmaß der Rechtsherzbelastung sind klinische Parameter mindestens ebenso bedeutsam für die Mortalität. Aufgrund der Einfachheit hat sich in den letzten Jahren als Score vor allem der PESI (pulmonary embolism severity index) und schließlich sPESI (simplified pulmonary embolism severity index) etabliert (7). Danach ist die Mortalität insbesondere bei alten Patienten, solchen mit chronischen Erkrankungen wie aktiver Krebserkrankung, Herzinsuffizienz, COPD (chronic obstructive pulmonary disease) und Zeichen der hämodynamischen Instabilität bei initialer Präsentation erhöht, und zwar auf bis zu 25 % im Vergleich zu < 1 % bei Abwesenheit dieser Risiken.

Ein kleiner Teil der Patienten entwickelt eine chronische thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH), wobei die Häufigkeitsangaben mit 0,1 bis 9,1 % in der Literatur erheblich schwanken (3). Dies mag auch Ausdruck einer unterschiedlich intensiven Nachsorge nach stattgehabter LE sein. Da es sich um eine potentiell lebensbedrohliche Erkrankung mit rascher Entwicklung eines finalen Rechtsherzversagens handelt und da mittels Operation eine kurative Behandlung möglich ist, kommt der zeitgerechten Erkennung ein hoher Stellenwert zu.

Verlauf nach überstandener Akutphase

Auch nach überstandener Akutphase einer LE weisen die betroffenen Patienten im Verlauf eine schlechtere Prognose auf als diejenigen, die keine LE erlitten haben. Dies gilt sowohl für provozierte als auch für nicht provozierte LEs (8). Die Sterblichkeit der LE-Patienten beträgt in den ersten 14 Tagen 11,4 % und in den ersten drei Monaten 17,4 % (6). Somit ist auch nach Überstehen der unmittelbaren Krankenhaus- und Akutphase die subakute Phase weiterhin mit einer besonderen Gefährdung belastet.

Trotz der Häufigkeit der LE, und der sie verursachenden TVT (tiefen Bein- und Beckenvenenthrombose), und der ernsten Prognose spielt sie gegenwärtig in der Rehabilitation kardiovaskulärer Erkrankungen ausweislich der jährlichen Statistiken der Deutschen Rentenversicherung (DRV) nur eine untergeordnete Rolle. Im eigenen Patientenkollektiv bilden Patienten mit LE lediglich < 5 % des kardiovaskulären Patientenkollektivs. In den Reha-Leitlinien der DRV im Bereich der Kardiologie und Angiologie und in den jährlichen Reha-Berichten der DRV wird die LE nur in einer untergeordneten Weise erwähnt, obwohl im AHB-Indikationskatalog der DRV, dem sich die Krankenkassen anschließen, die akute LE mit relevantem Perfusionsausfall eine AHB-Indikation darstellt. Strukturierte Nachsorgeprogramme und Leitlinien der Fachgesellschaften zur Nachsorge nach stattgehabter VTE und LE fehlen bislang trotz der enormen Häufigkeit der VTE. Ebenso enthalten die Leitlinien der Fachgesellschaften keine Aussagen zur Rehabilitation nach überstandener LE.

Untersuchungen über die Rehabilitation nach überstandener Akutphase der LE fehlen. Bei inzwischen kurzer Krankenhausverweildauer von wenigen Tagen oder auch ambulanter Behandlung ist die weitere Behandlung mit den neuen oralen Antikoagulantien inzwischen auf den ersten Blick einfacher geworden.

Aufgaben der Rehabilitation

Welche Patienten können von einer Rehabilitation profitieren? Gerade bei kurzer Krankenhausverweildauer ist der zügige Übergang in eine Rehabilitation sinnvoll bei Patienten mit erhöhtem Risiko, d. h. Patienten mit relevanter Rechtsherzbelastung und/oder relevanten Begleiterkrankungen und/oder erhöhtem Lebensalter. Gerade diese Patienten sind im Fall einer Rezidiv-LE besonders gefährdet aufgrund ihrer eingeschränkten Reserve und ihrer Multimorbidität. Komplikationen können bei engem ärztlichem Kontakt und engem Kontakt mit dem therapeutischen Team in der Rehabilitation eher erkannt werden. Bei diesen Patienten herrscht oftmals große Unsicherheit bezüglich der möglichen Belastbarkeit. Nicht selten ist bei multimorbiden geriatrischen Patienten die Selbständigkeit gefährdet, es droht Pflegebedürftigkeit. Darüber hinaus können im Verlauf in einer strukturierten Nachsorge Patienten erkannt werden, bei denen sich die Rechtsherzbelastung nicht zurückbildet und ein Übergang in eine CTEPH droht.

Die 1-Jahres-Prognose von Patienten mit anhaltender Luftnot ist um den Faktor 5 bis 6 schlechter als diejenige von Patienten ohne Luftnot (9). Inwieweit die Luftnot Ausdruck einer persistierenden Thrombuslast und Rechtsherzbelastung sein kann, ist offen. Bei einer 1-Jahres-Mortalität von 27,4 % in dieser Studie waren eine Rezidiv-LE in 26,5 %, ein Malignom in 43,3 % und kardiopulmonale Ursachen in 30 % für den Tod ursächlich. Die 3,3-Jahres-Mortalität der LE liegt in einer Untersuchung von Klok et al. (8) bei etwa 30 %, wobei auch in dieser Arbeit neben der Rezidiv-LE kardiopulmonale Begleiterkrankungen und Malignome sowie in geringem Anteil Blutungskomplikationen ursächlich sind. Die LE ist somit keineswegs als isolierte Erkrankung zu verstehen. Die Prognose der Patienten wird nicht nur von der LE bestimmt, sondern von der gesamten Krankheitslast und vom Patientenalter.

Im Hinblick auf die Rezidiv-LE liegen die Aufgaben der Rehabilitation in der Sicherstellung einer adäquaten Antikoagulation, der Schulung des Patienten, ggf. auch der INR (International Normalized Ratio)-Selbstmessung, sofern die Antikoagulation nicht mit NOAKs (neuen oralen Antikoagulantien) bzw. DOAKs (direkten oralen Antikoagulantien) erfolgt, und der Festlegung der adäquaten Antikoagulationsdauer. Die Frage nach einer provozierten oder unprovozierten LE ist nicht selten zu Beginn der Rehabilitationsmaßnahme noch nicht ausreichend geklärt. Anzuführen sind beispielsweise eingenommene Medikamente mit thrombophilem Nebenwirkungspotential und chronische Erkrankungen.

Im Hinblick auf eine rechtzeitige Erfassung einer CTEPH spielen echokardiographische Verlaufskontrollen zur Frage der Rechtsherzbelastung und ergometrische Verlaufskontrollen zur Frage der Belastbarkeit ggf. mit pulsoxymetrischer Erfassung der Sauerstoffsättigung eine wichtige Rolle. Bei geringer Belastbarkeit und echokardiographisch fehlenden Hinweisen auf eine Rechtsherzbelastung unter Ruhebedingugen muss neben dem Trainingsmangel an eine erst unter Belastung manifest werdende pulmonale Hypertonie und Rechtsherzbelastung gedacht werden.

Darüber hinaus müssen Begleiterkrankungen kritisch gewürdigt und bezüglich ihres Schweregrads korrekt eingestuft werden. Bei überstandener LE und fehlender bzw. kompensierter Rechtsherzbelastung können diese belastungslimitierend sein. Die kritische Betrachtung der unterschiedlichen Funktionseinschränkungen kann gerade bei älteren multimorbiden Patienten schwierig sein. Auch die Trennung einer LE-bedingten Einschränkung der Belastbarkeit vom normalen altersbedingten Rückgang der Belastbarkeit kann nach LE schwierig sein. Umso wichtiger ist eine differenzierte Diagnostik unter Einbeziehung von Anamnese, Belastungs-EKG ggf. mit Pulsoxymetrie, Spiroergometrie und differenzierter Echokardiographie.

Der Stellenwert des Ausdauer-, Kraft- und Koordinationstrainings im Hinblick auf die kardiopulmonale Belastbarkeit, auf die Malignomprävention und -behandlung, auf den Erhalt der Selbständigkeit und auf die Vermeidung von Pflegebedürftigkeit ist heute unumstritten, so dass gerade Patienten mit LE mit Begleiterkrankungen von einem strukturierten Belastungsprogramm profitieren können (Übersicht in 10).

Zur Belastungsplanung führen wir routinemäßig zu Beginn der Rehabilitation eine Echokardiographie zur Erfassung der Rechtsherzbelastung durch. Wir bestimmen hierbei den von uns entwickelten Rechtsherz-Score (R-S). Erfasst werden folgende vier Parameter: Größe des rechten Ventrikels, Kontraktionskraft der freien rechtsventrikulären Wand, Bewegung des Septum interventriculare und Größe des rechten Atriums. Es erfolgt eine quantitative Bewertung mit den Ziffern 1 (normal), 2 (gestört) und 3 (schwergradig gestört). Durch Addition der Einzelwerte und Division durch 4 wird der R-S ermittelt (11; Beispiele Abbildung 1 und 2). Der R-S beträgt 1,0 bei einem Normalbefund und maximal 3,0 bei einer schwersten Rechtsherzbelastung. Nach unseren Untersuchungen geht ein R-S ≥ 2,25 einher mit einer schweren, prognostisch ungünstigen Rechtsherzbelastung, während die Prognose bei einem R-S von < 2,25 günstig ist.

Weiter erfolgt die Durchführung eines Belastungs-EKGs, wobei dies bei Patienten mit erhöhtem R-S nur äußerst vorsichtig mit geringer Wattzahl geschieht. Der Trainingspuls wird in der Regel entsprechend dem Belastungs-EKG bei kompensierter, geringer bzw. fehlender Rechtsherzbelastung (R-S < 2,25) nach der Karvonen-Formel bestimmt (12). Bei manifester Dyspnoe oder echokardiographisch schwerer Rechtsherzbelastung kommt evtl. der 6-Minuten-Gehtest zum Einsatz. Bei diesem Patientenkollektiv kommen nur Übungen (kein Training!) auf niedrigster Stufe in Frage. Hier muss im Einzelfall abgewartet werden, bis unter Antikoagulation eine ausreichende Rückbildung der Rechtsherzbelastung erreicht wurde. Da bislang Untersuchungen zur Rehabilitation nach LE fehlen, orientieren wir uns an den Erfahrungen mit Patienten mit CTEPH aus der Arbeitsgruppe um Grünig (13). Patienten mit Verdacht auf eine sich entwickelnde CTEPH sollten spezialisierten Zentren zugewiesen werden.

Zusammenfassung

Schwerpunkte der Rehabilitation bei LE sind die Erkennung von Risikopatienten nach überstandener Akutphase, die Objektivierung einer noch bestehenden Rechtsherzbelastung, die Erarbeitung eines am Ausmaß der Rechtsherzbelastung adaptierten Trainings- bzw. Übungsprogramms, die Festlegung der Dauer der oralen Antikoagulation, umfangreiche Schulungsmaßnahmen insbesondere auch zur Antikoagulation und die adäquate sozialmedizinische Beurteilung.


Literatur:
1) Spencer FA, Emery C, Joffe SW, Pacifico L, Lessard D, Reed G, Gore JM, Goldberg RJ: Incidence rates, clinical profile, and outcome rates of patients with venous thromboembolism. The Worcester VTE study. J Thromb Thrombolysis 2009; 28: 401-409
2) Guidelines on diagnosis and management of acute pulmonary embolism. Task Force on Pulmonary Embolism, European Society of Cardiology. Eur Heart J 2000; 21: 1301-1336
3) Konstantinides SV, Torbicki A, Agnelli G, Danchin N, Fitzmaurice D, Galiè N, Gibbs JS, Huisman MV, Humbert M, Kucher N, Lang I, Lankeit M, Lekakis J, Maack C, Mayer E, Meneveau N, Perrier A, Pruszczyk P, Rasmussen LH, Schindler TH, Svitil P, Vonk Noordegraaf A, Zamorano JL, Zompatori M; Task Force for the Diagnosis and Management of Acute Pulmonary Embolism of the European Society of Cardiology (ESC): 2014 ESC guidelines on the diagnosis and management of acute pulmonary embolism. Eur Heart J 2014; 35: 3033-3069, 3069a-3069k
4) Wacker P, Wacker R, Kreft HU, Zink-Wohlfart C, Tilhein P, Steinwede D: Akute Lungenembolie: Die meisten Patienten weisen für die Diagnosestellung charakteristische Symptome auf. Ein Algorithmus für Krankenhausnotaufnahme bzw. Patient-Arzt-Primärkontakt wird vorgeschlagen. Intensivmed 2004; 41: 283
5) Wacker R, Wacker P: Akute Lungenembolie: Das Ausmaß der Rechtsherzbelastung und die ersten 24 Stunden nach Diagnosestellung entscheiden über die Mortalität. Z Kardiol 2004; 93 (Suppl 5): P127
6) Belohlavek J, Dytrych V, Linhart A: Pulmonary embolism, part I: epidemiology, risk factors and risk stratification, pathophysiology, clinical presentation, diagnosis and nonthrombotic pulmonary embolism. Exp Clin Cardiol 2013; 18: 129-138
7) Jiménez D, Aujesky D, Moores L, Gómez V, Lobo JL, Uresandi F, Otero R, Monreal M, Muriel A, Yusen RD; RIETE Investigators: Simplification of the pulmonary embolism severity index for prognostication in patients with acute symptomatic pulmonary embolism. Arch Intern Med 2010; 170: 1383-1389
8) Klok FA, Zondag W, van Kralingen KW, van Dijk AP, Tamsma JT, Heyning FH, Vliegen HW, Huisman MV: Patient outcomes after acute pulmonary embolism. A pooled survival analysis of different adverse events. Am J Respir Crit Care Med 2010; 181: 501-506
9) Palla A, Ribas C, Rossi G, Pepe P, Marconi L, Prandoni P: The clinical course of pulmonary embolism patients anticoagulated for 1 year: results of a prospective, observational, cohort study. J Thromb Haemostas 2009; 8: 68-74
10) Löllgen H: Das große Therapiedefizit. Dtsch Arztebl 2014; 111: 29-30
11) Wacker P, Wacker R, Golnik R, Kreft HU: Akute Lungenembolie – Ein neuer Score zur Quantifizierung der akuten Rechtsherzbelastung. Intensivmed 2003; 40: 130-137
12) Karvonen M, Kentala K, Mustala O: The effects of training heart rate; a longitudinal study. Ann Med Exp Biol Fenn 1957; 35: 307-315
13) Nagel C, Prange F, Guth S: Exercise training improves exercise capacity and quality of life in patients with inoperable or residual chronic thromboembolic pulmonary hypertension. PloS One 2012; 7: e41603


Autoren:

Dr. med. Petra Wacker


Dr. med. Rüdiger Wacker

Fachklinik Sonnenhof
Am Wald 1, 72280 Waldachtal

Erschienen in: Diabetes, Stoffwechsel und Herz, 2015; 25 (6) Seite 443-445