Kurz vor der Bundestagswahl hat die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) nochmals klar gestellt: Diabetes-Prävention muss politisch gewollt sein, um zu funktionieren!

Alle bisherigen Präventionsanstrengungen sind gescheitert, weil sie nicht die Menschen erreichen, die sie erreichen sollten. Sonst würde die Zahl der Erkrankten nicht ungebremst steigen“, bringt Barbara Bitzer, Geschäftsführerin der DDG, das Problem auf den Punkt.

Prävention: immer eine Investition in die Zukunft

Die Prävention von nicht-übertragbaren Krankheiten wie Diabetes müsse von der Politik daher ebenso aktiv vorangetrieben werden, wie derzeit die Prävention von COVID-19, fordert die DDG. „Prävention ist immer eine Investition in die Zukunft einer gesamten Gesellschaft, die sich auszahlen wird – auch ökonomisch“, so die Fachgesellschaft. Entscheidend sei hier aber, dass sie die Menschen erreicht, die sie auch wirklich benötigen. „Das gelingt derzeit nur unzureichend“, erklärt die DDG.

Für die nächste Legislaturperiode setzt die Diabetes Gesellschaft vor allem auf das Präventionsgesetz (PrävG), das in wesentlichen Teilen bereits im Juli 2015 in Kraft trat. Spürbare Veränderungen hat es bisher jedoch kaum gebracht, nennenswerte, bevölkerungsübergreifende Präventionsmaßnahmen fehlen weiterhin. Eine Nationale Diabetes-Strategie existiert bisher nur auf dem Papier und auch der lange geforderte Paradigmenwechsel hin zu einer Verhältnisprävention lässt auf sich warten.

Bereits im Kindes- und Jugendalter beginnen

„Wir müssen die Verhältnisse ändern, indem wir beispielsweise eine verbindliche Lebensmittelkennzeichnung und eine ‚gesunde Mehrwertsteuer‘ einführen, die gesunde Lebensmittel mit geringem Anteil an Zucker, Fetten und/oder Salz steuerlich entlastet“, sagt Bitzer. „Nur so erreichen wir auch die sozial benachteiligten Menschen, die ein deutlich erhöhtes Risiko haben, an Diabetes zu erkranken.“ Denn Diabetes sei keine Wohlstandskrankheit, erklärt sie, deshalb sollte „erfolgreiche Prävention bereits im Kindes- und Jugendalter beginnen“.

Die DDG fordert hier schon seit Jahren, „dass Werbung für ungesunde Lebensmittel, die sich an Kinder richtet, verboten wird und stattdessen Bewegung und gesunde Ernährung in Kita und Schule gestärkt werden“, so die Geschäftsführerin.

Expertise der Wissenschaft mit einbinden

Auch spezifische Präventionsmaßnahmen, die sich auf den Einzelnen beziehen, müssten besser werden, betont Prof. Dr. Andreas Fritsche, Vizepräsident der DDG. „Hier können wir mittlerweile diejenigen beispielsweise mit einem Prädiabetes zuverlässig erkennen, die das höchste Risiko haben, einen Diabetes zu entwickeln.“ Für diese Hochrisikopatienten müsste man individuelle Konzepte zur Lebensstiländerung entwickeln.

Die Politik sollte dabei vor allem die Expertise der Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) und der DDG mit einbinden. Das DZD arbeitet etwa seit Jahren daran, solche Phänotypen zu identifizieren. Aus der Forschung wüsste man mittlerweile schon genau, wer auf welche Präventionsmaßnahme positiv reagiert und wer nicht. „Heute haben wir eine präventive Unterversorgung bei den Hochrisikogruppen und eine Überversorgung bei jenen, die nie einen Diabetes entwickeln werden“, so Fritsche.


Autorin:
Angela Monecke
Redaktionsbüro Angela Monecke
Kopenhagener Str. 74, 10437 Berlin


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2021; 33 (9) Seite 10