Als die ersten rtCGM-Systeme (real-time Continuous Glucose Monitoring) verfügbar wurden, war nicht absehbar, welche Fülle an Möglichkeiten sich daraus in Zukunft für die Diabetologie ergeben würden, sagte Dr. med. Jens Kröger, Hamburg, eingangs eines von Dexcom veranstalteten Symposiums. Die Entwicklung verläuft rasant und inzwischen ist es möglich, rtCGM-Systeme mit Smartpens bzw. Insulinpumpen zu verbinden.

Digital unterstütztes Glukose-, Daten- und Insulinmanagement kann Menschen mit Diabetes in ihrem Lebensalltag entlasten und verbessert ihre Stoffwechseleinstellung. Das gilt laut den Referenten des Symposiums nicht nur für den Typ-1-Diabetes, sondern auch für den Typ-2-Diabetes. Sie empfahlen, die Patienten – je nach ihren individuellen Bedürfnissen – Schritt für Schritt und durch Hinzunahme digitaler Unterstützer an die neuen Technologien heranzuführen. Basis und Mittelpunkt der Interoperabilität bildet dabei stets ein messgenauer, smarter Sensor wie der Dexcom G6, heißt es in einer Pressemitteilung von Dexcom.

Mehr als 50 Einzelentscheidungen und Handlungen verlangt das Diabetes-Selbstmanagement Patienten unter intensivierter Insulintherapie tagtäglich ab – das zeigen laut Dipl. oec. troph. Heike Recktenwald, Dexcom, die Aufzeichnungen einer Patientin mit Typ-1-Diabetes, die ihren Diabetes zunächst mit herkömmlicher Blutzuckermessung ohne digitale Unterstützung managte. Jeden Tag mehr als 50 Entscheidungen, die Konzentration erfordern, Kapazitäten binden, manuelle Fehler verursachen können und den Fokus immer wieder neu auf die Krankheit richten. Inzwischen nutzt die Patientin das Dexcom G6 rtCGM-System und lebt damit deutlich entspannter, wie Recktenwald weiter berichtete.

Das Dexcom G6 verfügt der Pressemeldung zufolge neben der kontinuierliche Glukosemessung über weitere Funktionen, die den Umgang mit der Krankheit erleichtern: Trendpfeile auf dem Display des Empfängers oder eines kompatiblen Smartphones [1] lassen die Patienten erkennen, in welche Richtung und mit welcher Geschwindigkeit sich ihr Glukosewert verändert, sodass sie – falls nötig – frühzeitig reagieren können. Dabei sei hier kein Scannen erforderlich, die Übertragung der Werte erfolge automatisch. Außerdem werden Nutzer bei Aktivierung der entsprechenden Systemeinstellung durch eine prädiktive Warnfunktion auf eine akut drohende Unterzuckerung 20 Minuten im Voraus aufmerksam gemacht, so die Pressemeldung weiter. Mit rtCGM-Unterstützung würden sich die Glukosewerte nachweislich länger im Zielbereich und deutlich weniger im hypoglykämischen Bereich bewegen. [2,3]

Doch nicht nur würden die klinischen Parameter durch das Dexcom G6 nachweislich verbessert, auch beim aus Behandlersicht übergeordneten Diabetesmanagement kann der smarte Sensor Unterstützung bieten, wie der Diabetologe Dr. med. Dietrich Tews, Gelnhausen, aufzeigte: So sind für Ärzte laut einer Umfrage vor allem elf Aspekte für die Therapie des Diabetes zentral, u. a. Software zur Analyse der Glukosedaten, Systeme zur Unterstützung von Patienten- und Arztentscheidungen, telemedizinische Möglichkeiten und Online-Video-Schulungen. [4]

Das Dexcom G6 bediene diese Wünsche auf verschiedenen Wegen, etwa durch ambulante Glukoseprofile, den Dexcom Algorithmus im Dexcom G6-Sensor und AID-Systemen oder die Share-Funktion der Dexcom G6-App zusammen mit der separaten Dexcom Follow-App. Hierüber können Patienten etwa Angehörigen Zugang zu ihren Glukosedaten erlauben. Die Datenmanagement-Software Dexcom CLARITY unterstütze die Auswertung der Glukoseprofile für Diabetesteams. Diese Funktionen eröffnen laut Tews neue Möglichkeiten der datengestützten Kommunikation zwischen Arzt und Patient, beispielsweise im Rahmen einer Videosprechstunde. „Einen Praxisalltag ohne diese Technologie kann ich mir gar nicht mehr vorstellen“, so das Fazit von Tews.

rtCGM plus Smartpen

Die Vernetzung von rtCGM mit Smartpens [5] ist die nächste Ebene des digital gestützten Diabetes-Selbstmanagements, berichtet Dexcom in der Pressemeldung. Durch diese interoperable Verknüpfung würden Glukosemanagement und Insulinmanagement miteinander gekoppelt. Wie Dr. oec. troph. Astrid Tombek, Bad Mergentheim, betonte, stellt das Insulinmanagement für die Patienten eine enorme Herausforderung dar. Das fange schon damit an, dass sich Patienten plötzlich unsicher seien, ob sie eine anstehende Insulindosis bereits injiziert haben oder nicht. Diese Herausforderungen könnten mit einem System aus Glukosesensor und Smartpen bewältigt werden: In einer schwedischen Studie führte die Anwendung von CGM plus Smartpen bei Typ-1-Diabetes-Patienten zu einer Abnahme der durchschnittlichen täglichen Anzahl verpasster Bolusinjektionen um 43 %. Die TIR (Time in Range) nahm in dieser Studie im Mittel um 1,89 Stunden pro Tag zu. [6]

Tombek sieht eine Indikation für die vernetzte rtCGM-/ Smartpen-Technologie sowohl bei Typ-1-Diabetes als auch bei Typ-2-Diabetes mit einer Insulintherapie. Nicht alle Patienten mit Typ-1-Diabetes können sich mit der Pumpentherapie arrangieren, weiß Tombek aus langjähriger Erfahrung als Diabetesberaterin. Vor diesem Hintergrund sei die Kombination aus rtCGM und Smartpen für viele Patienten eine gute Lösung zur Entlastung des Diabetesalltags. Andere Patienten würden erst mal mit dem Smartpen anfangen und dann später zur Pumpentechnologie wechseln. Stufenweise lasse sich so die für den individuellen Patienten bestgeeignete digitale Unterstützung beim Diabetes-Selbstmanagement etablieren und eine bessere Therapiequalität erzielen. Beim Typ-2-Diabetes sieht Tombek Einsatzmöglichkeiten für kombinierte rtCGM-/ Smartpen-Systeme etwa bei Patienten unter intensivierter Insulintherapie (ICT), den Nutzen von rtCGM als Stand-alone-System auch bei Anwendern einer basal unterstützten oralen Therapie (BOT).

rtCGM plus Insulinpumpe

Dr. Tews stellte laut Dexcom in seinem Vortrag neue Daten zu AID-Systemen für viele Patiententypen vor, also Kombinationen aus rtCGM und Insulinpumpe. Ein Beispiel sei die Vernetzung des Dexcom G6 mit der Tandem t:slim X2 Insulinpumpe. Die bisherige Technologie Tandem Basal-IQ sei in der Lage, die basale Insulinfreisetzung in Abhängigkeit von der kontinuierlich gemessenen Gewebeglukose je nach aktuellem Insulinbedarf des Patienten zu unterbrechen bzw. fortzusetzen. Das führe zu einer deutlichen Reduktion von Hypoglykämien ohne Rebound-Hyperglykämien, [7] wie Tews berichtete. Mit der neuen Technologie Control-IQ [8] sei nun der Schritt zum Hybrid-Closed-Loop-System vollzogen worden, das bei hohen Werten – z. B. aufgrund von Fehleinschätzungen der Kohlenhydratmenge einer Mahlzeit – eine Insulinkorrektur in Form von zusätzlich abgegebenen Insulineinheiten vornehmen könne. In einer Pilotstudie, in der Tandem Control-IQ bei Kindern mit Typ-1-Diabetes im Alter zwischen 2 und 5 Jahren eingesetzt wurde, habe sich der Anteil der Kinder, die die therapeutischen Ziele erreichten, von 33 % auf 83 % erhöht. [9]

Lernprozesse werden angestoßen

Die Diabetesberaterin und VDBD-Vorsitzende Dr. Nicola Haller, Starnberg, zeigte auf, wie der erforderliche Schulungsaufwand durch technologische Unterstützung reduziert werden kann. „Im Alltag lernen ist hier das Motto“, fasst sie einen zentralen Vorteil der digitalen Diabetestechnologien zusammen. Die kontinuierlichen Glukosedaten etwa ermöglichen eine Art digitales Training on the job: Für die Patienten wird der Einfluss von Ernährung und Bewegung sichtbar und damit „greifbar“. So lassen sich laut Haller Lernprozesse anstoßen und die Verhaltensweisen der Patienten durch Verstehen von Handlung und Konsequenz ändern.

Diabetestechnologie kann Haller zufolge so zum coach in the pocket werden. Die erfahrene Diabetesberaterin ermutigte daher explizit zu deren Nutzung und sprach sich dafür aus, die Patienten Schritt für Schritt an die digitale Unterstützung beim Glukose-, Daten- und Insulinmanagement heranzuführen. Indem interoperable Komponenten wie digitales Datenmanagement und Insulinmanagement mit Smartpen oder AID-Systemen stufenweise geschult und in der Therapie je nach individuellem Bedürfnis ergänzt würden – vom rtCGM als Stand-alone über Insulinmanagement mit Smartpen oder Insulinpumpe bis hin zu AID –, könnte umgekehrt die Last des Diabetesalltags stufenweise gesenkt werden. „Sprechen Sie mit Ihren Patienten über die Funktions-Handhabung und Folgehandlungen“, forderte Haller die teilnehmenden Diabetesteams daher auf, „denn jede Funktion des Dexcom G6-Sensors korreliert einzeln und in Summe mit einer Verbesserung der klinischen Ergebnisse.“


Referenzen
[1] Eine Liste kompatibler Geräte finden Sie unter www.dexcom.com/compatibility.
[2] Visser M et al. Comparing real-time and intermittently scanned continuous glucose monitoring in adults with type 1 diabetes (ALERTT1): a 6-month, prospective, multicentre, randomised controlled trial. Lancet 2021; 397 (10291): P2275–2283. Published online June 2, 2021. https://doi.org/10.1016/S0140-6736(21)00789.
[3] Martens T et al. Effect of Continuous Glucose Monitoring on Glycemic Control in Patients With Type 2 Diabetes Treated With Basal Insulin: A Randomized Clinical Trial. JAMA 2021; 325 (22): 2262–2272.
[4] Ärzte-Umfrage im Rahmen des D.U.T 2021. Befragung von 337 Ärztinnen und Ärzten, abrufbar unter https://www.dut-report.de/2021/01/22/arzte-umfrage/#top.
[5] Die Pen-Daten von "NovoPen 6" und "NovoPen Echo Plus" können derzeit mit den Dexcom-Daten über "diasend" von Glooko angezeigt werden.
[6] Adolfsson P et al. Increased Time in Range and Fewer Missed Bolus Injections After Introduction of a Smart Con-nected Insulin Pen. Diabetes Technol Ther 2020; 22 (10): 709–718.
[7] Forlenza G et al. Predictive Low-Glucose Suspend Reduces Hypoglycemia in Adults, Adolescents, and Children With Type 1 Diabetes in an At-Home Randomized Crossover Study: Results of the PROLOG Trial. Diabetes Care 2018 Oct; 41 (10): 2155–2161.
[8] Die "Basal-IQ-Technologie" ist parallel weiterhin auf dem Markt verfügbar.
[9] Ekhalspour L et al: Safety and Performance of the Tandem t:slim X2 with Control-IQ Automated Insulin Delivery Sys-tem in Toddlers and Preschoolers. Diabetes Technol Ther 2021; 23 (5): 384–391.

Quelle: Dexcom Deutschland GmbH | Redaktion