Die podologische Behandlung mit Nagelkorrekturspangen wird verordnungsfähig, das hat der G-BA Mitte Februar beschlossen. Die AG Fuß der DDG lobt dies ausdrücklich als Erleichterung dabei, die konservativen sanften Maßnahmen beim diabetischen Fußsyndrom besser auszuschöpfen.

Patienten steht zukünftig eine neue podologische Leistung zur Verfügung: Mithilfe einer Nagelspangenbehandlung können bei eingewachsenen Fußnägeln Fehlstellungen korrigiert und ein zukünftiges Einwachsen verhindert werden. Derzeit ist eine solche Behandlung eine ärztliche Leistung, nun kann sie zusätzlich auch von Podologen übernommen werden. Der ­Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 17. Februar in der Heilmittel-Richtlinie festgelegt, wann eine podologische Nagelspangenbehandlung ärztlich verordnet werden kann, wie der genaue Leistungsumfang aussieht und in welchen Situationen ein Arzt einzubeziehen ist.

Zu den häufigsten Ursachen von eingewachsenen Fußnägeln (Unguis incarnatus) gehören – neben einer genetischen Veranlagung – eine vermehrte Druckbelastung durch zu enges Schuhwerk oder ­eine falsche runde Schneide­technik des Nagels. Je nach Ausmaß und Schädigung des umgebenden Gewebes kann das Krankheitsbild in Stadien von 1 bis 3 gegliedert werden. Bei der Behandlung kommen neben einer Nagelspange auch ärztlich-konservative und chirurgische Maßnahmen infrage. Eine podologische Nagelspangenbehandlung kann – sofern keine medizinischen Gründe dagegensprechen – in allen drei Stadien des Erkrankungsbildes verordnet werden, so der G-BA.

Individuell angefertigte Korrekturspange

Bei der Nagelspangenbehandlung wird eine Korrekturspange individuell angefertigt und an den betroffenen Nagel angepasst. Ziel ist eine mechanische Druckentlastung, um ein Fortschreiten des Einwachsens in das umliegende Gewebe oder des Entzündungsprozesses zu verhindern. Der Nagel kann dann wieder in seiner natürlichen Form nachwachsen. Da es sich bei der Nagelspangenbehandlung um eine sehr individuelle Fallgestaltung ­handelt, ist es für den Behandlungs­erfolg sinnvoll, dass der behandelnde Podologe selbst festlegt, nach welchem Zeitraum die Behandlung, unter anderem die Kontrolle der Nagelspange, fortgesetzt wird. Im Stadium 1 muss die Nagelspange laut G-BA ungefähr alle zwei bis sechs Wochen nachgespannt oder neu aufgebracht werden. In den Stadien 2 und 3, in denen die umliegende Haut bereits verletzt und entzündet ist, ist es notwendig, die Therapiefortschritte engmaschiger zu kontrollieren. Sofern begleitend eine Wundbehandlung der verletzten oder entzündeten Haut notwendig ist, ist dies weiterhin ausschließlich eine ärztliche Leistung, stellt der G-BA klar.

Die podologische Nagelspangenbehandlung kann von Ärzten voraussichtlich ab 1. Juli verordnet werden. Voraussetzung ist, dass das Bundesministerium für Gesundheit gegen den Beschluss keine rechtlichen Einwände hat.

DDG begrüßt G-BA-Beschluss

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) wies in einer Stellungnahme zu dem Beschluss darauf hin, dass ein eingewachsener Fußnagel für Menschen mit einem diabetischen Fußsyndrom (DFS) zu schweren Infektionen führen und schlimmstenfalls eine Amputation notwendig machen kann. Durch die professionelle podologische Behandlung mit Nagelkorrekturspangen können Komplikationen und operative Eingriffe häufig vermieden werden, bestätigt die Fachgesellschaft. Sie begrüßt diesen Beschluss als einen weiteren wichtigen Schritt, konservative Fußbehandlungen von Hochrisikopatienten zur Kassenleistung zu machen.

Dass konservative Therapiemöglichkeiten immer noch zu wenig ausgeschöpft werden, ist in den Augen der DDG auch ein Grund für die weiterhin zu hohen Amputationszahlen in Deutschland; zwei Drittel aller Amputationen der unteren Extremitäten erfolgen bei Menschen mit Diabetes mit einem diabetischen Fußsyndrom. „Nicht zuletzt ist es für manche Patientinnen und Patienten auch eine finanzielle Hürde, manche Kosten für eine nicht operative Behandlung selbst zu tragen, sofern sie nicht verordnungsfähig sind“, betont Dr. med. Sybille Wunderlich von der AG Diabetischer Fuß der DDG. Auch deshalb begrüßt die DDG den aktuellen G-BA-Beschluss, der die Therapie mit Nagelkorrekturspangen nun zur Kassenleistung macht.

Der aktuelle Beschluss folgt der vom G-BA erweiterten Verordnungs­fähigkeit der medizinischen Fußpflege aus dem Jahr 2020. „Es ist erfreulich, dass die Gesundheitspolitik offenbar die Bedeutung von Wundmanagement und Podologie in der Behandlung des DFS erkannt hat und wertschätzt“, freut sich ­Elisabeth Dalick, Diabetesberaterin und Podologin aus Aachen. Darüber hinaus fördere ein solcher Beschluss die interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Podologen und Diabetologen, die besonders in der Versorgung des DFS charakteristisch und notwendig ist. „Das DFS ist ein komplexes Krankheitsbild, das von Beginn an einer interdisziplinären Behandlungskonzeption bedarf“, so die Podologin.

Die AG Fuß der DDG fordert seit Jahren, die vielen Möglichkeiten der konservativen sanften Maßnahmen auszuschöpfen, bevor Gliedmaßen amputiert werden. „Es gibt leider keine Heilung des DFS – aber rezidivfreie Phasen, die wir so lange wie möglich erhalten wollen“, erklärt Wunderlich, Chefärztin an der Klinik für Innere Medizin an den DRK Kliniken Berlin. Umso wichtiger sei daher eine professionelle, präventive und gliedmaßen­erhaltende Therapie.


Autor:
Marcus Sefrin
Chefredaktion DiabetesNews
Schmiedestraße 54
21335 Lüneburg


Erschienen in: DiabetesNews, 2022; 21 (3) Seite 6