Umweltfaktoren, die die Gesundheit einer werdenden Mutter in der Schwangerschaft beeinträchtigen, wie Umweltverschmutzung, Stress oder eine ungesunde Ernährung, können auch die Gesundheit des ungeborenen Kindes schädigen. Zudem ist bekannt, dass sogenannte epigenetische Mechanismen – vererbbare Veränderungen der Genexpression, die nicht in der Erbsubstanz selbst kodiert sind – für langfristige Schädigungen der Nachkommen verantwortlich sein können. Das Konzept einer mütterlichen Programmierung von Herz-Kreislauf- und Nierenkrankheiten wurde der Universitätsmedizin Mannheim zufolge bereits in mehreren Studien nachgewiesen. Wie aber sieht es mit dem väterlichen Einfluss auf die Gesundheit des Kindes aus?

Auch väterliche Programmierung von Herz-Kreislauf- und Nierenkrankheiten bei Kindern?

Eine aktuelle internationale, tierexperimentelle Studie unter der Beteiligung der V. Medizinischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) hat nun untersucht, ob es auch eine väterliche Programmierung von Nierenkrankheiten geben kann. Konkret wurde der Fragestellung nachgegangen, ob eine ungesunde Ernährung des Vaters/Großvaters negative Auswirkungen auf die Nierenfunktion und die Morphologie der Nieren der Nachkommen haben kann, heißt es in einer Pressemeldung der UMM. Die Untersuchungen seien an Ratten erfolgt.

Männliche Tiere wurden über zwei Generationen einer ungesunden Diät mit hohen Konzentrationen von Fett, Kohlenhydraten und Salz – vergleichbar einer Fast Food-Kost – unterzogen und die Auswirkungen auf die Nierengesundheit der Nachkommen analysiert. Der UMM zufolge wurde dazu die glomeruläre Filtrationsrate – das pro Zeiteinheit von den Glomeruli der Nieren filtrierte Volumen – erfasst und die Albuminausscheidung im Urin ermittelt. Die glomeruläre Filtrationsrate sei einer der wichtigsten Parameter zur Abschätzung der Nierenfunktion, während eine erhöhte Albuminausscheidung ein frühes Zeichen einer Nierenschädigung sein könne.

Schädigungen an den Nieren der Nachkommen festgestellt

Nach Angaben der UMM waren in der ersten Generation der Nachkommen (F1) die Abweichungen beider Parameter nicht signifikant. Weibliche Nachkommen der zweiten Generation (F2) aber, deren Väter ebenfalls mit der ungesunden Kost ernährt wurden, wiesen eine signifikant verringerte glomeruläre Filtrationsrate und eine signifikant erhöhte Albuminausscheidung auf. Diese Tiere wurden einer detaillierten morphologischen und biochemischen Analyse unterzogen, erklärt die UMM. Dabei hätten Untersuchungen mittels computergestützten Bildanalyseverfahren gezeigt, dass damit tatsächlich auch Schädigungen der Nieren einhergingen: Die weiblichen F2-Nachkommen hätten eine Nierenfibrose und eine Sklerose des Glomerulus entwickelt.

Die Wissenschaftler konnten eigenen Angaben zufolge außerdem zeigen, auf welche Weise eine ungesunde Ernährung des Vaters und Großvaters während der Spermienbildung die weiblichen Nachkommen anfällig für Nierenerkrankungen macht: Durch eine unterschiedliche Expression von bestimmten Genen in der Niere, die durch epigenetische Veränderungen vermittelt werden. Es wurden Veränderungen sowohl in der Methylierung von Genen als auch in der Expression von nicht-kodierenden regulatorischen RNA Molekülen in der Niere beobachtet.

„Die tierexperimentelle Studie zeigt tatsächlich, dass eine ungesunde Ernährung des Vaters vor der Zeugung über zwei Generationen hinweg weibliche F2-Nachkommen für die Entwicklung einer chronischen Nierenerkrankung prädisponiert“, fasst Professor Dr. Bernhard Krämer, Direktor der V. Medizinischen Klinik, die Ergebnisse der Studie zusammen.

Weitere Studien notwendig

Und Professor Dr. Berthold Hocher, Leiter der Arbeitsgruppe für experimentelle und translationale Nephrologie, ergänzt: „Es muss jetzt in weiteren Studien überprüft werden, inwiefern diese Befunde auf den Menschen übertragbar sind. Sollte sich dies bestätigen, hat dies eine wichtige Bedeutung für die präventive Ernährungsmedizin.“


Originalpublikation:
High-fat, sucrose and salt-rich diet during rat spermatogenesis lead to the development of chronic kidney disease in the female offspring of the F2 generation; Xiaoli Zhang, Ahmed A Hasan, Hongwei Wu, Mohamed M. S. Gaballa, Suimin Zeng, Liping Liu, Li Xie, Tobias Jung, Tilman Grune, Bernhard K Krämer, Burkhard Kleuser, Jian Li, Berthold Hocher; FASEB J, 2022; 36:e22259; DOI: https://doi.org/10.1096/fj.202101789RR

Quelle: Universitätsmedizin Mannheim | Redaktion