Posch MG, Walther N, Ferrannini E et al ; Charité Research Organisation GmbH, Berlin, Deutschland; Diabetes Care 2022; 45: 2118 – 2126.
Fragestellung: Inhibition der Natrium-Glukose-Cotransporter (SGLTs) verbessert die glykämischen und kardiovaskulären Endpunkte bei Patienten mit Typ-2-Diabetes (T2D). Es wurde der unterschiedliche Einfluss der selektiven SGLT2-Inhibition und der dualen Inhibition von SGLT1 und SGLT2 auf verschiedene Parameter untersucht.
Studiendesign und Methoden: In einem doppelblinden Parallelgruppen-Design erhielten 40 Patienten mit T2D und Hypertonie den dualen SGLT1- und SGLT2-Inhibitor Sotagliflozin, 400 mg, oder den selektiven SGLT2-Inhibitor Empagliflozin, 25 mg, über 8 Wochen zusammen mit der bestehenden antihypertensiven Behandlung. Ein gemischter Mahlzeiten-Toleranztest (MMTT) und andere laborchemische und klinische Untersuchungen dienten zum Studium metabolischer, intestinaler, kardiovaskulärer und Urinparameter über 24 Stunden.
Resultate: Veränderungen von glykämischer und Blutdruckkontrolle, der intestinalen, Urin- und metabolischen Parameter sowie kardiovaskulärer Biomarker waren insgesamt gleich bei Sotagliflozin und Empagliflozin. Während des Frühstücks-MMTTs reduzierte Sotagliflozin signifikant die Zunahme der Fläche unter der Kurve (AUC) für die postprandiale Glukose, Insulin und GIP und erhöhte signifikant die Zunahme der AUC für postprandiales GLP-1 im Vergleich zu Empagliflozin, übereinstimmend mit der Sotagliflozin-vermittelten Inhibition des intestinalen SGLT1. Diese Veränderungen wurden schwächer während des Mittags-MMTTs und des Abend-MMTTs. Beide Behandlungen verringerten signifikant den GIP-Zuwachs der AUC über ein 14 Stunden MMTT-Intervall im Vergleich zum Studienbeginn. Der ausgeprägteste Effekt wurde mit Sotagliflozin kurz nach Beginn der 1. Mahlzeit des Tages beobachtet. Es wurden keine schweren Nebenwirkungen gesehen.
Schlussfolgerung: Veränderungen von glykämischer und Blutdruckkontrolle, kardiovaskulären Biomarkern und anderen Parametern waren vergleichbar bei Sotagliflozin und Empagliflozin. Sotagliflozin, aber nicht Empagliflozin inhibiert den intestinalen SGLT1 nach dem Frühstück, wie größere Veränderungen der AUC der postprandialen Glukose, von Insulin, GIP und GLP-1 zeigen. Zusätzliche Studien werden benötigt, um die klinische Relevanz der SGLT1-Inhibition und die Unterschiede der Inkretin-Antworten zu untersuchen.
Kommentar: Die Einführung der selektiven renalen SGLT2-Inhibitoren bedeuteten nicht nur einen Wendepunkt in der Therapie des Typ-2-Diabetes, sondern auch in der Behandlung der Herzinsuffizienz und der chronischen Nierenerkrankung, unabhängig vom Vorliegen einer diabetischen Stoffwechselstörung. Sotagliflozin ist ein dualer SGLT1- und SGLT2-Inhibitor. Er inhibiert auch den hauptsächlich intestinal exprimierten SGLT1-Inhibitor. Der Head-to-Head-Vergleich von Sotagliflozin mit Empagliflozin, einem selektiven SGLT2-Inhibitor, in dieser Studie zeigt, dass sein Einfluss auf die glykämische Kontrolle, die Blutdruckkontrolle, die Nierenfunktion und die kardiovaskulären Biomarker wie beim selektiven SGLT2-Inhibitor ist. Es existieren auch bereits Studiendaten zur Kardio- und Nephroprotektion von Sotagliflozin. Einziger Unterschied zum SGLT2-Inhibitor ist sein Einfluss auf die GIP- und GLP-1-Sekretion durch seine intestinale SGLT1-Hemmung. Ob das auf die Dauer klinische Bedeutung erlangen wird, ist bislang ungeklärt.
Erschienen in: Diabetes-Congress-Report, 2022; 22 (5) Seite 47-48