Castellano JM, Pocock SJ, Bhatt DL, Quesada AJ, Owen R, Fernandez-Ortiz A, Sanchez PL, Marin Ortuño F, Vazquez Rodriguez JM, Domingo-­Fernández A, Lozano I, Roncaglioni MC, Baviera M, Foresta A, Ojeda-Fernandez L, Colivicchi F, Di Fusco SA, Doehner W, Meyer A, Schiele F, Ecarnot F, Linhart A, Lubanda JC, Barczi G, Merkely B, Ponikowski P, Kasprzak M, Fernandez Alvira JM, Andres V, Bueno H, Collier T, Van de Werf F, Perel P, Rodriguez-Manero M, Alonso Garcia A, Proietti M, Schoos MM, Simon T, Fernandez Ferro J, Lopez N, Beghi E, Bejot Y, ­Vivas D, Cordero A, Ibañez B, Fuster V; SECURE Investigators; Madrid, Spanien ; N Engl J Med 2022; 387: 967 – 977.

Hintergrund: Eine Polypille, die Schlüsselmedikamente enthält, die mit verbesserten Ergebnissen verbunden sind (Aspirin, Angiotensin-Converting-Enzym [ACE]-Hemmer und Statin), wurde als einfacher Ansatz zur Sekundärprävention von kardiovaskulärem Tod und Komplikationen nach Myokardinfarkt in Betracht gezogen.

Methoden: In dieser randomisierten, kontrollierten klinischen Phase-3-Studie randomisierten die Autoren Patienten mit Myokardinfarkt innerhalb der letzten 6 Monate entweder einer polypillbasierten Strategie oder der üblichen Versorgung zu. Die Polypillbehandlung bestand aus Aspirin (100 mg), Ramipril (2,5, 5 oder 10 mg) und Atorvastatin (20 oder 40 mg). Der primäre zusammengesetzte Endpunkt war kardiovaskulärer Tod, nicht tödlicher Typ-1-Myokardinfarkt, nicht tödlicher ischämischer Schlaganfall oder dringende Revaskularisation. Der wichtigste sekundäre Endpunkt war eine Zusammensetzung aus kardiovaskulärem Tod, nicht tödlichem Typ-1-Myokardinfarkt oder nicht tödlichem ischämischem Schlaganfall.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 2 499 Patienten randomisiert und für einen Median von 36 Monaten beobachtet. Ein primäres Ereignis trat bei 118 von 1 237 Patienten (9,5 %) in der Polypillgruppe und bei 156 von 1 229 (12,7 %) in der üblichen Versorgungsgruppe auf (Hazard Ratio 0,76; 95-%-Konfidenzintervall [KI] 0,60 bis 0,96; P = 0,02). Sekundäre Ereignisse traten bei 101 Patienten (8,2 %) in der Polypillgruppe und bei 144 (11,7 %) in der üblichen Versorgungsgruppe auf (Hazard Ratio 0,70; 95 % KI 0,54 bis 0,90; P = 0,005). Die Ergebnisse waren über vordefinierte Untergruppen hinweg konsistent. Die von den Patienten berichtete Medikamentenadhärenz war in der Polypillgruppe höher als in der Gruppe mit üblicher Versorgung. Die unerwünschten Ereignisse waren zwischen den Gruppen ähnlich.

Schlussfolgerungen: Die Behandlung mit einer Polypille, die Aspirin, Ramipril und Atorvastatin enthielt und innerhalb von 6 Monaten nach Myokardinfarkt verabreicht wurde, führte zu einem signifikant geringeren Risiko für schwerwiegende unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse als die übliche Versorgung. (Gefördert durch die Europäische Union Horizon 2020; SECURE ClinicalTrials.gov-Nummer, NCT02596126; EudraCT-Nummer, 2015-002868-17)

Kommentar: Die Polypille ist schon lange in der Diskussion. Mit der aktuellen Studie wird hier gezeigt, dass über einen Zeitraum von 3 Jahren schwerwiegende unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse in der sekundären Prävention mit der Polypille vermieden werden können, ohne dass dabei mehr unerwünschte Ereignisse auftraten. Die Compliance mit der Polypille war besser. Es lohnt ein Blick in die Patientenpopulation: Eingeschlossene Patienten hatten einen Myokardinfarkt in den vorangegangenen 6 Monaten (durch akute koronare Atherothrombose und Plaqueruptur oder Erosion und Thrombose mit oder ohne ST-Hebung). Alle Patienten waren entweder älter als 75 Jahre oder mindestens 65 Jahre alt mit mindestens einem der folgenden Risikofaktoren: Diabetes mellitus, leichte oder mittelschwere Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Clearance 30 bis 60 ml pro Minute pro 1,73 m2 Körperoberfläche), vorheriger Myokardinfarkt (definiert als Infarkt, der vor dem Indexereignis auftritt), vorherige koronare Revaskularisation (einschließlich perkutaner Koronarintervention [PCI]) oder Koronararterien-Bypass-Pfropfung [CABG]) oder früherer Schlaganfall.



Autorin:
Prof. Dr. med. Nanette Schloot

Erschienen in: Diabetes-Congress-Report, 2022; 22 (6) Seite 46-47