Chen X, Affinati AH, Lee Y, Turcu AF, Henry NL, Schiopu E, Qin A, Othus M, Clauw D, Ramnath N, Zhao L. Ann Arbor, USA; Diabetes Care 2022: 45: 1170-1176
Ziel: Typ-1-Diabetes mellitus (T1DM) ist eine seltene, irreversible immunbedingte Nebenwirkung, die bei Patienten berichtet wird, die mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) behandelt werden. Die klinischen Risikofaktoren für ICI-induzierten T1DM (ICI-T1DM) und seine Auswirkungen auf das Überleben der Patienten sind jedoch noch unbekannt.
Forschungsdesign und Methoden: Wir nutzten die Clinformatics Data Mart-Datenbank von Optum für die Bewertung der Inzidenz und der Merkmale von T1DM in einer großen Kohorte von Patienten, die zwischen 2017 und 2020 mit ICI behandelt wurden. Wir wendeten Fine-Gray- und ursachenspezifische Hazard-Modelle an, um Assoziationen zwischen Patienten-/Behandlungsmerkmalen und ICI-T1DM zu untersuchen, und wendeten das Cox-Modell mit ICI-T1DM als zeitvariable Kovariate an, um die Auswirkungen von ICI-T1DM auf das Überleben zu bewerten.
Ergebnisse: ICI-T1DM wurde bei 261 von 30 337 (0,86 %) Patienten beobachtet. Die duale Verwendung von Antikörpern gegen das zytotoxische T-Lymphozyten-Antigen 4 (CTLA-4) und den programmierten Zelltod 1 (PD-1) oder den programmierten Zelltod-Liganden 1 (PD-L1) war mit einem erhöhten Risiko für ICI-T1DM verbunden (Hazard Ratio [HR] 1,62; 95 % CI 1,15 – 2,26) im Vergleich zu Anti-PD-L1 oder Anti-PD-1 allein. Jüngeres Alter (HR 1,19 für jede 5-Jahres-Reduktion; 95 % CI 1,13 – 1,25) und vorbestehender Nicht-T1DM-Diabetes (HR 4,48; 95 % CI 3,45 – 5,83) waren ebenfalls mit einem höheren Risiko für ICI-T1DM verbunden. Umgekehrt war die vorherige Einnahme von immunsuppressiven Medikamenten (HR 0,57; 95 % CI 0,34 – 0,95) mit einer geringeren Inzidenz von ICI-T1DM verbunden, aber ein Teil der schützenden Wirkung könnte auf die erhöhte Sterblichkeitsrate zurückzuführen sein. Die Entwicklung einer ICI-T1DM scheint das Überleben der Patienten nicht wesentlich zu beeinflussen.
Schlussfolgerungen: Das Risiko einer ICI-T1DM hängt mit der Art der ICI-Therapie, dem Alter der Patienten und einem bereits bestehenden Nicht-T1DM-Diabetes zusammen. Diese Daten können dazu beitragen, die Risikobewertung und Screening-Praktiken für Patienten während einer ICI-Therapie zu verbessern.
Kommentar: Jüngeres Alter und präexistenter T2DM sind Risikofaktoren für einen ICI-T1DM. Zwar ist der T1DM eine relativ seltene Komplikation der ICI-Behandlung, aber in über 30 % trat bei Manifestation mit einer diabetische Ketoazidose oder Pankreatitis eine potentiell vital bedrohende Situation auf. Patienten/innen und Ärzte/innen sollten nach ICI-Behandlung auf Diabetes-Symptome achten bzw. mit Hilfe von Blutglukose-Messungen auf Diabetes screenen. Im Mittel 10 Wochen nach ICI-Behandlung manifestierte der T1DM in dieser Versicherungs-Kohorte. Das Auftreten des T1DM hat die Sterblichkeitsrate nicht signifikant erhöht, was vor allen an der geringen Lebenserwartung dieser Tumorpatienten liegen dürfte.
Erschienen in: Diabetes-Congress-Report, 2022; 22 (3) Seite 43