Patienten mit Diabetes haben generell ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen – bis zu 70 % versterben vorzeitig am Herzinfarkt und am Schlaganfall (DHD). Eine der pathogenetisch wichtigsten Begleiterkrankungen des Diabetes ist dabei die Hypertonie.

Über 75% aller Menschen über 70 Jahre entwickeln eine Hypertonie – einer von vier Erwachsenen hat einen Bluthochdruck (Luft F.C./Charité/Berlin)!

Das Risiko
Hypertonie ist höher einzustufen als die anderen kardiovaskulären Risikofaktoren wie:

  • erhöhter Blutzucker

  • erhöhte Blutfette

  • Adipositas

  • Rauchen.

Der Verlauf der Hypertonie wird nach heutiger Erkenntnis bestimmt eine von bestimmten Umweltbedingungen und einer genetischen Disposition – unter Umweltbedingungen versteht man dabei eine falsche (= hyperkalorische) Ernährung und mangelnde Bewegung (Luft). Die genetische Prägung scheint dabei größer als bisher gedacht (40 – 50%!).

2019 wurden neue Leitlinien zur Hypertonie auch von der "Europäischen Gesellschaft für Kardiologie ESC" und der "Europäischen Gesellschaft für Hypertonie ESH" vorgestellt. Heute gelten diese Leitlinien auch nach der Empfehlung der "Deutschen Gesellschaft für Kardiologie DGK".

Die europäischen Leitlinien 2019 wurden zwar nicht prinzipiell geändert, es wird aber nach den Leitlinien von 2018 bereits bei Patienten mit hochnormalem Blutdruck (120-129/ 80mmHg) und gleichzeitig hohem cardovaskulären Risiko oder bereits bestehender Erkrankung durchaus eine antihypertensive medikamentöse Therapie empfohlen. Der Beginn der Therapie hängt also nicht nur vom Blutdruck selbst ab, sondern von evtl. vorhandenen Begleiterkrankungen.

In Populationsanalysen zeigte sich, dass ein systolischer Blutdruck unter 130mmHg die Gefahr mit sich bringt, dass Senioren kognitive Leistungseinbußen erleiden – die Korrelation zwischen niedrigem systolischen Blutdruck und stärkerem kognitiven Abbau war dabei bei "gebrechlichen" Menschen am Größten. Niedriger ist also nicht immer besser – dies zeigten auch schon frühere Studien. Die neuen Leitlinien sind diesbezüglich zwischen Amerika und Europa (Deutschland) denn auch etwas differenzierter ausgelegt worden.

Therapiebeginn
Häufige zusätzliche Befunde
  • Hypertonie: > 140/90 mmHg
  • Übergewicht: BMI >25kg/m²
  • stammbetonte Fettverteilung Bauchumfang: Männer >102cm; Frauen >88cm
  • Cholesterin: >190mg/dl
  • LDL-Cholesterin: > 115mg/dl
  • Eiweißausscheidung im Urin
  • Arterienwandverdichtung der Halsschlagader: Intima-Media-Dicke (IMD) >0,9mm
  • Linkshypertrophie des Herzens (verdickter Herzmuskel)
  • Diabetes mellitus: Nüchtern-BZ >126mg/dl oder nach Glukosebelastung >200mg/dl ,
  • pathologische Glukosetoleranz

Pathophysiologie

Durch die Hypertonie verursachte Folgen
  • 30-50% der Patienten mit Herzinsuffizienzzeichen haben eine diastolische Herzschwäche (=mangelhafte diastolische Füllung des linken Ventrikels bei noch normaler Auswurfleistung in der Systole).
  • 60% der Patienten mit Vorhofflimmern haben eine arterielle Hypertonie
  • 54% der Apoplexe, 47% der koronaren Herzkrankheit (KHK) und ca.40% aller Herzinsuffizienz-Patienten sind Folge einer arteriellen Hypertonie.

Die Höhe des Blutdrucks wird bestimmt durch das Herzminutenvolumen, der Menge an Blut, die das Herz in einer Minute pumpt, etwa 5l/Minute = pro Schlag entspricht das etwa 70ml.

Der Druck im Gefäßsystem hängt von der Menge des vorhandenen Blutes ab, dem Füllungszustand der Blutgefäße, aber auch von der Gefäßweite, bestimmten Hormonen, die den Wasser-und Salzhaushalt beeinflussen, wie z.B. dem Renin-Angiotensin-Aldosteron-System sowie Hormonen wie z.B. Adrenalin, Angiotensin, Endothelin etc., der Elastizität der Gefäße (Kalk!) und dem Widerstand kleinerer Arterien.

Von wenigen Ausnahmen abgesehen ist bei der essentiellen Hypertonie der totale periphere Widerstand erhöht, während das Herzminuten-Volumen normal ist. Ausnahme: Junge Hypertoniker mit leichter Hypertonie und gesteigertem Herz-Minuten-Volumen.

Für den erhöhten peripheren Gefäßwiderstand sind mehrere Faktoren verantwortlich bzw. werden diskutiert:

  • Erhöhte Sympathikusaktivität (z.B. Stress)

  • Verminderte endothelvermittelte Vasodilatation (=endotheliale Dysfunktion!)

  • Verstärkte Reaktion der glatten Gefäßmuskulatur auf vasokonstriktive Reize.

Vermeidbare bzw. beeinflussbare Ursachen einer Hypertonie

  • Bewegungsmangel
  • Rauchen
  • Erhöhtes LDL-Cholesterin
  • Adipositas
  • erhöhter Alkoholkonsum
  • regelhaft erhöhter Blutzucker
  • Zu viel Kochsalz - Konsum (nicht bei allen Menschen)
  • Stress (Dys-Stress)

Unter einer körperlichen Belastung steigt durch die Zunahme der Herzleistung auch der Blutdruck an. Ein erhöhter Blutdruck belastet aber auf Dauer insbesondere das linke Herz, Kammer und Vorhof. Über Jahre kann dies zu funktionellen und schließlich auch zu strukturellen Veränderungen, die der Grund für eine sich entwickelnde Herzinsuffizienz sein können. Wird der Bluthochdruck in dieser Phase der Erkrankung nicht konsequent gesenkt, kann sich langsam durch Anpassung an den erhöhten Druck eine linksventrikuläre Hypertrophie (=Wandverdickung) entwickeln, die dann medikamentös oft nur noch schwer zu beeinflussen ist.

Besonderheiten der Hypertonieentwicklung bei Diabetes

Etwa 50% der Menschen mit Typ 2 Diabetes entwickeln einen Bluthochdruck – oft parallel zu einer diabetischen Nephropathie. In einer internationalen Studie (Leader 4/2016) waren 90% der Diabetiker auch Hypertoniker und lediglich bei 51% lag trotz Therapie der Blutdruck nicht unter 140/85mmHg. Nur etwa 20% erreichten den Zielblutdruck von <130/80mmHg.

Diabetiker leiden oft an isolierter systolischer Hypertonie – Ausdruck einer zunehmenden Gefäßsteifigkeit (=Gefäßschäden) und einem damit oft einhergehenden erhöhten cardialen Risiko (Middeke M.2017)

Diabetiker haben zudem häufiger eine gestörte circadiane Blutdruckrhythmik mit einer oft unzureichenden Nachtabsenkung des Blutdrucks – manchmal bei völlig normalen Tageswerten (="maskierte, nächtliche Hypertonie"). Man spricht von einem "Non-Dipper". Deshalb sind auch ambulante 24-Stunden Blutdruckmessungen bei unklaren klinischen Befunden bei Diabetikern gelegentlich sinnvoll!

Normalerweise sinkt der Blutdruck eines Menschen in der Nacht um etwa 10-20% unter den Tageswert (= Normal dipper, aus dem englischen to dip =absenken), Menschen bei denen der Blutdruck nachts um weniger als 10% absinkt, bezeichnet man demnach als "Non dipper", Menschen bei denen nachts der Blutdruck sogar ansteigt als "Inverted dipper (=umgekehrte Reaktion des Blutdrucks!).

Datenlage zur Bluthochdruck-Therapie bei Diabetes?

Die Datenlage zur Bluthochdrucktherapie bei Menschen mit Diabetes ist nach wie vor nicht so eindeutig – in den zuvor schon angesprochenen Studien konnte keine Reduktion cardio-vaskulärer Ereignisse und auch der Sterblichkeit erreicht werden – auch nicht bezüglich der diabetischen Retinopathie und Neuropathie (s. Middeke M, Diabetes 2018). Niedrigere RR-Werte <120mmHg hatten in der Accord-Studie eher mehr Nachteile, ein RR-Wert <130mmHg in einer schwedischen Studie (Cederholm J. 2012) zeigte ebenfalls keinen Benefit.

Blutdruckwerte <140mmHg scheinen generell einen leichten Vorteil bezüglich cardio-vaskulärer Ereignisse zu haben (Accord bei Diabetikern). Eine weitere Senkung scheint jedoch nur bezüglich Senkung der Apoplex-Rate und der Albuminurie von Vorteil (Metaanalyse von Emdin et al. 2015). In der HOT-Studie konnte bei Diabetikern mit einem diastolischen RR-Wert <80mmHg (im Vergleich zu der 90mmHg-Gruppe) eine cardio-vaskuläre Risiko-Reduktion von 51% erreicht werden. Nach den aktuellen amerikanischen Leitlinien (Sprint-Studie) sollte auch bei Diabetikern der Blutdruck unter 130/80mmHg eingestellt werden – diese Empfehlung ist von den Europäischen Gesellschaften nicht übernommen worden. Die Senkung des systolischen Blutdrucks unter 120mmHg hatte zwar in der Progress-Studie, in der Invest-Studie und in der Ontarget-Studie zu weniger Schlaganfällen, jedoch zu mehr Herzinfarkten geführt. Aufgrund der vorliegenden Daten von Metaanalysen ist ein Blutdruck bei Menschen mit Diabetes von systolisch 120-130mmHg und diastolisch von 70-80mmHg zu präferieren!

Diagnose der Hypertonie

Die Diagnose der Hypertonie orientiert sich immer noch wesentlich am gemessenen Blutdruck in der Arztpraxis (5 Minuten Ruhe, drei Blutdruckmessungen im Abstand von ein bis 2 Minuten ergibt den Mittelwert als diagnostisches Kriterium) Bei einem Blutdruck ≥140/90 spricht man von Hypertonie. Es besteht keine Änderung gegenüber früheren Leitlinien.

Die Grenzwerte in der Langzeit - Blutdruckmessung (ABDM- 24 Stunden) sind ebenfalls unverändert: >130/80 mmHg – tags nicht höher als 135/80 mmHg - nachts sollten ≥ 120/70mmHg nicht überschritten werden.

Ab Hypertonie Grad 2 (160 - 179/100 - 109 mmHg) und einer Hypertonie Grad 3 ( ≥180/110 mmHg) wird sofort mit Medikamenten behandelt. Dies gilt auch für Patienten mit einer Hypertonie Grad 1 (140 – 159/90 – 99 mmHg) und einem hohen bzw. sehr hohen kardiovaskulären Risiko.

Nicht-medikamentöser Therapieansatz der Hypertonie

Ein westlicher Ernährungsstil ist für die arterielle Hypertonie ein treibender Faktor. Deshalb kann ein gesunder Lebensstil mit Ernährungsumstellung und einer Gewichtsreduktion (1 kg Gewichtsabnahme senkt den systolischen Blutdruck um etwa 1mmHg!) ein genetisches Risiko für die Hypertonie zum Teil ausgleichen (V.Mc Parloud/N.Wilck/Berlin).

In Deutschland haben 46,7% der Frauen und 61,6% der Männer Übergewicht oder leiden schon an einer Adipositas (Schienkiewik, A-RKI, 2017).

Kochsalz

Eine Restriktion scheint wegen des allgemein hohen Kochsalzverbrauchs vor allem durch Fertigprodukte in der Bevölkerung aufgrund der Studienlage sinnvoll (2- 2,3g/Tag) – besonders bei Patienten mit einer Niereninsuffizienz. Mehr Ballaststoffe können wohl zur Vorbeugung von Hypertonie beitragen, ebenso wie die mediterrane Diät und die DASH- Diät (diese besonders effektiv, mit gleichzeitiger Kochsalzrestriktion).

Die mediterrane Diät besteht primär aus pflanzlichen Lebensmitteln und ist reich an:

  • Gemüse

  • Obst

  • Vollkornprodukten

  • Ballaststoffen

und enthält wenig:

  • gesättigte Fette

  • Zucker

  • raffiniertes Getreide

  • stark gesalzene Lebensmittel (Trichopoulou A N Enge J Med)

Die mediterrane Küche wird in den Leitlinien der ESC/ESH 2018 empfohlen. Die DASH - Diät (= Dietary Approches to Stog Hypertension), die viele gesunde Nährstoffe enthält, stellt zusätzlich einen Ernährungsleitfaden zur Verfügung, der eine lebenslängliche Ernährungsumstellung noch leichter ermöglicht! (N.Wilck, Charité/Berlin). Eine weitere Evidenz scheint zu bestehen für:

  • kakaoreiche, dunkle Schokolade

  • grüner und schwarzer Tee

  • Karkade-Tee

  • Rote-Bete-Saft

  • Kaffee

  • Sesam (A.Reshetnik, Charité, Berlin, MMW 11/22)

Risikofaktor Nr. 1
Die arterielle Hypertonie ist weltweit der wichtigste und gefährlichste cardiovaskuläre Risikofaktor. Durch eine effektive Blutdrucksenkung kann das Risiko für einen Schlaganfall um etwa 35% gesenkt werden (R.Schmieder, Erlangen).

Medikamentöse Therapie

Die aktuell zur Therapie der Hypertonie primär eingesetzten Medikamente können in 5 (letztlich 4) Hauptklassen, die prinzipiell miteinander kombiniert werden können, eingeteilt werden.

Nach den aktuellen Leitlinien kann eine medikamentöse Therapie auch schon bei "hochnormalem Blutdruck" (120-129/<80mmHg) und gleichzeitig vorhandenem sehr hohem cardio-vaskulärem Risiko begonnen werden.

Wann konkret damit begonnen wird, hängt ebenfalls von Begleiterkrankungen ab.

Eine medikamentöse Monotherapie wird in den meisten Leitlinien nur noch bei Menschen mit Grad I Hypertonie (syst. <150mmHg) und niedrigem cardio-vaskulären Risiko empfohlen. Dies gilt auch für sehr alte Menschen – auch über 80 Jahre.

In allen anderen Fällen sollte laut ESC/ESH-Leitlinien bereits zu Beginn mit einer 2-fach-Kombination (= "duale Therapie") begonnen werden. Man erhofft sich daraus ein sicheres Erreichen der Zielblutdruckwerte – Studien belegen dieses Vorgehen eindeutig (135.971 kalifornische Hypertonie-Patienten ABNJ, Luong T et al 2021, Hypertension).

Durch Studien belegt ist, dass ACE-Hemmer und AT1-Blocker (=Sartane) bei der Blutdruckbehandlung nicht miteinander kombiniert werden sollten (→ es kommt gehäuft zu Komplikationen! ONTARGET-Studie (2008)). Diese beiden Klassen können deshalb in einer Gruppe zusammengefasst werden (RAS-Hemmer = Hemmer des Renin-Angiotensin-Systems).

Letztlich bleiben 4 Substanzklassen (ABCD-Substanzen bzw-Gruppen) übrig, die miteinander kombiniert werden sollten:

  • ACE-Hemmer oder AT1 Blocker

  • Betablocker

  • Calziumantagonisten

  • Diuretika

Prinzipiell können alle Antihypertensiva der 4 Hauptklassen miteinander kombiniert werden. Sinnvolle und/oder erprobte Kombinationen können als Fix-Kombination die Einnahme-Treue (Compliance) erhöhen.

Reicht eine Dreier-Kombination nicht aus, sollten zusätzlich ein Betablocker oder Medikamente der 2.Wahl mit nachgewiesener Wirkung eingesetzt werden (z.B. Doxazosin, Spironolacton).

Merke: Die Interaktion mit weiteren anderen Medikamenten muss immer beachtet werden!

Betablocker werden im Rahmen der Bluthochdrucktherapie praktisch nur noch bei begleitenden Herzerkrankungen eingesetzt – besonders bei der systolischen Herzinsuffizienz und der KHK (Koronare Herzkrankheit). Betablocker sind eine sehr heterogene Substanzgruppe – moderne selektive Beta-Blocker wie Nebivolol, die auch vasodilatierende Effekte haben, sollten heute bevorzugt werden. (Beta1-Blockade und aktiviert endotheliale NO-Systeme). Durch die periphere Gefäßwirkung kann es, so deutlich zu einer Abnahme des peripheren Widerstandes der Gefäße kommen. Darüber hinaus hat es keine negativen Wirkungen auf den Lipid-und Glukosestoffwechsel und fördert auch nicht eine Gewichtzunahme – die Sexualfunktionen wurden ebenfalls nicht negativ beeinflusst! (M. Middecke/Cardiovasc 2015; 15/1).

Nutzen einer Kombination

Studien belegen die konsequente Medikamenteneinnahme bei Fixkombinationen (Zunahme um 21%, Metaanalyse Düsing). Eine schlechte Adhärenz zeigte ein deutlich erhöhtes Risiko bestimmter cardiovaskulärer Ereignisse – in einer nachträglichen Analyse der Ontarget-Studie war das Risiko bei den Therapie-Abbrechern um 38,5% höher!

In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass durch eine 2er-Kombination von Medikamenten (z.B. Coach-Studie) oder sogar einer 3er-Kombination (z.B. Trinity) die Effektivität zunahm – unter der 3fach-Kombination nochmals mehr als unter der 2fach-Kombination. So konnten deutlich mehr Patienten auch noch nach 1 Jahr der Therapie im Zielbereich verbleiben!

HCT und weißer Hautkrebs

Aus Sicht der Task Force der Deutschen Hochdruckliga überwiegt deutlich der Nutzen der Therapie. Ebenso bezüglich des Risikos für Lungen-Ca.

Sind Basaliome bereits vorhanden, sollte dieses Diuretikum nicht eingesetzt werden (eher z.B. Indapamid). Patienten mit HCT und nicht melanozytärem Hautkrebs sollten auf einen ausreichenden Hautschutz vor Sonnen –und UV-Strahlung achten (DHL 2018), es braucht keine generelle Umstellung zu erfolgen.

Besondere Indikationen bzw. Kontraindikationen

RAS (= Renin-Angiotensin-System)- Blocker und auch ACE-Hemmer dürfen in der Schwangerschaft nicht eingesetzt werden – bei geplanter Schwangerschaft sollten Frauen entsprechend aufgeklärt werden. RAS = AT1 Blocker müssen bei Schwangeren sofort abgesetzt werden.

ACE-Hemmer werden vornehmlich renal eliminiert – AT1 Blocker hauptsächlich hepatisch – ihren therapeutischen Effekt kann man meist sehr rasch an der effektiven Blutdrucksenkung bzw. auch an einem Rückgang der Proteinurie erkennen.

Die Internationalen Richtlinien der KDIGO (Kidney Disease Improving Global outcomes) empfiehlt beide Substanzklassen bei hypertonen diabetischen und nicht-diabetischen Menschen mit chronischer Nierenkrankheit und einer Mikroalbuminurie von >300 mg/dl. Die Gabe von ACE-Hemmern oder AT1-Blockern konnte in einer Studie bei einer GFR <26ml/Min den weiteren Abfall der GFR sogar verhindern und die Proteinurie reduzieren. Gerade in der Kombination mit Spironolacton droht eine oft gefährliche Hyperkaliämie! (Bei einer GFR <30ml/Min nicht mehr als 25mg/d Spironolacton geben!)

Eine Alternative von ACE-Hemmern/AT1-Blockern und HCT z.B. Amlodipin + RAS, das sich in der Accomplish-Studie sehr positiv darstellte (Senkung kardio-vaskulärer Komplikationen).

Nephroprotektion = Cardiovakuläre Risikoreduktion!

Die Remission einer Nephropathie bei Diabetes Typ 2 ist unter einer multifaktoriellen Therapie grundsätzlich möglich. In der STENO-2 Studie bedeutete dies neben einer intensivierten Diabetestherapie (HbA1c <6,5%) die optimale Blutdruckeinstellung mittels ACE-Hemmern (RR <130/70mmHg), der zusätzlichen Thrombozyten-Aggregationshemmung mittels ASS. Laut einer australischen Studie an 587 Patienten mit Mikroalbuminurie konnte durch einen ähnlichen multifaktoriellen Ansatz bei 35,8% der Betroffenen (RR <130mmHG) eine Remission bis hin zur Normo-Albuminurie erreicht werden (Hsich Mc Clin Invest 2011).

Eine multimodale Therapie, die neben ACE-Hemmer auch Statine und Thrombozytenaggregationshemmer umfasst, ist obligatorisch. Durch die kombinierte Therapie mit Renin-Angiotensin-Aldosteron-Hemmern und im Rahmen der Diabetestherapie auch der Einsatz von SGLT-2-Hemmern zur Senkung der glomerulären Filtrationsdrucks, kann so erstmals insbesondere auch das kardio-vaskuläre Risiko deutlich gesenkt werden.

Invasive Verfahren/Interventionelle Verfahren

Invasive Verfahren wie die renale Denervation (erfährt gerade eine Renaissance), Carotiskörpermodulation, Baroreflexstimulation mittels Stent oder Schrittmacher etc. werden aktuell nicht für die Routine-Behandlung der Hypertonie empfohlen (O.Vonend/Wiesbaden 2019). Sie können jedoch durch Beeinflussung des autonomen Nervensystems (vor allem des sympathischen Nervensystems!) gerade angesichts der doch zahlreichen Patienten mit nicht ausreichend kontrollierter Hypertonie trotz medikamentöser Therapie eine zunehmende Rolle spielen!(?) (z.B. renale Denervation z.B. Syral-Off-Med-Studie (Böhm M.et.al)) – z.B. auch Katheterintervention bei der Nierenarterienstenose.

Zusammenfassung

Eine konsequente Therapie ist zusammen mit der rechtzeitigen Normalisierung erhöhten LDL-Cholesterins, flankiert durch die oben beschriebenen Allgemeinmaßnahmen die effektivste Maßnahme zur Verhinderung schwerwiegender kardio-vaskulärer Ereignisse – besonders bei Menschen mit Diabetes.

Titelthema: Begleit- und Folgeerkrankungen

Autor:
Dr. Gerhard-W. Schmeisl
Internist, Angiologe, Diabetologe und Sozialmediziner
ehem. Lehrbeauftragter der Universität Würzburg und Chefarzt Deegenbergklinik
PrivAS Privatambulanz (Schulung)


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2023; 35 (4) Seite 23-27