Das Online-Symposium der VDBD AKADEMIE "Diabetes & Pflege", eine Fachtagung, welche sich insbesondere an die Absolventen der DDG-Weiterbildungen Diabetes-Pflegefachkraft Klinik und Langzeit richtete, fand am 11. Februar 2023 zum dritten Mal erfolgreich statt.

Rund 70 Teilnehmende nutzten auch in diesem Jahr wieder die Chance, sich rund um die Themenfelder von Diabetes und Pflege gezielt fortzubilden, um im Berufsalltag für bestehende und künftige Anforderungen in diesem Bereich ausreichend vorbereitet zu sein. Das Online-Live-Symposium "Kaleidoskop Diabetes & Pflege" füllt damit eine thematische Lücke für Fortbildungsveranstaltungen, die sich direkt an Diabetes-Pflegefachkräfte aber auch andere Interessierte richtet.

Ein Symposium – fünf Themen

Frau Dr. Gottlobe Fabisch, Geschäftsführerin des VDBD e.V. und der VDBD AKADEMIE GmbH, begrüßte als Moderatorin der Fachtagung die Teilnehmenden pünktlich um 9.30 Uhr im virtuellen Raum. Anschließend gab Dr. med. Thomas Schaum, Diabetologe in einer Schwerpunktpraxis in Oldenburg in Holstein, in seinem Vortrag ein Update zu den derzeitig gängigen medikamentösen Therapien, um die Zuhörer:innen auf den neusten Stand der zu erwartenden Therapeutika und ihrer Wirkungsweisen zu bringen. Yvonne Häusler, Diabetesberaterin DDG und Krankenpflegerin, nahm sich des Themas des Diabetischen Fußsyndroms an. Mit Hilfe von zahlreichen Fallbeispielen erläuterte sie anschaulich verschiedene Ausprägungen des Diabetischen Fußsyndroms und wie man präventiv gut vorbeugen kann. Der Vortrag von Silvia Knorr, Krankenschwester und Diabetesberaterin DDG aus Oldenburg in Holstein, widmete sich der Insulindosisanpassung und den Pumpenbasics in Pflegeheimen. Nach einer kleinen Pause ging es um Niere und Diabetes. Für den Diabetologen und Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie, Dr. med. Bertil Oser, aus Bernkastel-Kues war es ein Anliegen, herauszustellen, wie wichtig die Nieren für den Organismus sind und wie man diese, insbesondere bei Diabetes, vorbeugend schützen kann bzw. behandeln sollte, wenn diese schon in Mitleidenschaft gezogen
wurden.

Gesunde Ernährung bei Diabetes Typ 2

Da die Ernährungstherapie einen unverzichtbaren Bestandteil der Diabetestherapie darstellt, ging es bei dem letzten Vortrag des Kaleidoskops um die Basics einer gesunden Ernährung bei Typ-2-Diabetes. Jede Nahrung hat, abhängig von Kohlenhydratgehalt und -art, Fett, Protein sowie der individuellen Resorptionsgeschwindigkeit, Einfluss auf den Blutglukosespiegel. Theresia Schoppe, Oecotrophologin und Diabetesberaterin DDG, vertritt zusätzlich die Ansicht, dass die Ernährungstherapie bei Diabetes mellitus Typ 2 über die reine Verbesserung des Blutzuckerspiegels hinausgehen und u.a. auch kardiometabolische Folge- und Begleiterkrankungen, wie Adipositas, Hypertonie, koronare Herzkrankheit, Herzinsuffizienz und Schlaganfall, unbedingt mit einbeziehen sollte. Gewichts- und Körperfettreduktion, verbesserter Blutdruck, günstigere Blutfettwerte sowie bessere Durchblutung wirken sich nachweislich positiv auf das gesamte kardiometabolische Risikoprofil aus. Alle Patient:innen mit Diabetes Typ 2 profitieren von einer Ernährungstherapie, insbesondere aber die Menschen mit schwerer insulinresistenz-betonter Diabetes (SIRD), moderater Übergewichtsdiabetes (MOD) oder moderater Altersdiabetes (MARD), allesamt Subtypen des Diabetes. Dies sind auch wichtige Faktoren in der Pflege, die berücksichtigt werden sollten.

Makronährstoffe

Wenn man von Ernährung spricht, dann unterscheidet man im ersten Schritt die drei großen Makronährstoffe Kohlenhydrate, Proteine und Fette. Kohlenhydrate umfasst die klassischen Stärke- und Zuckerlieferanten, wie z.B. Kartoffeln, Getreide, Nudeln, aber auch Obst. Hülsenfrüchte bilden einen Übergang, da sie sowohl Kohlenhydrate als auch Proteine enthalten. Fisch, Meeresfrüchte, Fleisch oder Milchprodukte zählen i.d.R. zu den proteinreichen Lebensmitteln, wobei Fisch und Milchprodukte, die als fettreich gelten, sowie Eier Proteine und Fett miteinander vereinen. Samen, Saaten, Nüsse, Avocados, Öle, Butter und ähnliches zählen zu den Fetten.

Wenn im Rahmen einer Ernährungstherapie an den Stellschrauben der Makronährstoffe gedreht wird, kann damit Einfluss auf bestimmte Folge- und Begleiterkrankungen genommen werden.

Kohlenhydrate (KH)

Kohlenhydrate schlagen mit ca. 4 kcal/g zu Buche und gelten rein mengenmäßig als Hauptenergieträger. Je nach körperlicher Aktivität decken sie 25-55% des täglichen Gesamt- Energiebedarfs und stellen dem Körper diese Energie auch schnell zur Verfügung. Die Aufspaltung von Kohlenhydraten beginnt bereits im Mund, weitere Aufspaltungen finden im Magen statt und die endgültige Aufnahme erfolgt im Dünndarm. Gespeichert werden die KH in der Muskulatur und der Leber. Bezogen auf die schon oben aufgeführten Subtypen kann eine Reduktion von Kohlenhydraten zugunsten von Proteinen eine Fettleber (SIRD und MOD) günstig beeinflussen. Menschen mit Insulinresistenz (SIRD) profitieren mehr von "low carb" als "low fat", während bei Patient:innen mit moderater Altersdiabetes (MARD) die Kalorienreduktion nicht zulasten von Proteinen gehen sollte, damit die im Alter ohnehin abnehmende Muskelmasse nicht zusätzlich reduziert wird und eine Insulinresistenz vermieden werden kann. Die Qualität der KH bemisst sich an dem Glykämischen Index (GI), d.h. der Wirkung auf den Glukosespiegel je 50 g Lebensmittel oder der Glykämischen Last, die zusätzlich zum GI noch die Portionsgröße einbezieht. Honig z.B. hat einen hohen GI aber i.d.R. nimmt man eher kleinere Menge davon zu sich, während es sich bei Kartoffeln eher andersherum verhält. KH können sowohl in flüssiger als auch fester Form vorliegen. Flüssig hat den Vorteil, dass sie meist einen hohen GI haben und schnell in die Blutbahn gelangen können. Ein Grund, warum sich z.B. Softdrinks oder Säfte sehr gut zur Unterzuckerungsbehandlung eignen. Feste KH dagegen haben einen eher niedrigen GI, werden langsamer aufgenommen, enthalten oft gesundheitsförderliche Begleitstoffe, wie z.B. Vitamine oder sekundäre Pflanzenstoffe und eine Überkonsumierung ist eher unwahrscheinlicher. Eine große Rolle bei den KH spielen auch immer die Ballaststoffe, am besten in Form von Vollkornprodukten. Mehrere Studien belegen, dass der Verzehr von Vollkornprodukten und allgemein von Ballaststoffen (Empfehlung 30 g pro Tag) das Risiko für Krebs und Herz-Kreislauf- Erkrankungen und damit die Gesamtmortalität senkt. Ballaststoffe erhöhen die Sättigung, unterstützen die Gewichtsreduktion, verbessern Dyslipidämie, fördern ein gesundes Darmmikrobiom und verbessern dadurch Entzündungsprozesse.

Fett

Fette sind mit 9 kcal/g energiereicher als Kohlenhydrate oder Proteine. Die Fettaufnahme und der -abbau findet mit Hilfe von Gallensäure und Lipase-Enzymen vorwiegend im Dünndarm statt. Gespeichert wird es im Fettgewebe. Fette gelten als Geschmacksträger, sorgen für eine gute Sättigung, sind Ausgangssubstanz für Hormone und zwangsläufig notwendig für die Aufnahme fettlöslicher Vitamine A, D, E und K. Die Energiebereitstellung verläuft langsam und verlängert somit die Verweildauer von Speisen im Magen. Es wird zwischen gesättigten sowie einfach oder mehrfach ungesättigten Fettsäuren unterschieden. Feste Fette, wie z.B. Butter, haben einen hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren und flüssige Fette, wie Öle dagegen, bestehen zu einem überwiegenden Teil aus ungesättigten Fettsäuren und gelten damit als die zu bevorzugenden Fette in der Ernährung. Es gibt zusätzlich noch die Transfette – künstlich gehärtete Fette, welche überwiegend in industriell gefertigten Produkten Anwendung finden und möglichst zu vermeiden sind, da sie Entzündungsprozesse fördern und das Risiko für Dyslipidämie und kardiovaskuläre Komplikationen steigern. Theresia Schoppe empfiehlt grundsätzlich: "Nicht am Öl sparen." Für die Ernährungstherapie bedeutet das konkret, dass man nicht an den "guten" Ölen, wie Olivenöl, Rapsöl oder Nussölen spart, Öle mit Omega-6-Fettsäuren nur sparsam verwendet, mageres Fleisch aus Weidehaltung bevorzugt, zweimal die Woche fettreichen Fisch (Lachs, Makrele, Hering) auf dem Speiseplan hat und Butter bzw. Milchprodukte idealerweise aus Weidehaltung zu sich nimmt.

Proteine

Proteine haben mit 4 kcal/g den gleichen Energiegehalt wie Kohlenhydrate und sättigen gut. Die Proteinverdauung beginnt im Magen und endet im Dünndarm. Sie gelten als Bausubsubstanz für Muskeln, Bindegewebe, Haare usw. und sind damit unverzichtbar Bestandteil der Ernährung. Um einen Mangel an Proteinen zu vermeiden, empfiehlt die DGE eine Verzehrmenge von 0,8 g pro kg Körpergewicht bei Normalgewicht pro Tag. Aber auch hier spielen Quantität und Qualität der Proteinzufuhr eine große Rolle. Eine hohe Proteinzufuhr (bis 35 % Energieprozent) gilt bei Nierengesunden als unbedenklich. Überschüssige Energie aus Proteinen wird am Ende als Fett gespeichert. "High protein" eignet sich gut für die Behandlung einer Fettleber. Pflanzliche Proteine führen im Vergleich zu tierischen Proteinen außerdem zu einer niedrigeren Gesamt- und kardiovaskulären Mortalität und verringern das Risiko eines Entstehens eines Typ-2-Diabetes.

Fazit für die Praxis

Wichtig ist, die Patient:innen von Beginn an in die Ernährungstherapie mit einzubinden. Dazu gehören eine Anamnese sowie die Reflektion des aktuellen Lebensstils, z.B. in Form eines Ernährungsprotokolls. Man muss die Ressourcen (Finanzen, Zeit, Fähigkeiten) der einzelnen Menschen ermitteln, Vorlieben berücksichtigen und basierend darauf gemeinsame Lösungen erarbeiten. Anhand von visuell dargestellten Ernährungspyramiden z.B. für die LOGI-Methode, aber auch Flexi Carb bzw. die Mediterrane Kost lassen sich unterschiedliche Ernährungsansätze sehr gut darstellen und helfen den Betroffenen, sich damit zu identifizieren. Zu einer erfolgreichen Ernährungstherapie gehört, den Patient:innen die Zeit zu geben, die erarbeiteten Lösungen umzusetzen aber auch, diese im Verlauf zu überprüfen und ggf. anzupassen. Am Ende steht die personalisierte Ernährung, die zum gewünschten Erfolg führen soll.

Positive Resonanz des Online-Symposiums

Stimmen der Teilnehmer:innen:

  • "Es war wie letztes Jahr sehr informativ, lebendig und nicht langweilig"

  • "Besonders gut gefallen hat mir diesmal der Vortrag zum Thema Ernährung, da einige für mich neue Aspekte angesprochen wurden. Insgesamt ein sehr gelungenes Symposium!!"

  • "Es war ein guter Mix aus Wiederholung und Neuem!!! Sehr gute Referent:innen und Präsentation der Themen."

  • "Fand es sehr abwechslungsreich; von allem etwas; weiter so, hat mir sehr gut gefallen. Besonders gut fand ich den kleinen Film über die Krallenzehen-OP. Sieht man in der normalen Praxis nicht."


Autorin:
Ria Grosse
Referentin der Geschäftsführung
Redakteurin Online/Print
Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD)


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2023; 35 (4) Seite 45-47