Der BVKD – DIE Diabetes-Kliniken hat sich zu seiner jährlichen Mitgliederversammlung in Frankfurt getroffen. Dr. Bernd Liesenfeld fasst die Ergebnisse für Sie zusammen.

Am 14. März 2024 trafen sich die Mitglieder des Bundesverbandes Klinischer Diabetes-Einrichtungen zur traditionellen Jahrestagung in Frankfurt/Main, die in diesem Jahr besondere Gäste begrüßen konnte. 2 Gründungsmitglieder des ersten Vorstands des Vereins aus dem Jahr 1999 (Thomas Böer und PD Dr. Matthias Frank) waren angereist, um in einem Rückblick die Entwicklung des Verbandes in unsicheren Zeiten zu reflektieren.

Die Schwierigkeit, sich in der öffentlichen Diskussion Gehör zu verschaffen, war schon damals zentraler Hintergrund der Vereinsgründung der Kliniken und ist heute notwendiger denn je, wenn die stationäre Diabetologie als Fach ökonomisch überleben will. Erste Verbandsmitglieder gingen im letzten Jahr in die Insolvenz, da die erwirtschafteten Erlöse nicht mehr mit den Kosten Schritt halten konnten. Das Jahr 2024 wird für viele der im BVKD organisierten 105 Kliniken ein Wendepunkt werden. Der Verband selbst ist aber ökonomisch und fachlich gut gerüstet, um hier unterstützend politisch einzuwirken.

Stellvertretend für die ehemaligen Vorstandsmitglieder wagte Herr Thomas Böer, Geschäftsführer der Diabetes-Klinik Bad Mergentheim, den Anschnitt der Jubiläumstorte mit dem Wunsch, unverändert vehement für die Interessen der Diabeteskliniken einzutreten.

Die Arbeit im Vorstand hat sich indes weiter professionalisiert und mischt sich regelmäßig mit Publikationen, Symposien und aktiven Kongressbeiträgen in die gesundheitspolitische Diskussion ein. Herr Dr. med. Bernhard Gehr (m&i Fachklinik Bad Heilbrunn) verstärkt zukünftig den Vorstand, da Prof. Dr. med. Wolfgang Motz aus dem Vorstand ausschied und unser Kollege Dr. med. Markus Menzen völlig unerwartet Ende 2023 verstarb.

© BVKD
Vorstand (v.l.n.r): Dr. K. Overlack, Dr. B. Gehr, Dr. T. Werner, Dr. B. Liesenfeld, Prof. Dr. S. Reger-Tan, Dr. C. Graf.

Für das diabetische Fußsyndrom als klinische Entität sah Dr. med. Michael Eckhard die Notwendigkeit zur Schaffung einer eigenen Leistungsgruppe mit ausreichend hohen Fallzahlen als Hauptdiagnose in Verbindung mit anerkannten Zertifizierungen. Im ambulanten Sektor könnten Fußzentren von den neu verhandelten Hybrid-DRG im Bereich der "kleinen" Fußchirurgie profitieren, die bislang im AOP-Katalog unzureichend vergütet worden waren.

Nebendiagnose fokussieren

PD Dr. med Matthias Frank warb für die Etablierung einer virtuellen Diabetesfachabteilung in den Krankenhäusern, die durch engmaschige Kooperation mit den Fachabteilungen zu einem medizinischen und ökonomischen Gewinn für die Kliniken werden kann. Die von ihm geleitete Sektion Kardiodiabetologie innerhalb der Medizinischen Klinik für Kardiologie betreue multimorbide Patienten mit schwerwiegenden Komplikationen. Durch die Etablierung von diabetologischen Textbausteinen in den Arztbriefen, Kodiervisiten und intensive Mitbetreuung komplexer Fälle werde die Notwendigkeit für alle im Haus und für die Zuweiser "sichtbar". Er warb dafür, die Nebendiagnose als zentralen Fokus eines eigenen klinischen Betreuungsmodells zu begreifen, da die Hauptdiagnose in der Mehrzahl der nicht spezialisierten Kliniken an Bedeutung verlieren wird.

Komplexität der Vorhaltefinanzierung

Dr. Hannes Dahnke (Vebeto GmbH) entwickelte eine Vorstellung für die Komplexität der Vorhaltefinanzierung und deren teils unvorhersehbaren Auswirkungen auf die Kliniken. Es kann mitnichten von einem dauerhaft "garantierten" Erlös von 40 % der Klinikkosten ausgegangen werden, da selbst bei gleichbleibender Fallzahl die Ergebnisse aller Kliniken in einem Bundesland innerhalb der gleichen Leistungsgruppe direkten Einfluss auf die Höhe der Vorhaltepauschalen der Standorte haben und somit Verwerfungen vorprogrammiert sind. Die angestrebte "Entökonomisierung" von den Fallzahlen wird nicht erreicht, sondern ein undurchsichtiges Regelwerk mit vielen Fallstricken für eine gedeckelte Finanzierung etabliert. Von dieser Seite ist also keine Entlastung der finanziell angespannten Situation zu erwarten. Interessierte können Details unter https://www.vebeto.de/publikationen kostenfrei nachlesen.

Prof. Dr. med. Stephan Martin stellte sein Düsseldorfer Modell einer diabetologischen Versorgung mehrerer Verbundkliniken eines Trägers vor, die von einem Diabeteszentrum virtuell mitbetreut werden können. Mit Hilfe des Softwaretools TeDia, welches aktuell nicht mehr auf dem Markt verfügbar ist, werden Patientendaten inklusive Glukosemessungen an den Standorten dokumentiert und an das Zentrum telemedizinisch weitergeleitet, um konsiliarische Empfehlungen vorzubereiten. Die per Fernübertragung gesandte Empfehlung zur Therapieänderung wird mit Hilfe diabetologisch versierter Pflegefachkräfte in den Kliniken umgesetzt, wobei der zuständige Stationsarzt die Änderungen in jedem Fall gegenzeichnen muss. Es kommt dabei keine KI oder automatisierte Entscheidung, sondern jeweils eine persönliche Expertise zum Einsatz. Finanziert wird der Service durch eine festgelegte jährliche Abgabe der beteiligten Kliniken des Trägers unabhängig von der Nutzung. Durch die erzielte Verkürzung der Liegezeiten habe sich der Service rentiert. Prof. Martin schlug die Gründung einer bundesweit agierenden Trägergesellschaft vor, um neue Plattformen für diabetologische Telemedizin zu entwickeln und zu betreiben.

Wolfgang Trosbach vom Diabeteszentrum Bad Mergentheim wies nochmals auf die Bedeutung der häufigen Hypoglykämien < 60 mg/dl für die Kodierung hin. Durch die sozialgerichtlich errungenen Erfolge reiht sich diese wesentliche Komplikation in die Reihe der weniger bekannten Begleiterkrankungen (z.B. NAFLD) ein, welche in der Summe mit den klassischen Komplikationen (PNP, Retinopathie etc.) die Eingruppierung in die DRG K60E mit "Multiplen schweren Komplikationen" erlauben und somit erheblich erlösrelevant sind. Prästationär erhobene CGM Daten dürfen hier allerdings nicht in die Kodierung einfließen.

Kontroverse Diskussionen

Die kontroversen Diskussionen in Frankfurt gaben einen Vorgeschmack auf die anstehenden Veränderungen im Jahr 2024, die die Kliniklandschaft neu ordnen werden. Die Mitgliederversammlung war auch wieder ein Ort, um sich umfassend über alles Wissenswerte für diabetologisch interessierte Kliniken auszutauschen. Seien Sie auch im nächsten Jahr dabei, es lohnt sich.


Autor:
© privat
Dr. Bernd Liesenfeld
Vorstandsmitglied im BVKD – DIE Diabetes-Kliniken


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2024; 36 (5) Seite 46-47