Einer der bedeutendsten Diabetologen der DDR- und Wendezeit ist mit Professor Dr. Waldemar Bruns am 4. Januar 2024 verstorben. Er wurde am 15. Oktober 1929 im damaligen Leningrad als Sohn deutsch-russischer Eltern geboren und lebte nach Verhaftung und Ausweisung seines Vaters seit 1940 in Berlin. Mit seiner Frau Bärbel hat er drei Söhne, die sämtlich bekannte Musiker geworden sind.

Nach der Facharztanerkennung Innere Medizin wurde Waldemar Bruns bereits ein Jahr später – im Jahr 1963 – Oberarzt am renommierten Zentralinstitut für Diabetes "Gerhardt Katsch" in Karlsburg bei Greifswald. Hier war er dankbar für die Möglichkeit, sowohl klinisch als auch forschend arbeiten zu können. Er arbeitete sich in die Gesamtproblematik des Diabetes und seiner Komplikationen ein, wobei seine Hauptforschungsgebiete in der Zukunft die komplementäre Insulintherapie des Typ-2-Diabetes, die Insulinpumpentherapie des Typ-1-Diabetes und die Hyperlipoproteinämie waren. Wichtig für ihn war nicht die Stimulierung des Inselorgans durch Sulfonylharnstoffe, sondern der Schutz dieser Zellen. © zVg

Nach seiner Habilitation über renale Komplikationen des Diabetes im Jahre 1970 wurde er Chefarzt der Klinik für Erwachsene und 1973 stellvertretender Direktor für Medizinische Betreuung und Ausbildung am Diabetes-Institut. 1984 erfolgte die Honorarprofessur für Innere Medizin und speziell für das Fach Diabetologie an der Akademie für Ärztliche Fortbildung der DDR. In letzterer Funktion war Waldemar Bruns entscheidend verantwortlich für die Einführung der "Subspezialisierung für Diabetes". Nach entsprechender Fortbildung wurden über 300 Ärzte erfolgreich geprüft und damit auch die Grundlage für die erfolgreiche Einführung des "Diabetologen" nach der deutschen Wiedervereinigung gelegt.

Als Nicht-Parteigenosse wurde es im Karlsburger Diabetesinstitut für ihn immer schwieriger und er wechselte 1981 in die Leitung des Diabetes-Sanatoriumskomplexes Saalfeld, wo er ab 1992 eine neue Reha-Klinik mit über 200 Betten dank eines westdeutschen Investors erbauen ließ.

Nach der politischen Wende in Deutschland wurde Prof. Bruns 1990 zunächst Vorsitzender der neu gegründeten Diabetes-Gesellschaft der DDR und brachte zusammen mit Professor Dr. Helmut Schatz entscheidend die Vereinigung der beiden deutschen Diabetes-Gesellschaften ein Jahr später voran. Von 1993 bis 1995 war er Präsident der DDG.

Zu seinem 70. Geburtstag wurde Prof. Waldemar Bruns als Ehrenmitglied der DDG und der Thüringer Diabetes-Gesellschaft ausgezeichnet, 2017 erhielt er die Gerhardt-Katsch-Medaille der DDG. Sein wissenschaftliches Leben wurde durch rund 200 Publikationen, vier Bücher und fünf Buchbeiträge bereichert.

Wir verlieren mit Professor Waldemar Bruns einen ausgezeichneten, vorwiegend klinischen Wissenschaftler und guten Freund und trauern gemeinsam mit seiner Ehefrau Bärbel und seinen drei Söhnen Peter, Thomas und Jürgen.

© DDG/Dirk Deckbar

2017: hohe Auszeichnung für Prof. Dr. Waldemar Bruns
Die DDG zeichnete Prof. Bruns während des Diabetes Kongresses 2017 für sein langjähriges Engagement in der klinischen Diabetologie mit der Gerhardt-Katsch-Medaille (inzwischen: Ehrenmedaille der DDG) aus. Ausdrücklich gewürdigt wurde seine wichtige Rolle bei der Einführung der "Subspezialisierung für Diabetes" in das Arztrecht der DDR.


Dr. Hans-Jürgen Ziegelasch, Schwerin

"Er war uns ein Vorbild"

Ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erinnern sich an Professor Dr. Waldemar Bruns

Die Zusammenarbeit mit Professor Dr. Waldemar Bruns hat die ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und "Schüler" aus der "Bergfried"-Zeit in Saalfeld geprägt. Einige dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie PD Dr. Matthias Frank als Prof. Bruns’ Nachfolger als Chefarzt in Saalfeld erinnern sich an ihren verehrten Chef und ergänzen so den oben stehenden Nachruf von Dr. Ziegelasch.

Von Januar 1981 bis März 1995 leitete Professor Dr. Waldemar Bruns "unsere Klinik" in Saalfeld und war ihr auch nach seinem Ruhestand weiterhin verbunden. Unter den zum Teil schwierigen Bedingungen der Vor- und Nachwendezeit gelang es ihm, zusammen mit vielen engagierten Mitarbeitern eine für damalige Zeit moderne, praxisnahe "Komplexe Diabetes-Kur" zu realisieren. "Intensivwochen im Rahmen einer lebenslangen Rehabilitation" (zitiert nach seinem von ihm verehrten Lehrer Professor Gerhardt Katsch/Karlsburg bei Greifswald) – in diesem Sinne gestalteten wir die ganzheitliche Therapie zur physischen und psychischen Stabilisierung und zur besseren Akzeptanz der chronischen Erkrankung Diabetes.

© privat | Aufnahme anlässlich des 65. Geburtstages von Professor Dr. Bruns.

Darüber hinaus war Prof. Bruns in der Weiterbildung engagiert – mit niveauvollen zentralen Diabetologenfortbildungen in Berlin und zweimal jährlichen Gruppenhospitationen in Saalfeld. Zusätzlich etablierte er das "Bergfried-Kolloquium" zu diabetologischen Fragestellungen. Die von ihm ausgebildeten 300 in der DDR anerkannten "Subspezialisten für Diabetologie" gaben einen wesentlichen Impuls für die Implementierung des "Diabetologen DDG".

Prof. Bruns war dankenswerterweise nach der "Wende" seinem "Bergfried" treu geblieben, obwohl er mehrfach höher dotierte Angebote erhielt. Unsere Fachklinik für Diabetes und Stoffwechselerkrankungen konnte frühzeitig nach der Wende als Behandlungs- und Schulungseinrichtung der DDG für Typ-1- und Typ-2-Diabetiker anerkannt werden und sich als anerkannte Weiterbildungsstätte der DDG für Diabetesberater:innen etablieren.

Durch Prof. Bruns haben wir und zahlreiche ärztliche Kollegen, Diabetesberater und Patienten den Diabetes besser verstehen gelernt. Für viele dankbare Patienten bedeutet das noch heute gesteigerte Krankheitsakzeptanz und bessere Lebensqualität. Prof. Bruns war immer bemüht, mit neuen Ideen und praxisnaher Forschung auch unter ungünstigen Bedingungen das Leben der Diabetiker zu verbessern.

© privat | 1986 während einer Gruppenhospitation für Ärzte in Saalfeld.

Er war uns Vorbild durch seinen hohen persönlichen Einsatz für die Diabetologie und für jeden einzelnen Patienten. Seine Bescheidenheit, seine Menschlichkeit, seine äußere Ruhe und seine warmherzige, aber auch liebevoll-fordernde Art haben uns immer wieder beeindruckt.

Wir sind dankbar, dass wir mit Herrn Prof. Bruns zusammenarbeiten durften. Es ist gut zu wissen, dass Waldemar Bruns sich in seinem Ruhestand noch etliche Jahre an Familie, Musik und zahlreichen anderen Interessen erfreuen konnte.



Wir verneigen uns in Ehrfurcht.
Seine ehemaligen Mitarbeiter (stellvertretend für viele andere, die das Gleiche empfinden)
Dr. med. Almut Philipp, Leipzig
Dr. med. Frank Worms, Saalfeld
Barbara Altmann, Diabetesberaterin DDG, Saalfeld
PD Dr. med. Matthias Frank, Neunkirchen/Saar

Erschienen in: Diabetes, Stoffwechsel und Herz, 2024; 33 (3) Seite 176-177