Vor allem junge Menschen am Anfang der beruflichen Laufbahn wissen oft nicht, wie sie bei Bewerbung oder am Arbeitsplatz mit der Diabetes-Erkrankung umgehen sollen. Muss diese bei der Stellensuche angegeben werden? Gibt es besondere Rechte oder Pflichten? In diesem Artikel finden Sie Antworten auf häufige Fragen, mit denen man bei der Diabetesberatung oft konfrontiert ist.

Diabetes & Recht – Antworten auf häufige Fragen von Patienten

Diabetes-Patienten begegnen im Alltag sehr häufig rechtlichen Problemen. Ist beispielsweise eine Kündigung ausgesprochen oder der Antrag auf Schwerbehinderung abgelehnt, dann suchen Patienten oftmals zunächst Hilfe bei Ärzt:innen oder Schulungspersonal.

Dort befindet man sich daher in einer schwierigen Situation: einerseits soll dem Patienten möglichst praktische und umfassende Hilfe gegeben werden. Andererseits ist gerade bei juristischen Themen höchste Vorsicht angezeigt, und auch eine womöglich eigene Haftung darf nie aus den Augen verloren werden.

In diesem Titelthema hat unser Redaktionsmitglied RA Oliver Ebert häufige Rechtsfragen von Patienten zum Thema Beruf & Schwerbehinderung aufgegriffen und den aktuellen Stand der Rechtslage für Sie zusammengefasst. Dazu gibt er Tipps, was Sie Patienten in juristischen "Notfällen" raten können.

Schließlich steht er - als Experte zum Thema Datenschutzrecht - im Interview mit unserem Redaktionsmitglied Kati Hertrampf Rede und Antwort zu aktuellen Fragen der Digitalisierung und Interoperabilität.

Eine der häufigsten Fragen von Patienten ist, ob die Diabetes-Erkrankung bei der Stellensuche oder im Einstellungsgespräch mitgeteilt werden muss Die Antwort hängt vom jeweiligen Einzelfall ab: Wenn der Arbeitgeber nicht nach Krankheiten fragt, dann müssen Patienten auch den Diabetes nicht unaufgefordert offenbaren. Aber selbst wenn konkret nach Krankheiten gefragt wird, kann man den Diabetes in der Regel verschweigen. Arbeitgeber dürfen sich zwar schon ein hinreichendes Bild vom Bewerber machen. Allerdings sind hierbei auch Grenzen gesetzt - manche Einzelheiten aus dem privaten Lebensbereich gehen diesen nichts an. Dies gilt vor allem dann, wenn hiermit die Gefahr einer Diskriminierung verbunden wäre.

Im Arbeitsrecht wird daher zwischen unzulässigen und zulässigen Fragen des Arbeitgebers unterschieden. Bei zulässigen Fragen muss der Bewerber wahrheitsgemäß antworten. Ansonsten kann der Arbeitgeber geltend machen, dass er bei Kenntnis der tatsächlichen Situation einen Arbeitsvertrag nie geschlossen hätte. Er könnte sich dann grundsätzlich vom Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung lösen (juristisch: "anfechten") und so das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung für die Zukunft beenden. Eine Abfindung gibt es keine und der Arbeitnehmer muss im schlimmsten Fall sogar Schadensersatz leisten. Auf unzulässige Fragen muss der Bewerber dagegen keine Auskunft geben; er darf in diesen Fällen auch die Unwahrheit sagen, ohne weitere Konsequenzen befürchten zu müssen.

Frage nach Diabetes? Unzulässig!

Zulässig wären Fragen nach Hobbies, nach sozialen Aktivitäten oder bisherigen beruflichen Stationen. Als unzulässig gelten aber beispielsweise Fragen nach der Schwangerschaft, nach einem Kinderwunsch, nach der Religionszugehörigkeit oder nach Parteimitgliedschaft bzw. Gewerkschaftszugehörigkeit – denn diese Informationen dürfen für das beabsichtigte Arbeitsverhältnis keine Rolle spielen.

Nach bislang herrschender Rechtsprechung halten die Arbeitsgerichte pauschale Fragen nach Erkrankungen grundsätzlich für unzulässig. Ausnahme, wenn die Krankheit zu erheblicher Gefährdung führen würde, die man nicht kompensieren kann; beispielsweise bei erheblicher Ansteckungsgefahr. Eine weitere Ausnahme gilt, wenn die Krankheit sich derart auf die auszuübende Tätigkeit auswirkt, dass diese schlechthin gar nicht erst ausgeübt werden kann. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn jemand zum Zeitpunkt der Bewerbung schon weiß, dass er krankheitsbedingt die Stelle gar nicht antreten können wird. Erst recht besteht keine Pflicht des Bewerbers, eine Krankheit ungefragt mitzuteilen.

Dank der Fortschritte in Medizin und Technik können Menschen mit Diabetes zwischenzeitlich fast alle Tätigkeiten ausüben. Vor diesem Hintergrund ist die Frage nach einer Diabetes-Erkrankung in den meisten Fällen unzulässig; der Diabetes kann daher in der Regel ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen wahrheitswidrig verschwiegen oder geleugnet werden. Selbst bei diabetischen Folgeschäden ist kaum absehbar, dass eine vergleichbare, erhebliche Beeinträchtigung vorliegt; anstehende Klinikaufenthalte sind hierbei nicht von Belang. Lediglich in Ausnahmefällen kann daher eine Pflicht zur Auskunft bestehen, vor allem bei Tätigkeiten, welche absolute körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verlangen und mit einem hohen Gefahrenpotential für andere Menschen verbunden sind. Eine solche Ausnahme wäre beispielsweise ein Beruf, der das permanente Tragen eines Vollschutzanzugs erfordert. Hier ist es im Falle einer Unterzuckerung nicht möglich, den Anzug zu öffnen und Nahrung aufzunehmen. Umgekehrt: das häufig in diesem Zusammenhang noch immer falsch zitierte Beispiel des Dachdeckers ist gerade keine solche Ausnahme! Zwar besteht hier in der Tat das grundsätzliche Risiko, dass der Betroffene infolge einer Unterzuckerung vom Dach fällt. Das allein wäre aber zu kurz gedacht: denn wenn man sich an die gesetzlich vorgeschriebenen Unfallverhütungsmaßnahmen hält, d.h. hinreichend abgesichert ist, dann droht auch in Unterzuckerung praktisch keine nennenswert erhöhte Gefahr.

Unkenntnis führt zu Vorurteilen

Wer beruflich oder als Betroffener mit Diabetes zu tun hat, der weiß: Menschen mit Diabetes sind grundsätzlich nicht leistungsschwächer; bei guter Einstellung wirkt sich die Krankheit nicht oder nur kaum auf die Arbeits- und Leistungsfähigkeit aus. Nichtbetroffene haben oft jedoch noch immer ein falsches Bild über die Krankheit. Auch in den Medien ist die Berichterstattung zu Diabetes oft reißerisch aufgemacht. Vor allem in Spielfilmen oder Krimis kommen zur Spannungssteigerung gerne oft Menschen mit Diabetes vor, welche ohne Insulin oder Medikamente in lebensbedrohliche Zustände geraten.

Wird der Diabetes dem Arbeitgeber bekannt oder bei der Bewerbung thematisiert, dann kommt es leider noch immer vor, dass Betroffene trotz erfolgversprechendem Gesprächsverlauf eine überraschende Absage erhalten. Der "offizielle", im Absageschreiben genannte Grund wird dann oft lauten, dass man die Stelle leider anderweitig, mit einem fachlich besser qualifizierten Bewerber besetzt habe. Hiergegen kann man sich allenfalls dann zur Wehr setzen, wenn man nachweisen kann, dass es gar keinen qualifizierteren Mitbewerber gab - oder, was allerdings selten vorkommt, die Erkrankung als Ursache für die Ablehnung angegeben wird.

Was ist mit der Schwerbehinderteneigenschaft?

Wenn jemand Rechte als Schwerbehinderter geltend machen kann (ab einem Grad der Behinderung von 50, weitere Informationen ab Seite 16), so ist dies für den Arbeitgeber mit teilweise erheblichen Belastungen verbunden: Neben einem deutlich erhöhten Kündigungsschutz, möglicherweise Fehlzeiten und zusätzlichen Urlaubstagen muss er unter Umständen auch noch seine betrieblichen Abläufe auf den Behinderten einstellen.

Aus diesem Grund wurde die Frage nach der Schwerbehinderteneigenschaft früher als zulässig
erachtet und musste von Bewerbern grundsätzlich wahrheitsgemäß beantwortet werden – sogar dann, wenn die Schwerbehinderung überhaupt keine Auswirkungen für die zu besetzende Stelle hatte.

Diese Rechtsprechung ist zwischenzeitlich jedoch längst überholt. Jegliche Diskriminierung eines Arbeitnehmers wegen einer Behinderung ist ausdrücklich untersagt. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass nach einer (Schwer-)Behinderung auch nicht mehr gefragt werden darf – denn nur so lässt sich die klare Gesetzesvorgabe befolgen.

Schwerbehinderung lieber nicht angeben!

Aus diesem Grund sollte man sich nicht zu sehr auf die Zusicherung verlassen, dass Schwerbehinderte bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt würden: Denn nach außen darf der Arbeitgeber gar keine andere Position vertreten, will er sich nicht dem Vorwurf der Diskriminierung ausgesetzt sehen. Übrigens: Viele Betriebe zahlen lieber eine "Ausgleichabgabe" (wenige tausend Euro pro Jahr), als die ab einer bestimmten Betriebsgröße vorgeschriebene Zahl von Schwerbehinderten einzustellen.

Empfehlung:
Meine klare Empfehlung vor diesem Hintergrund: die Schwerbehinderung besser nicht angeben!

Personalfragebögen: oft unzulässige Fragen!

Als häufig eingesetztes Instrument, um Informationen über Bewerber zu erhalten, haben sich "Personalfragebögen" durchgesetzt. Die Bögen werden meist mit der Einladung zum Vorstellungsgespräch verschickt; es wird erbeten, die dort enthaltenen Fragen möglichst umfassend und lückenlos zu beantworten. Meist enthalten diese Fragebögen viele unzulässige – mitunter auch recht unverschämte Fragen (z.B. "Wie lange sind Sie schon mit Ihrem jetzigen Partner zusammen?"):

Auch bei solchen Personalfragebögen gilt jedoch nichts anders als im Bewerbungsgespräch: unzulässige Fragen muss man nicht bzw. nicht wahrheitsgemäß beantworten!

Vorsicht:
Viele Arbeitgeber versuchen, so quasi durch die Hintertür an bestimmte Informationen zu gelangen. Wenn im Fragebogen scheinbar harmlos gefragt wird, wie häufig man im Jahr zum Arzt geht, so sollten alle Alarmglocken läuten: Der Arbeitgeber möchte so herausfinden, ob ein Bewerber von der "Norm" abweicht, d.h. möglicherweise an einer chronischen Krankheit leidet. Nachdem diese Fragen aber nun unzulässig sind, sollte man hier tunlichst die für einen "Gesunden" üblichen Intervalle angeben. Man kann diese Positionen natürlich auch unbeantwortet lassen – hier ist dann aber zu bedenken, dass möglicherweise "schlafende Hunde geweckt werden" und die Nichtbeantwortung zu nachteiligen Rückschlüssen oder Vermutungen führten kann.

Ärztliche Einstellungsuntersuchungen? Nur freiwillig!

Ein medizinischer Test kann im Rahmen der vorgeschriebenen arbeitsmedizinischen Einstellungsuntersuchungen angeboten werden, darf aber nur auf freiwilliger Basis und mit Zustimmung des Bewerbers durchgeführt werden. Allgemein liegt die Begründung einer Einstellungsuntersuchung in der Überprüfung der gesundheitlichen Eignung des Bewerbers für den Arbeitsplatz. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber das Recht, die Einstellung von dem Ergebnis einer ärztlichen Untersuchung abhängig zu machen: Wenn der Arbeitgeber eine ärztliche Untersuchung verlangt, muss der Bewerber der Untersuchung nachkommen. Allerdings ist auch hier zu beachten, dass der Betriebsarzt dabei zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Seine Feststellungen müssen sich daher auf die Arbeitsfähigkeit (ja oder nein) beschränken und dem Arbeitgeber dürfen keine Informationen über Befunde (z. B. die Diabetes-Erkrankung) oder prognostizierte Krankheitsverläufe mitgeteilt werden.

Haben Patienten das Recht auf Sonderpausen?

Eine häufig gestellte Frage ist. ob Patienten den Diabetes auch während der Arbeitszeit managen dürfen oder ob man das in der Pause machen muss. Hier gilt: der Arbeitgeber darf die Blutzuckermessung bzw. Insulininjektion nicht generell verbieten; allerdings muss er dafür in der Regel auch keine zusätzlichen Pausen gewähren. Wahrscheinlich wird aber kaum jemand etwas dagegen haben, wenn der Patient durch das Blutzuckermessen auch seine Arbeitsfähigkeit sicherstellt bzw. aufrechterhält. Genauso wie das Spritzen von Insulin ist dies regelmäßig, quasi nebenher, in wenigen Sekunden erledigt und dürfte den Arbeitsfluss kaum beeinträchtigen.

Kantinenzwang zulässig?

In manchen Betrieben ist vorgesehen und durch Betriebsvereinbarung geregelt, dass die Arbeitnehmer an der Gemeinschaftsverpflegung in der werkseigenen Kantine teilzunehmen haben. Auch wenn dort Mahlzeiten "diabetikergerecht" angeboten werden – hierunter verstehe ich die Angabe der enthaltenen Broteinheiten und Inhaltsstoffe – sind Patienten jedoch nicht gezwungen, in der Kantine zu essen

Sollte man Kollegen informieren?

Aus Angst vor vermeintlichen Nachteilen verhalten sich manche Diabetiker oft über Jahre hinweg möglichst "unauffällig", verbergen Blutzuckermessungen bzw. verschweigen die Erkrankung bei betriebsärztlichen Untersuchungen. Dies geht soweit, dass die Krankheit sogar dann hartnäckig geleugnet wird, wenn längst alle schon darüber Bescheid wissen...Nicht selten kommt jedoch einmal das böse Erwachen, nämlich dann, wenn eine unvorhergesehene Unterzuckerung eintritt und keiner der Kollegen auf die Situation vorbereitet ist – oder sich nicht traut, dann die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Aus diesem Grund sollten Patienten zumindest den engsten Kollegenkreis informieren, Die Kollegen sollten insbesondere über die Symptome einer beginnenden oder eingetretenen Hypoglykämie Bescheid wissen- und was dann in einer solchen Situation zu tun ist.

Tipp:
Raten Sie den Patienten, auf unnötig dramatische Schilderungen zu verzichten. Denn dies kann zur Vorurteilen und Vorbehalten führen. Probleme am Arbeitsplatz entstehen oftmals durch unausgesprochene Konflikte, die sich dann hochschaukeln. Es kommt dann nicht selten zu Mobbing und einem sehr unguten Klima im Betrieb. Diese Gefahr droht vor allem dann, wenn der Patient bestimmte Tätigkeiten nicht mehr machen kann und Kollegen diese dann übernehmen müssen. Wer äußerlich scheinbar nichts hat, aber als Schwerbehinderter keine Überstunden machen will, gilt im Kollegenkreis recht schnell als "Drückeberger".

Was tun bei Kündigung?

Öfters kann man lesen, dass man im Falle einer schweren Krankheit wie Diabetes automatisch einen besonderen Kündigungsschutz genießt. Das stimmt so aber nicht: Krankheit ist sogar ein häufiger Kündigungsgrund. Trotzdem kann man sich oft erfolgreich wehren, denn vielmals liegen die vom Voraussetzungen für eine Kündigung gar nicht vor.

Tipp:
Der Patient sollte sich schnellstmöglich von einem auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt oder ggf. einer Gewerkschaft beraten lassen, ob eine Kündigungsschutzklage erfolgversprechend ist. Die Kosten für eine solche Beratung betragen maximal 226,10 EUR

Sobald die Kündigung aber vorliegt, ist Eile geboten: man kann sich hiergegen nur mit einer Kündigungsschutzklage wehren, die innerhalb von 3 Wochen eingereicht werden muss.

Wann ist eine Kündigung zulässig?

Vielmals kann man sich gegen eine Kündigung vor Gericht wehren. Bei Betrieben mit mehr als 10 Mitarbeitern gilt dabei der gesetzliche Kündigungsschutz. Eine Kündigung ist dort nur zulässig, wenn der Arbeitgeber einen zulässigen Kündigungsgrund nachweisen kann.

Wichtig:
in kleineren Betrieben bis einschließlich zehn Mitarbeitern ist dagegen kein Kündigungsgrund erforderlich. Dort kann der Arbeitgeber also grundsätzlich jederzeit - unter Einhaltung der gesetzlichen bzw. vertraglichen Fristen - und ohne Angabe von Gründen kündigen.

"Schwerbehindert": erhöhter Schutz?

Auch Schwerbehinderten kann gekündigt werden, insbesondere dann, wenn diese gesundheitsbedingt nicht mehr in der Lage sind, ihre Arbeitsleistung zu erbringen und ein anderer Einsatz im Betrieb oder eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes nicht möglich ist. Vor Ausspruch einer Kündigung eines Schwerbehinderten muss der Arbeitgeber jedoch die Integrationsbehörde informieren. Diese bemüht sich dann, im Betrieb einen behindertengerechten Arbeitsplatz - ggf. durch Umgestaltung, finanzielle Leistungen etc. - zu schaffen bzw. zu halten. Eine Kündigung ist nur zulässig, wenn der Arbeitgeber zuvor von der Integrationsbehörde die Zustimmung zur Kündigung erhalten hat.

Hürden sind recht hoch

Die Hürden für eine Kündigung sind daher recht hoch, aus diesem Grund heißt es auch oft "Schwerbehinderte gehen zuletzt". Manchmal zeichnet sich bereits im Vorfeld ab, dass es bald zu einer Kündigung kommt.

Antrag auf Schwerbehindertenausweis kann sinnvoll sein

Es kann daher sinnvoll sein, dann umgehend einen Antrag auf Feststellung einer "Schwerbehinderung" beim zuständigen Versorgungsamt zu stellen. Hat der Patient den Antrag mindestens drei Wochen vor Ausspruch der Kündigung gestellt und die Behörde erkennt die Schwerbehinderung an, dann profitiert er von dem erhöhten Kündigungsschutz. Selbst wenn keine Schwerbehinderung anerkannt wird, wird die Behörde in der Regel jedoch eine erhebliche Behinderung feststellen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Patient damit zumindest eine sog. "Gleichstellung" erreichen und genießt dann denselben Kündigungsschutz wie schwerbehinderte Menschen.

Vorsicht bei Abfindung und Aufhebungsvertrag

In vielen Fällen wird Arbeitnehmern angeboten, das Arbeitsverhältnis nicht durch Kündigung, sondern einvernehmlich – durch Aufhebungsvertrag – zu beenden; meist ist dies mit dem Angebot einer Einmalzahlung verbunden: Solche Aufhebungsverträge sollten Patienten jedoch nicht unterzeichnen, ohne zuvor gründlich über die Offerte nachgedacht und fachkundigen – am besten anwaltlichen – Rat eingeholt zu haben.

Auch wenn die angebotene Einmalzahlung recht hoch erscheint – mitunter relativiert sich dieser Betrag recht schnell: Zum einen sollen hiermit regelmäßig alle noch bestehenden Ansprüche gegen den Arbeitgeber abgegolten werden, z.B. Lohnzahlungen oder den Ausgleich von Resturlaub.

Weiterhin ist zu bedenken, dass man durch die einvernehmliche Beendigung eine nachfolgende Arbeitslosigkeit quasi selbst verschuldet hat und dadurch regelmäßig mit einer dreimonatigen Sperre der Arbeitslosenunterstützung zu rechnen ist. Schließlich muss die Abfindungssumme auch noch versteuert werden, so dass in den meisten Fällen unterm Strich recht wenig von der ursprünglichen Summe verbleibt.

Stellensuche: was sonst noch zu beachten ist

Manche Betroffenen schieben eine Absage nicht selten gerne auf den Diabetes, wobei die eigentliche Ursache tatsächlich womöglich ganz anders zu suchen ist:

  • Allgemein ist bei der Stellensuche ratsam, dass man sich u.a. bei Erstellung seiner Bewerbungsunterlagen auch etwas in die Sichtweise des künftigen Arbeitgebers hineinversetzen sollte:
  • Anschreiben, Lebenslauf, Zeugnisse und ggf. Leistungsnachweise sollten daher ordentlich, vollständig und in übersichtlicher, ansprechender Form zusammengestellt sein. Es muss selbstverständlich sein, dass keine Rechtschreibfehler enthalten sind – wer hier gewisse Schwächen hat, sollte sich die Unterlagen vorher von jemand anderem durchlesen und korrigieren lassen – beispielsweise Eltern, Freunde oder Lehrer. Sinnvoll ist es oft auch, sich an Vorlagen und Mustertexte zu orientieren, welche im Internet oder in zahlreichen Bewerbungshandbüchern abgedruckt sind.
  • Last but not least: Ein Passbild, welches nach einer durchzechten Nacht im Automaten gefertigt wird, ist meistens nicht für eine erfolgversprechende Bewerbung geeignet.
  • Und: Eine ordentliche Bewerbungsmappe enthält keine Fettflecken oder Schmutzränder...


Autor:
RA Oliver Ebert
REK Rechtsanwälte Stuttgart ° Balingen
Nägelestr. 6a, 70597 Stuttgart
Friedrichstraße 49, 72336 Balingen
E-Mail: ebert@rek.de


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2023; 35 (12) Seite 10-15