Mit der Berufung von BIH-Professorin Claudia Langenberg auf die Professur für Computational Medicine stärken und erweitern das Berlin Institute of Health (BIH) und die Charité – Universitätsmedizin Berlin ihre führende Rolle auf dem Gebiet der datenbasierten Medizin. Die Expertin für genetische Epidemiologie und Fachärztin für Public Health untersucht die Grundlagen von Stoffwechselerkrankungen wie Typ-2-Diabetes anhand großer Datenmengen internationaler Patienten- und Bevölkerungsstudien.
Häufige chronische Stoffwechselerkrankungen wie Übergewicht, Insulinresistenz und Typ-2-Diabetes haben sowohl umweltbedingte als auch genetische Ursachen. So spielt etwa beim Übergewicht das Überangebot an hochkalorischer Nahrung sowie Bewegungsmangel eine Rolle, aber gleichzeitig erhöhen auch viele Genvarianten das Risiko zuzunehmen oder das Fett ungünstig zu verteilen.
„Wir brauchen riesige Studien mit zehn- oder hunderttausenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern, um den Einfluss einzelner Gene eindeutig feststellen zu können, schon allein weil wir Millionen von Genvarianten testen“, erklärt Claudia Langenberg den Kern ihrer Forschung. „Dazu benötigen wir die Hilfe leistungsfähiger Software und Computer. Trotz der relativ kleinen Effekte einzelner Varianten, können uns diese helfen, die Ursachen metabolischer Erkrankungen zu entschlüsseln. Das lässt uns abschätzen, welche Erfolgsaussichten neue oder bereits entwickelte therapeutische Strategien haben.“ „We love data“, kommentiert sie das neue Fachgebiet „Computational Medicine“ oder datenbasierte Medizin.
Der Vorstandsvorsitzende des BIH (interim) und Dekan der Charité, Professor Axel Pries, freut sich über die Rekrutierung der neuen BIH-Professorin. „Mit Claudia Langenberg ist es uns gelungen, unsere Vorreiterrolle auf dem Gebiet der datenbasierten Medizin weiter auszubauen. Gerade ihre große Erfahrung im Umgang mit großen internationalen Studien kommt der gesamten Forschung von BIH und Charité zugute. Denn nur so können wir die Ursachen der großen Volkskrankheiten aufspüren und sie an der Wurzel anpacken.“
„Architektur des Metabolismus“
In den letzten Jahren lag der Fokus von Claudia Langenbergs Forschung auf der Entdeckung genetischer Einflüsse auf sogenannte ‚omic‘-Daten, speziell auf im menschlichen Blut zirkulierende Stoffwechselprodukte, so genannte Metabolite und Proteine. „Mittlerweile können hunderte bis tausende dieser Moleküle nachgewiesen und im großen Stil gemessen werden, das hätte man sich vor ein paar Jahren noch nicht in dieser Dimension vorstellen können“, erklärt die Wissenschaftlerin begeistert. Diese Arbeit hat es dem Team in Zusammenarbeit mit Kolleg*innen anderer Gruppen ermöglicht, einen Atlas der „Architektur des Metabolismus“ zu erstellen. „Es ist ungewöhnlich, dass man als Epidemiologin Wissen für die nächste Generation von Biochemiebüchern schafft“, gibt Claudia Langenberg zu.
„Besonders spannend ist es allerdings, Veränderungen, die ursächlich zur Entstehung von Stoffwechselerkrankungen beitragen, von subtilen Messunterschieden in Gesunden zu unterscheiden. Viele der verantwortlichen Gene, die wir gefunden haben, waren schon bekannt“, erklärt Langenberg. „Sie rufen schwerwiegende „monogene“ Erkrankungen hervor, die sehr selten sind und oft schon im Kindesalter auffallen. Offensichtlich führen dieselben Gene auch in der Allgemeinbevölkerung zu Stoffwechselveränderungen. Unsere Aufgabe ist jetzt herauszufinden, ob und wie diese sich klinisch bemerkbar machen, weil wir so neue Angriffspunkte für zielgerichtete Therapien identifizieren können“, sagt Langenberg, was direkt zum Motto des BIH „Aus Forschung wird Gesundheit“ passt.
Rolle der Gene auch bei COVID-19
„Ich freue mich sehr auf Berlin“, sagt Claudia Langenberg. „Einerseits bieten die Translations-Hubs und Core Facilities des BIH großartige Unterstützung bei der Auswertung der großen Datenmengen. Andererseits finde ich am BIH und an der Charité international renommierte Kooperationspartnerinnen und -partner.“ So hat Langenberg zuletzt mit Professor Markus Ralser, dem Direktor des Instituts für Biochemie an der Charité, zusammengearbeitet, um Proteinbestandteile im Blut von COVID-19-Patient*innen zu analysieren. „Wir konnten die Ergebnisse der Berliner Studie nutzen, um genetische Einflussfaktoren auf COVID-19-relevante Proteine in unseren Studien aus Cambridge zu entschlüsseln und sie schnell der wissenschaftlichen Gemeinschaft zur Verfügung stellen“, erklärt Langenberg.
Claudia Langenberg hat noch nicht alle Zelte in England abgebrochen und leitet weiterhin ein Team in Cambridge. „Einige große, laufende Studien werden erst in ein bis zwei Jahren abgeschlossen sein, und wir sind gerade dabei, neue internationale Kollaborationen zu bilden, die dann von Berlin aus geleitet werden. Ein Gewinn für beide Seiten.“
Quelle: Pressemitteilung des Berlin Institute of Health (BIH)