In allen Regionen und gesellschaftlichen Gruppen Indiens weisen die Menschen mittleren und höheren Alters hohe Raten an Diabetes und Bluthochdruck auf. Das hat ein internationales Forscherteam der Universitäten Harvard und Göttingen sowie des Universitätsklinikums Heidelberg herausgefunden. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler legten die erste landesweit repräsentative Studie zu diesem Thema vor. Unerwartet waren insbesondere die hohen Raten an Bluthochdruck bei jungen Erwachsenen.

Wohnort und Wohlstand haben Einfluss auf Häufigkeit von Diabetes und Bluthochdruck

Die Wissenschaftler wollten herausfinden, wie sich das Vorkommen von Diabetes und Bluthochdruck in Indien zwischen den einzelnen Bundesstaaten, der Land- und Stadtbevölkerung und verschiedener soziodemografischer Merkmale wie Bildung und Wohlstand der Haushalte unterscheidet. Die dafür herangezogenen Gesundheitsdaten bestanden aus Plasmaglukose- und Blutdruckmessungen von rund 1,3 Millionen Erwachsenen aus ganz Indien zwischen 2012 und 2014.

Laut der Studie sind in Indien 6,1 Prozent der Frauen und 6,5 Prozent der Männer an Diabetes erkrankt, während 20 Prozent der Frauen und 24,5 Prozent der Männer an Bluthochdruck leiden. Zwischen den einzelnen Staaten unterscheiden sich die Raten stark, Wohlstand und Stadtlage wirken sich im Hinblick auf beide Krankheiten offenbar positiv aus. Bei den Erwachsenen unter 45 Jahren ist Bluthochdruck weiter verbreitet als erwartet: Die Raten liegen höher als in Mittel- und Osteuropa, wo man bislang die höchsten Raten bei jungen Erwachsenen vermutet hatte.

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Gesundheitssysteme nur beschränkt vorbereitet

„Die Belastung durch Diabetes und Bluthochdruck in Indien ist deutlich größer als landläufig angenommen“, erläutert der Entwicklungsökonom Prof. Dr. Sebastian Vollmer von der Universität Göttingen. „Diese so genannten Wohlstandserkrankungen sind nicht nur bei uns, sondern zunehmend auch in Indien ein Problem. Leider sind die Gesundheitssysteme nur beschränkt auf diese neuen Belastungen vorbereitet.“

„Das Verständnis, wie sich das Auftreten von Diabetes und Bluthochdruck in einem so großen Land wie Indien unterscheidet, ist entscheidend für die aktive Prävention, Früherkennung und Behandlung dieser Krankheiten“, erklärt der Erstautor der Studie, Dr. Pascal Geldsetzer von der Harvard University. Prof. Dr. Dr. Till Bärnighausen, Direktor des Instituts für Public Health am Universitätsklinikum Heidelberg, fügt hinzu: „Es sind erhebliche Investitionen notwendig, um die gesundheitlichen und sozialen Folgen dieser Epidemie abzuwenden.“

In Indien lebt etwa ein Sechstel der gesamten Weltbevölkerung. Das Land befindet sich mitten in einem epidemiologischen Übergang: Der Anteil nicht übertragbarer Krankheiten ist in den vergangenen Jahrzehnten gestiegen und wird sich durch Alterung der Bevölkerung und Urbanisierung weiter vergrößern. Währenddessen weisen viele Gegenden Indiens nach wie vor erhebliche Belastungen durch Infektionskrankheiten und schlechte Mutter-Kind-Gesundheit auf.


Quelle: Pressemitteilung der Georg-August-Universität Göttingen