In einer Studie der MedUni Wien wurden die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Diagnostik von Herzinsuffizienz bei Patient:innen mit Typ-2-Diabetes untersucht. Die aktuell im Fachmagazin „Cardiovascular Diabetology“ publizierten Ergebnisse zeigen, dass die gängigen Methoden bei Frauen weniger zuverlässig sind als bei Männern. Angesichts der Häufigkeit der Herzkrankheit insbesondere bei Frauen mit Typ-2-Diabetes wird die Berücksichtigung von Gender-Aspekten in den bestehenden Leitlinien empfohlen, um eine bestmögliche Versorgung der Patient:innen zu gewährleisten.

Im Rahmen der Studie analysierte das wissenschaftliche Team um die Gendermedizinerin Alexandra Kautzky-Willer von der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel (Universitätsklinik für Innere Medizin III) in Zusammenarbeit mit Martin Hülsmann und weiteren Kolleg:innen der Klinischen Abteilung für Kardiologie (Universitätsklinik für Innere Medizin II) Daten von 2083 Patient:innen mit Typ-2-Diabetes (T2D), die über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg gesammelt wurden. Untersucht wurden gängige Methoden und Parameter für die Diagnose von systolischer Herzinsuffizienz bei T2D mit besonderem Augenmerk auf geschlechtsspezifische Unterschiede.

T2D-Patient:innen haben ein bis zu viermal höheres Risiko für Herzinsuffizienz als Personen ohne T2D, wobei Frauen mehr als doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Trotz der pathophysiologischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen, die zu unterschiedlichen Krankheitsanfälligkeiten und -verläufen führen, gibt es derzeit keine geschlechtsspezifischen Empfehlungen für die Diagnostik der Herzinsuffizienz bei Patient:innen mit T2D. Bei Vorliegen von Symptomen empfehlen die aktuellen Leitlinien für beide Geschlechter weiterführende Untersuchungen wie die Bestimmung des Markers NT-proBNP im Blut und die Durchführung einer Echokardiographie (Herzultraschall). Nach der NYHA-Klassifikation erfolgt eine Einteilung nach dem Schweregrad der Symptome, aus der Behandlungsstrategien abgeleitet werden.

Frühe Diagnose entscheidend für Prognose

Dieses einheitliche Vorgehen wird jedoch, wie die aktuelle Studie zeigt, den speziellen Bedürfnissen von weiblichen und männlichen T2D-Patienten nicht gerecht: Während bei Männern höhere NYHA-Grade (eingeschränkte Leistungsfähigkeit) mit höheren NT-proBNP-Werten, häufigeren Herzinsuffizienz-Diagnosen und einem höheren Sterberisiko einhergehen, zeigte sich dieser Zusammenhang bei Frauen nicht. Dagegen war die Aussagekraft von NT-proBNP für Herzinsuffizienz bei beiden Geschlechtern, insbesondere aber bei Frauen, signifikant höher als die klinischen Beschwerden. Offenbar haben Frauen oft lange Zeit keine Beschwerden oder geben diese nicht an, obwohl sie bereits an einer manifesten Herzinsuffizienz leiden.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Angaben über die Leistungseinschränkung möglicherweise nicht für das Screening auf eine Herzinsuffizienz bei Frauen mit T2D geeignet sind“, folgert Erstautorin Sarah Hofer-Zeni (Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel). „NT-proBNP-Werte hingegen können gerade bei Frauen sehr sensitive und frühe Marker für eine Herzinsuffizienz darstellen.

„Eine möglichst frühe Diagnose der Herzerkrankung und eine Anpassung der Behandlung mit neuen, sehr wirksamen Medikamenten ist für die Prognose der Patient:innen mit T2D ganz wesentlich“, ergänzt Studienleiterin Alexandra Kautzky-Willer. Darüber hinaus sprechen, so das Forschungsteam, die Ergebnisse der Analysen für die Notwendigkeit eines weniger auf Symptomen als auf Biomarkern basierenden Herzinsuffizienz-Screenings bei Frauen mit T2D und für die Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Aspekte in den Leitlinien.


Publikation:
Cardiovascular Diabetology: Sex differences in the diagnostic algorithm of screening for heart failure by Symptoms and NT-proBNP in patients with type 2 diabetes. Sarah Hofer-Zeni, Michael Leutner, Peter Klimek, Luise Bellach, Noemi Pavo, Suriya Prausmüller, Martin Hülsmann, Alexandra Kautzky-Willer. DOI: 10.1186/s12933-024-02360-6

Quelle: Mitteilung der MedUni Wien vom 5.8.2024 | Redaktion