Ob alters- oder problemspezifisch – individualisierte Schulungsprogramme helfen die Lebensqualität von Menschen mit Diabetes zu verbessern. In einem Symposium der Berlin-Chemie AG auf der diesjährigen Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) in Leipzig* wurde zum einen die Strukturierte Geriatrische Schulung SGS speziell für ältere türkischstämmige Menschen mit Typ-2-Diabetes vorgestellt. Zum anderen wurden die neuen problemspezifischen Module „Diabetes und Ernährung“ und „Diabetes und Folgeerkrankungen“ des zertifizierten Gruppenschulungsprogramms PRIMAS** für Erwachsene mit Typ-1-Diabetes präsentiert.
„Bei Diabetes sind individualisierte problemspezifische Schulungsprogramme die Zukunft“, beschrieb PD Dr. Bernhard Kulzer, Bad Mergentheim, die aktuellen Entwicklungen in der Schulungslandschaft. Trotz einer Basisschulung sei der Bedarf an Informationen meist noch nicht abgedeckt: „Eine Schulung reicht für den Rest des Lebens häufig nicht aus“, erläuterte Kulzer. Einerseits würden mit der Zeit Schulungsinhalte nicht mehr so präsent sein wie zum Anfang der Therapie. Andererseits änderten sich im Laufe eines Lebens mit Diabetes natürlich auch die Rahmenbedingungen – sei es durch einen Therapiewechsel, die Eskalation von OAD auf Insulin oder schlicht das Alter, erklärte Kulzer.
Mit SGS zu mehr Lebensqualität im Alter
Die Strukturierte Geriatrische Schulung (SGS) vermittelt älteren Menschen mit Typ-2- Diabetes Wissen und Fähigkeiten, die sie in ihrem Alltag mit Diabetes unterstützen. Seit März 2014 steht die SGS-Schulung auch für ältere türkischstämmige Menschen mit Typ-2- Diabetes zur Verfügung. Gemeinsam mit der AG Diabetes und Migranten der Deutschen Diabetes Gesellschaft wurde eine eigene SGS-Version in türkischer Sprache entwickelt, die an die kulturellen Besonderheiten der Zielgruppe, z.B. Ess- und Trinkgewohnheiten oder das Verhalten mit Diabetes während des Ramadans, angepasst wurde.
„Ältere Menschen mit Diabetes wollen möglichst lange autonom sein“, erläuterte Dr. Dr. Andrej Zeyfang, Stuttgart. Gerade geriatrische Menschen mit Diabetes benötigten deshalb eine angepasste Schulungsform, die beeinflussende Faktoren wie die verminderte Lern- und Gedächtnisleistung sowie eine veränderte Wahrnehmung berücksichtigt. „Mit einer Diabetesschulung wie SGS können wir dazu beitragen, ein selbstbestimmtes Leben mit Diabetes auch im Alter zu fördern.“ Die 2013 aktualisierte Schulung umfasst 6 Kursstundenohne bzw. 7 Kursstunden mit Insulintherapie à 45 Minuten und findet in Kleingruppen von vier bis sechs Teilnehmern statt. Themen wie Ernährung, Insulintherapie oder Fußpflege wurden hierfür altersgerecht aufbereitet, z.B. durch die Meidung von Fremdwörtern oder den Gebrauch einer angepassten Schriftgröße.
Problemorientierte Schulungen berücksichtigen individuelle Bedürfnisse
Ab Frühjahr 2015 stehen mit „Diabetes und Ernährung“ sowie „Diabetes und Folgeerkrankungen“ zwei weitere problemspezifische Schulungsmodule des Gruppenschulungsprogramms PRIMAS zur Verfügung. Sie ergänzen die bisher erhältlichen Module zu den Themen Partnerschaft, Soziales, Sport und Reise.
Das Thema Ernährung spielt im Leben eines Menschen mit Typ-1-Diabetes eine zentrale Rolle. Im neuen Zusatzmodul „Diabetes und Ernährung“ sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anhand von zahlreichen Beispielen aus dem Alltag ihr Wissen erweitern und ihre Fertigkeiten trainieren. „Gerade die Kohlenhydratschätzung sollte immer hinterfragt werden. Auch bei gut geschulten Patienten schleichen sich hier häufig Alltagsfehler ein“, erklärte Nikola Bergis-Jurgan, Bad Mergentheim. Ein neues Ernährungsquiz mit zahlreichen neuen Gerichten und Getränken soll helfen, diese Schätzfähigkeiten weiter zu verbessern. „Aber auch der Erfahrungsaustausch in der Gruppe ist sehr wichtig“, sagte Bergis-Jurgan. „Die Schulungsteilnehmer können so gut von den Erfahrungen anderer lernen.“ Neben der Nahrungsaufnahme ist auch der Nahrungsverzicht, z.B. Fasten zur Gewichtsreduktion, Thema des neuen Schulungsmoduls.
Folgeerkrankungen bei Diabetes
Vor allem Folgeerkrankungen empfinden Menschen mit Diabetes als besonders belastend für den Alltag. Ziel des neuen vertiefenden Schulungsmoduls „Diabetes und Folgeerkrankungen“ ist die Förderung eines positiven Umgangs mit Folgeschäden. Um den unterschiedlichen Folgeerkrankungen Rechnung zu tragen, können in der Kursstunde individuelle Schwerpunkte gesetzt werden. „Fragen und Wünsche der Kursteilnehmer werden bei der Planung der Kursstunde berücksichtigt“, berichtete Dominic Ehrmann, Bad Mergentheim. Im ersten Teil der Kurseinheit sollen die Kursteilnehmer z.B. mit Hilfe eines Emotionsspiels einschätzen, ob Sie das Thema Folgeerkrankungen eher als Belastung empfinden oder als Motivationsquelle nutzen, um präventive Maßnahmen zu ergreifen. Im zweiten Teil der Kurseinheit wird dann thematisiert, in welchem Stadium welche Präventionsmaßnahmen geeignet sind.
Zudem werden hilfreiche Strategien für den Umgang mit Folgeerkrankungen vorgestellt, beispielsweise mit einer wichtigen Bezugsperson über Folgeerkrankungen zu sprechen oder sich über die verschiedenen Behandlungsformen zu informieren. Hintergrundfolien zu den einzelnen Folgeerkrankungen ermöglichen darüber hinaus inhaltliche Schwerpunkte, um auch den Bedürfnissen einzelner Patientinnen und Patienten gerecht zu werden.
Die problemorientierten Schulungsmodule sind im Kirchheim-Verlag verfügbar***. Ab 2015 werden zudem die ersten Trainerseminare für die neuen Schulungsmodule angeboten.
Quelle: Pressemeldung des Unternehmens Berlin-Chemie