Gemüse, Obst, Kräuter und Gewürze enthalten zahlreiche sekundäre Pflanzenstoffe. Zwei dieser natürlichen Substanzen beeinflussendie intrazellulären Signalwege des Botenstoffs Insulin und vermindern die Zucker- und Fettsynthese von menschlichen Leberzellen.
Wie ein Forscherteam um den Mediziner Andreas F. H. Pfeiffer vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) nun erstmals zeigt, beeinflussen Luteolin und Apigenin, die intrazellulären Signalwege des Botenstoffs Insulin und vermindern die Zucker- und Fettsynthese von in Kultur gehaltenen, menschlichen Leberzellen. „Unsere Ergebnisse lassen annehmen, dass beide Substanzen antidiabetisch wirken und könnten erklären, warum Gemüse und pflanzliche Nahrungsmittel bisweilen eine wichtige Rolle bei alternativen Diabetestherapien spielen“, sagt Studienleiter Pfeiffer.
Karotten, Paprika, Sellerie sowie Petersilie, Zwiebeln und Grapefruit
Luteolin und Apigenin sind natürliche Pflanzenstoffe, die zur Gruppe der Flavone* gehören und vermutlich dazu dienen, die Pflanzen vor Schädlingen zu schützen. Luteolin findet sich in vielen essbaren Pflanzen wie Karotten, Paprika, Sellerie, Pfefferminze, Thymian, Rosmarin, Oregano, Petersilie, Kohl, grünem Tee und auch Olivenöl. Apigenin kommt zum Beispiel in Kamille, Petersilie, Zwiebeln, Grapefruit und Orangen vor. Zahlreiche Untersuchungen an Zell- und Tiermodellen weisen seit langem darauf hin, dass beide Substanzen antioxidative, entzündungs- und krebshemmende Eigenschaften besitzen. Ihre Effekte auf den Zuckerstoffwechsel sind dagegen bislang nur wenig erforscht.
Überschießende Zuckerproduktion
Bei ihrer Suche nach natürlichen Substanzen, die sich günstig auf eine Typ-2-Diabetes-Erkrankung auswirken, entdeckten die Forscher um Pfeiffer, dass Luteolin und Apigenin in menschlichen Zellen den Transkriptionsfaktor FOXO1** aktivieren. Es handelt sich dabei um ein Eiweißmolekül, das bei der intrazellulären Vermittlung des Insulin-Signals eine wichtige Rolle spielt. Zudem konnte das Wissenschaftlerteam erstmals an kultivierten menschlichen Leberzellen zeigen, dass beide Flavone die Synthese von Enzymen herunterregulieren, die für die Zucker- und Fettneubildung entscheidend sind. „Diese Beobachtung ist hinsichtlich einer Diabeteserkrankung besonders relevant, da eine überschießende Zuckerproduktion der Leber zu erhöhten Blutzuckerwerten beiträgt und eine Hemmung der Fettneubildung gleichzeitig helfen würde das Risiko einer Leberverfettung zu reduzieren“, erklärt Martin Osterhoff, Koautor der Studie.
Flavonreiche Kost könnte dazu beitragen, den Zuckerstoffwechsel von Menschen mit Diabetes zu verbessern
„Die Studienergebnisse geben einen tiefen Einblick in die molekularen Mechanismen, die der Wirkung von Luteolin und Apigenin zu Grunde liegen und sie zeigen, wie pflanzliche Diabetestherapeutika funktionieren können“, ergänzt Pfeiffer, der die Abteilung Klinische Ernährung am DIfE leitet. „Ein Wissen, das sich zukünftig nutzen lässt, um im Verbund des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung neue Ernährungsstrategien und eventuell auch Diabetesmedikamente zu entwickeln“, so der Forscher weiter. „Nicht zuletzt sprechen unsere Ergebnisse dafür, dass eine flavonreiche Kost dazu beitragen könnte, den Zuckerstoffwechsel von Menschen mit Diabetes zu verbessern“, sagt Martin Osterhoff.
Hintergrundinformation
* Flavone zählen zu den gelben Pflanzenfarbstoffen, sind weit verbreitet und gehören zu der Gruppe der Flavonoide. Zahlreiche flavonoidhaltige Pflanzen werden aufgrund ihrer pharmakologisch wirksamen Inhaltsstoffe medizinisch genutzt (Quelle: Wikipedia).
** FOXO1: Transkriptionsfaktor Forkhead-Box-Protein O1; Transkriptionsfaktoren sind Eiweißmoleküle, die im Zellkern das Ablesen von Genen regulieren und damit ihre Aktivität beeinflussen. FOXO1 vermittelt viele der günstigen Stoffwechselveränderungen, die bei übergewichtigen Menschen unter einer Reduktionsdiät zu beobachten sind.
Quelle: Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)