Ärztinnen und Ärzte können und sollen Im Zuge neuer Gesetzgebungen ihrem Gesundheitsfachpersonal künftig mehr Aufgaben delegieren. Aus diesem Anlass hat der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e.V. (VDBD) gemeinsam mit Partner-Organisationen eine neue Rahmenempfehlung für delegierbare Leistungen veröffentlicht. Ziel ist es, einerseits die Aufgabenbereiche der Diabetesberatung darzustellen. Andererseits sollen die Kompetenzen der Diabetesberater:innen und Diabetesassistent:innen sichtbarer gemacht und ihre Bedeutung in der Versorgung von etwa 9 Millionen Menschen mit Diabetes in Deutschland aufgezeigt werden. Denn noch immer wird diese Berufsgruppe in der aktuellen Krankenhausreform ignoriert.

Im vergangenen Jahr haben sich durch neue Gesetzesvorgaben die Rahmenbedingungen für Gesundheitsfachberufe verändert. Aspekte aus dem Pflegestudiumstärkungsgesetz und die Erweiterung von Kompetenzen in der Pflegeausbildung betreffen auch den Tätigkeitsbereich der Diabetesberater:innen und Diabetesassistent:innen.

„Hierdurch ergab sich ein besonderer Bedarf, die Aufgaben der Diabetesfachkräfte hervorzuheben und alle Leistungen transparent zu machen“, so VDBD-Vorstandsvorsitzende Kathrin Boehm. Deshalb hat der VDBD Rahmenempfehlungen zur interprofessionellen Diabetesversorgung erstellt [1]. Diese geben eine Übersicht über die Möglichkeiten der Übertragung heilkundlicher Tätigkeiten gemäß des Rahmenvertrags zu den Modellvorhaben nach § 64d des Sozialgesetzbuchs V.

Die Empfehlungen hat der VDBD mit Unterstützung der Bundesverbände Niedergelassener Diabetologen e.V. (BVND), Klinischer Diabeteseinrichtungen (BVKD) und Diabetologen in Kliniken e.V. (BVDK) sowie der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) erstellt.

Rahmenempfehlungen definieren klare Zuständigkeiten

„Wir haben uns an den Kompetenzen von Diabetesberater:innen und Diabetesassistent:innen orientiert, verdeutlichen aber auch die Grenzen dessen, was delegiert werden kann“, erklärt Boehm. So reicht das Aufgabengebiet von differenzialdiagnostischer Einschätzung und Verlaufsdokumentation über Präventionsmaßnahmen, Diabetesmanagement und Umgang mit Diabetestechnologie bis hin zu Schulung, Beratung, Patientenaufklärung und Notfallmanagement.

„Zu nicht übertragbaren Leistungen zählen die Diagnosestellung, die Therapiefestlegung, die Verordnung von Medikamenten, Hilfsmitteln und DiGA sowie ein Medikamentenwechsel“, ergänzt Dr. med. Tobias Wiesner, stellvertretender Vorsitzender des BVND und Vorstandsmitglied der DDG, der an der Erstellung der Rahmenempfehlung beteiligt war.

Im Fokus: Diabetestechnologie und Telemedizin

„Wir haben in der Rahmenempfehlung ein besonderes Augenmerk auf das Themenfeld „Diabetestechnologie und Digitalisierung“ gelegt“, so Boehm. Denn: Technische Geräte werden für das Diabetesmanagement immer relevanter. Das bedeutet auch eine besondere Herausforderung für die fachliche Begleitung der Betroffenen. Die Autor:innen der Rahmenempfehlung haben zudem diejenigen Versorgungsstrukturen in den Blick genommen, die mit Telemedizin und Videoschulung abgedeckt werden können.

„Diabetesberater:innen und Diabetesassistent:innen wären aufgrund ihrer Kenntnisse im Falle einer sektorenübergreifenden Versorgung prädestiniert für eine telemedizinische Betreuung von Menschen mit Diabetes Typ 1 und Insulinpumpe“, betont Boehm. Auch hier bestünde die Möglichkeit einer deutlichen Entlastung des medizinischen Personals. Diese Kompetenz würde den künftigen Plänen der Krankenhausreform zur Zentralisierung von Leistungen in die Hände spielen.

„Bedarf vor Beruf“: Diabetesberatung stärken, anstatt schwächen

Der VDBD weist anlässlich der Rahmenempfehlungen auf die Bedeutung der Diabetesberatung in Klinik und Praxis hin. „Wir begrüßen die aktuelle Entwicklung, Gesundheitsfachberufe in ihrer Kompetenz zu stärken und ihnen damit mehr Verantwortung zuzusprechen. Gleichzeitig wünschen wir uns aber auch, dass bereits bestehende, funktionierende Strukturen bei der künftigen Versorgungsplanung berücksichtigt werden. Mit den Diabetesberater:innen und Diabetesassistent:innen gibt es bereits hochkompetentes Fachpersonal, das mehr genutzt und gefördert werden sollte, um unserem Gesundheitssystem auch in Zukunft zur Verfügung stehen zu können“, erklärt VDBD-Geschäftsführerin Dr. Gottlobe Fabisch.

„Dem Druck durch Personalmangel in Klinik und Praxis können wir nur entgegenwirken, wenn die Verantwortung auf mehrere Berufsgruppen verteilt wird – also weg vom berufszentrierten hin zum bedarfsorientierten Denken!“, ergänzt Wiesner, niedergelassener Diabetologe aus Leipzig.

Doch in den derzeitigen Entwürfen zur Krankenhausreform werde die Diabetesberatung immer noch nicht berücksichtigt. „Solange dieses Berufsfeld nicht in der Leistungsgruppe `Komplexe Endokrinologie/Diabetologie´ aufgenommen wird und auch keine Vorhaltekosten dafür vorgesehen sind, wird die Möglichkeit für Ärzt:innen, Leistungen zu delegieren ad absurdum geführt. Angesichts des Fachkräftemangels ist es umso wichtiger, vorhandene Ressourcen und die Expertise von Diabetesfachkräften anzuerkennen und gegenzufinanzieren“, mahnt Fabisch. Sie verweist auch auf das Positionspapier [2], das der VDBD kürzlich veröffentlicht hat.


Literatur:

Quelle: Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e.V. (VDBD) | Redaktion