Der Weltnichtrauchertag in diesem Jahr steht unter dem Motto „#NahrungStattTabak“ und weist darauf hin, welche Vorteile der Stopp von Tabakanbau und -konsum für die globale Ernährungssituation hätte: Weltweit würde mehr Ackerfläche für den Anbau von Nahrung verfügbar. Jeder Mensch, der sich zum Rauchstopp entschließt, spart Geld ein, das stattdessen individuell in gesunde Lebensmittel investiert werden kann. Außerdem beugt ein Tabakverzicht schweren Erkrankungen vor.

In Deutschland ist der Anteil der Tabakraucher:innen gemäß der zweimonatlichen Befragung im Rahmen der „Deutschen Befragung zum Rauchverhalten“ (DEBRA) [1] nach dem zweiten Lockdown wieder auf fast 35 Prozent angestiegen, vor allem in jüngeren Altersgruppen. „Von einem Rückgang des Zigarettenrauchens kann also nicht die Rede sein“, stellt Professor Dr. med. Martin Storck fest, er ist Direktor der Klinik für Gefäß- und Thoraxchirurgie am Städtischen Klinikum Karlsruhe. Für viele Expert:innen ist das keine Überraschung: Seit Jahren liegt Deutschland bei der Tabakkontrolle, den staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung des Rauchens, weit hinten und nimmt derzeit in Europa Platz 34 von 37 ein.

Der Weltnichtrauchertag wurde am 31. Mai 1987 von der Weltgesundheitsorganisation WHO ins Leben gerufen. Das diesjährige von der Deutschen Krebshilfe und dem Aktionsbündnis Nichtrauchen e. V. ausgegebene Motto #NahrungStattTabak beschäftigt sich mit der Frage „Wer kann schon Tabak in Nahrung verwandeln?“ Denn wer rauchfrei lebt, senkt nicht nur aktiv sein Krebsrisiko, sondern hat auch mehr Geld für gesunde Lebensmittel und trägt zudem dazu bei, dass weltweit mehr Nahrungsmittel angebaut werden können.

Menschen mit Diabetes haben unabhängig vom Erkrankungstyp im Vergleich zu Stoffwechselgesunden von vornherein sowohl ein höheres kardiovaskuläres Risiko als auch eine höhere Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von Tumoren. Ein Tabakverzicht kann diesen schweren Erkrankungen vorbeugen. Darauf weist diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe anlässlich des Aktionstags hin und gibt Tipps zum Rauchstopp.

„Menschen mit Diabetes Typ 1 oder Typ 2, die sich für eine Rauchentwöhnung entscheiden, verbessern neben ihrer Lungenfunktion auch ihre Stoffwechsellage. Damit beugen sie Herzinfarkten, Schlaganfällen oder Krebs vor“, betont Professor Dr. med. Thomas Haak, Vorstandsmitglied von diabetesDE und Chefarzt am Diabetes Zentrum Mergentheim. Wer mit dem Tabakkonsum aufhören möchte, findet professionelle Hilfe in Raucherentwöhnungskursen. Unter anderem Arztpraxen, Volkshochschulen oder Krankenkassen bieten diese an.

Terminhinweis: 4. Karlsruher Präventionsgespräch
  • Thema: Raucherentwöhnung - eine ärztliche und gesellschaftliche Aufgabe
  • Wann? 21. Juni 2023, 16:00 bis 18:00 Uhr
  • Wo? Veranstaltungszentrum Haus R und live auf YouTube

Die Teilnahme ist kostenlos. Fortbildungspunkte sind bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg beantragt. Es wird um Anmeldung bis zum 16. Juni via E-Mail an gefaesschirurgie@klinikum-karlsruhe.de gebeten.

Gefäßmediziner befürworten E-Zigarette nach missglücktem Rauchstopp

Falls ein kompletter Rauchstopp mit anderen Verfahren nicht erfolgreich war, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin e.V. (DGG) Menschen mit Gefäßerkrankungen eine Rauchentwöhnung auch durch E-Zigaretten. Dafür spreche laut DGG ein aktueller Cochrane-Review, der wiederholt zu dem Schluss kommt, dass E-Zigaretten besser als Medikamente oder eine alleinige Verhaltenstherapie zum Rauchstopp geeignet sind. [2] In die gleiche Richtung weise eine Meta-Analyse von fünf randomisiert-kontrollierten Studien, die soeben im American Journal of Medicine erschienen ist [3] – diesem Review zufolge sind E-Zigaretten bei der Rauchentwöhnung effektiver als eine Nikotinersatz- oder Verhaltenstherapie.

Deshalb will die DGG sich jetzt bei der Neufassung der S3-Leitlinie „Rauchen und Tabakabhängigkeit“ einbringen, die derzeit zur Rauchentwöhnung an erster Stelle noch Medikamente oder eine alleinige Verhaltenstherapie empfiehlt. Trotz der Empfehlung für E-Zigaretten bleibe der komplette Rauchstopp das Ziel, stellt DGG-Experte Storck klar. „Auf dem Weg dorthin sollte man Tabakrauchende aber möglichst breit unterstützen –auch mit der Option E-Zigarette“, so Storck. „Durch einen Rauchstopp können wir bei unseren gefäßkranken Patientinnen und Patienten die Erkrankung zumindest verlangsamen und Herzinfarkte, Schlaganfälle und Amputationen verhindern helfen.“

Die verschiedenen Therapieformen zur Raucherentwöhnung vergleichen soll auch eine kürzlich gestartete große Studie zur Rauchentwöhnung mit gefäßkranken Patientinnen und Patienten an 20 Gefäßzentren in Nordrhein-Westfalen. Koordiniert wird die Studie von der Universitätsklinik Aachen, der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) fördert die Studie mit fast zwei Millionen Euro. „In der ASCHR-Studie werden streng wissenschaftlich verschiedene Therapieformen verglichen – Verhaltenstherapie, zusätzliche medikamentöse Begleittherapie oder E-Zigarette“, berichtet Storck, der dem wissenschaftlichen Beirat der Studie angehört. „Wir sind auf das Ergebnis gespannt.“

Pneumologen treten für umfassendes Werbeverbot ein

Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP) dagegen tritt zusammen mit Partnerorganisationen wie dem Aktionsbündnis Nichtrauchen für ein umfassendes Werbeverbot für Tabakprodukte einschließlich E-Zigaretten ein. Zudem setzt sich die Fachgesellschaft für die Einführung professioneller Entwöhnungsprogramme ein, die Raucherinnen und Rauchern kostenfrei und flächendeckend zur Verfügung stehen und engagiert sich dafür, dass eine professionelle Tabakentwöhnung im G-DRG System abgebildet und somit für Krankenhäuser abrechenbar wird.

Rauchen fördert Mundhöhlenkrebs und Parodontitis

Darauf, dass das Rauchen nicht nur die Lunge und das Herz-Kreislauf-System gefährdet, sondern auch die Gesundheit von Zähnen und Zahnfleisch, macht die Initiative proDente e.V. aufmerksam. „Der Konsum von Tabak ist ein wesentlicher Risikofaktor für die Entwicklung eines Mundhöhlenkarzinoms“, erläutert Dr. Romy Ermler, Vorstandsvorsitzende der Initiative proDente e.V. und Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer (BZÄK). „Ebenso ist bei Menschen, die rauchen, das Risiko für die Entstehung einer Parodontitis deutlich erhöht. Ein rauchfreies Leben tut der Gesundheit somit in vielerlei Hinsicht gut.“

Flecken im Mund abklären lassen

Wie die Initiative betont, sind die zweimal jährlich empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen bei der Zahnärztin oder dem Zahnarzt nicht nur für gesunde Zähne und Zahnfleisch wichtig, sondern auch für die Erkennung von Mundhöhlenkrebs. Veränderungen der Mundschleimhaut in der Mundhöhle werden so frühzeitig erkannt. Denn 5 Prozent aller bösartigen Tumore betreffen die Mundhöhle. Bei Männern ist Mundhöhlenkrebs sogar die siebthäufigste Krebsart.

Tabakkonsum gilt als einer der wesentlichen Risikofaktoren für die Entwicklung des Mundhöhlenkarzinoms. Besonders schädlich seien filterlose oder starke Zigaretten. Aber auch der Dampf von E-Zigaretten könne krebserregende oder entzündungsfördernde Stoffe enthalten. „Jede Veränderung der Mundschleimhaut, wie weiße oder rote Flecken, die länger als zwei Wochen andauert, sollte bei der Zahnärztin oder beim Zahnarzt abgeklärt werden - auch wenn sie nicht schmerzt. Denn gerade symptomlose Veränderungen sind gefährlich, da Patienten sie oft übersehen“, erklärt Ermler. Verdächtig sind auch raue, verdickte, verhärtete und eingezogene Stellen oder offene Geschwüre.

Raucher verlieren mehr Zähne

Das Nervengift Nikotin verengt die feinen Blutgefäße des Zahnfleischs. Das Gewebe ist nicht mehr so gut durchblutet und die Abwehr des Körpers gegen mögliche Entzündungen herabgesetzt. Das wichtige Warnsignal für eine Entzündung des Zahnbetts (Parodontitis) Zahnfleischbluten bleibt bei Raucherinnen und Rauchern aus. Betroffene bemerken die Entzündung des zahnumgebenden und zahntragenden Gewebes meist erst spät. So haben Raucherinnen und Raucher herkömmlicher Zigaretten ein vier- bis sechsfach erhöhtes Risiko, eine Parodontitis zu entwickeln. Unbehandelt kann diese langfristig zum Verlust der Zähne führen. Auch verschlechtert Rauchen den Erfolg der Behandlung einer Parodontitis. Raucherinnen und Raucher verlieren mehr Zähne durch eine Parodontitis als Menschen, die nicht rauchen.


Literatur


Autorin:
Ingeborg Fischer-Ghavami
Redaktion diabetologie-online
Verlag Kirchheim & Co GmbH
Wilhelm-Theodor-Römheld-Str. 14, 55130 Mainz