Die periphere arterielle Verschlusskrankheit und das gleichzeitige Auftreten eines Diabetes verdienen bei der Therapie besondere Aufmerksamkeit. Worauf Sie auf jeden Fall achten sollten, das hat Dr. Thomas Werner für Sie zusammengefasst.

Eine schwerwiegende Folgeerkrankung des Diabetes mellitus stellt die diabetische Makroangiopathie dar. Viele Patienten sind im Laufe ihrer Erkrankung davon betroffen. Klinisch äußert sich dies als Schlaganfall, Herzinfarkt oder Durchblutungsstörung der peripheren Arterien (pAVK). Die Prävalenz der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) beträgt in der Allgemeinbevölkerung 4 bis 7%. Für Diabetiker wird in der Literatur altersabhängig eine Krankheitshäufigkeit über 20% angegeben.

Die Güte der Stoffwechseleinstellung und die Wahl der Behandlungsstrategie spielt für den Zeitpunkt des Erkrankungsbeginns eine große Rolle. Dabei stellt der Diabetes nur einen Risikofaktor von vielen dar. Problematisch sind ebenso ein chronischer Nikotinkonsum, ein schlecht eingestellter arterieller Hypertonus und Fettstoffwechselstörungen. Eine Kombination aus mehreren Risikofaktoren potenziert die Wahrscheinlichkeit des Auftretens makrovaskulärer Veränderungen. Deshalb sind multifaktorielle Behandlungsansätze erfolgversprechend (z.B. Steno2- Studie).

Gleichzeitige Polyneuropathie beeinträchtigt Schmerzempfinden

Das Krankheitsbild pAVK weist bei Menschen mit Diabetes mellitus einige Besonderheiten auf, insbesondere wenn die Verschlusskrankheit gemeinsam mit der Polyneuropathie im Rahmen eines diabetischen Fußsyndroms (DFS) manifest wird. Einziges Warnsymptom der Durchblutungsstörung kann eine schlechte Wundheilung sein. Schmerzen im Sinne einer Claudicatio fehlen oft vollständig. Im Falle von begleitenden Infektionen ist der Zustrom notwendiger Antibiotika gestört, die Gefahr von Amputationen deutlich erhöht.

Abbildung 1 zeigt die Häufigkeit dieser Situation beim DFS. Es wurden 106 konsekutive, stationär behandelte Patienten mit diabetischem Fußsyndrom der Fußstation des Diabeteszentrums Bad Lauterberg anhand der Armstrong-Klassifikation auf das Vorhandensein von paVK und Infektionen ausgewertet. Über die Hälfte der Betroffenen waren sowohl von einer Durchblutungsstörung als auch von einer Infektion betroffen, fast 70% hatten eine pAVK.

Diabetestypisch: langstreckige Gefäßverschlüsse unterhalb des Kniegelenks

Die Lokalisation und Ausprägung von Gefäßverschlüssen ist diabetestypisch. Graziani et al werteten die Befallsmuster von 417 Patienten mit Diabetischem Fußsyndrom und kritischer Perfusion anhand von Angiografie-Bildern aus. Insgesamt konnten 2.893 Stenosen und Gefäßverschlüsse gefunden werden. Typisch waren sehr häufig langstreckige Gefäßverschlüsse (>10cm). Bei 74% waren Arterien unterhalb des Kniegelenkes betroffen. In etwa einem Viertel der Fälle waren alle Unterschenkelarterien stenosiert.

Andere Autoren fanden bei Diabetikern eine gestörte Kollateralbildung (Ausbildung von Umgehungskreisläufen). Dies hat für die Patienten fatale Folgen. Konservative Behandlungsoptionen sind eingeschränkt, es erschwert angiologische/gefäßchirurgische Eingriffe. Auch das gestörte Immunsystem bei Diabetes hat Auswirkungen auf die Ergebnisse operativer Maßnahmen. Nach Bypass-Operationen werden bei Menschen mit Diabetes vermehrt postoperative Wundinfektionen beobachtet.

Diabetes-Begleiterkrankungen sorgen für deutlich erhöhte Mortalität

Die zahlreichen Begleiterkrankungen von Diabetikern erklären die deutlich erhöhte Mortalität. Bereits im Rahmen einer pAVK-Diagnostik spielt das eine Rolle. Ein Beispiel: die Niereninsuffizienz. Hier können Kontrastmittelgaben, die im Rahmen einer Angiografie notwendig sind, problematisch werden. Wenn dies keine Beachtung findet, kann es zu einer akuten Verschlechterung der Nierenfunktion bis hin zur Dialyse kommen.

Diabetiker mit pAVK sind funktionell deutlich eingeschränkter als Nichtdiabetiker mit Gefäßerkrankungen. Dies konnten Untersuchungen von Dolan et al belegen. Eine erhöhte Gebrechlichkeit erschwert die Mobilisation dieser Patienten nach operativen Eingriffen. Schonende Behandlungsverfahren sind deshalb immer zu bevorzugen. Leider sind auch bei rein konservativen Therapien Grenzen gesetzt. Typisch ist das Gehtraining zu nennen. Bei mittelschweren Stadien der pAVK wird als Basismaßnahme ein Üben des Laufens bis zur Schmerzgrenze empfohlen.

Dadurch wird in der Regel eine verbesserte Ausbildung von Umgehungskreisläufen gefördert. Dies ist bei diabetischem Fußsyndrom und Polyneuropathie nicht immer möglich. Entweder bemerken die Patienten den Schmerz durch die begleitende Nervenerkrankung nicht oder die Füße müssen trotz Angiopathie entlastet werden (Bsp. Charcotfuß).

Interdisziplinär behandeln!

Als ein weiterer Aspekt muss die im Rahmen der Begleiterkrankungen notwendige Medikation Erwähnung finden. Es ist häufig nicht mit ASS und einem Statin getan. Eine Multimedikation birgt natürlich Risiken, die auch bei der Therapie der pAVK beachtet werden sollten. Das Krankheitsbild ist sehr komplex und erfordert eine interdisziplinäre Zusammenarbeit unterschiedlicher ärztlicher Fachbereiche und Berufsgruppen.

Schwerpunkt: Diabetes und pAVK


Autor: Dr. Thomas Werner
Chefarzt Diabeteszentrum Bad Lauterberg

Erschienen in: Diabetes-Forum, 2016; 28 (11) Seite 26-27