Unter dem Titel "Interprofessionelle Versorgung" veröffentlichte der VDBD im Juli 2024 gemeinsam mit den ärztlichen Verbänden BVND, BVDK, DDG sowie dem BVKD Rahmenempfehlungen für ärztlich delegierbare Leistungen an Diabetesberater:innen DDG.
Angesichts der Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen für die Pflegefachberufe hat die DDG ihr Weiterbildungskonzept im Bereich "Diabetesedukation" [1] [2] auf die standardisierten Module zur Erweiterung der Kompetenzen für die Berufsgruppe der Pflegenden innerhalb des Modellvorhaben der Fachkommission nach § 53 Pflegeberufegesetz [3] ausgerichtet.
Die aktualisierten Rahmenempfehlungen [4] bilden die durch die Weiterbildung erlangten Kompetenzen von Diabetesberater:innen ab und bieten Empfehlungen für die Möglichkeiten der Übertragung heilkundlicher Tätigkeiten gemäß des Rahmenvertrags zu den Modellvorhaben nach § 64d des Sozialgesetzbuchs V [5]. Gleichzeitig werden die Grenzen der Übertragung verdeutlicht.
Die Vereinbarung ist eine Maßnahme der Qualitätssicherung für die Erbringung heilkundlich delegierter Leistungen nach §28 Absatz 1 Satz 2 SGB V an die Berufsgruppe der Diabetesberater:innen DDG. Sie dient der Sicherstellung einer multiprofessionellen Versorgung und Begleitung von Menschen mit diabetischer Stoffwechsellage und deren Bezugspersonen.
Interprofessionelle Versorgung im Krankenhaus sichtbar machen!
Diese Empfehlungen dienen als Leitfaden für die spezifischen Aufgabenbereiche von Diabetesberater:innen DDG und ergänzen die institutionellen Verfahrensanleitungen. Gleichzeitig sollen dadurch die Handlungsfelder und Kompetenzen von Diabetesberater:innen besser sichtbar gemacht werden. Obwohl die Patientenversorgung eine multiprofessionelle Teamaufgabe ist, wurden im Gesetzentwurf zum KHVVG, Stand April 2024, [6] Diabetesfachkräfte in den Vorhaltekosten nicht berücksichtigt.
Jede:r fünfte Patient:in im Krankenhaus hat die Nebendiagnose Diabetes mellitus [7]. Diabetesberater:innen tragen wesentlich zur Behandlungsqualität bei, indem sie die Stoffwechselsituation von Patient:innen prä- und postoperativ begleiten und womit sich die Liegezeiten nachhaltig verkürzen. Sie sind eine unverzichtbare Schnittstelle im Aufnahme- und Entlassmanagement, bei der Steuerung und Umsetzung des Therapieplans sowie im kontinuierlichen Austausch mit Ärzt:innen, Pflegenden, Patient:innen und deren Bezugspersonen. Diabetesberater:innen verfügen über spezielle Kompetenzen im Bereich Digitalisierung und Diabetestechnologie. Innerhalb der ärztlichen und pflegerischen Fort- und Weiterbildung sind sie daher als Multiplikator für die Wissensweitergabe unverzichtbar.
Der VDBD möchte als Verband auf Diabetesberater:innen als bedeutsame Ressource in der interprofessionellen stationären und ambulanten Versorgung von Menschen mit Diabetes durch die Neuauflage der Rahmenempfehlungen aufmerksam machen. Diabetesberater:innen werden innerhalb der Delegation für die Planung, Organisation, Gestaltung, Durchführung, Steuerung und Evaluation von leitlinienbasierten Therapieprozessen aus- und weitergebildet.
Innerhalb des KHVVG sollten die Verantwortlichen das Potenzial und die vorhandenen Kompetenzen von Diabetesberater:innen anerkennen und gegenfinanzieren und diese wichtige Ressource im Zeitalter vom Fachkräftemangel nicht ungenutzt lassen.
Verantwortlichkeit
Ärzt:innen tragen die Anordnungsverantwortung, d.h. sie schätzen die objektive Gefährlichkeit (Schwierigkeitsgrad, Risikohöhe und Unvorhersehbarkeit von Reaktionen) der übertragbaren Aufgaben ein. Sie sind ebenso verantwortlich für die Überprüfung der formellen (Berufs- und Weiterbildungsabschluss) und der materiellen (tatsächlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten) Qualifikation, die für die Erbringung der delegierten Leistungen vorliegen muss. Zudem haben Ärzt:innen die Aufgabe, Diabetesberater:innen zur eigenständigen Durchführung der delegierten Aufgaben anzuleiten und regelmäßig zu überwachen sowie bei Bedarf, die Delegation zu widerrufen. Es liegt im Ermessen der delegierenden Ärztin bzw. des delegierenden Arztes, basierend auf haftungsrechtlichen Gesichtspunkten, wie weit sie bereit sind, Aufgaben zu übertragen.
Diabetesberater:innen tragen die Durchführungsverantwortung und damit die Sorgfaltsverantwortung, die übertragenen Aufgaben sach- und fachgerecht auszuführen. Mit der Übernahme der delegierten Aufgabe müssen sie selbst prüfen, ob sie in der Lage sind, die Maßnahme ordnungsgemäß durchzuführen. Für den Umgang mit Diabetestechnologie, wie zum Beispiel Insulinpumpen, muss eine technische Einweisung durch den Hersteller in das entsprechende Hilfsmittel erfolgt sein.
Fachlich begründete Bedenken gegenüber dienstlichen Anweisungen oder Maßnahmen, z.B. wenn der/die Diabetesberater:in diese für rechtswidrig oder unangemessen einschätzt, müssen kommuniziert und dokumentiert werden (Remonstrationspflicht).
Forderungen des VDBD zum KHVVG [8][9]
- Diabetesberatung muss als Qualitätskriterium für die Leistungsgruppe "Komplexe Endokrinologie/Diabetologie" aufgenommen werden.
- Die vorhandene Kompetenz von Diabetesberater:innen in der sektorenübergreifenden Versorgung (Level 1i) nutzen und strukturell verankern.
- Diabetesberater:innen müssen im klinischen Setting adäquat finanziell abgebildet sein (Vorhaltekosten).
Die Krankenhausversorgung patientenorientierter und systemeffizienter durch die Zentralisierung bestimmter Leistungen zu gestalten, ist aus Sicht der Bundesregierung nachvollziehbar.
Aus Sicht des VDBD bedarf es jedoch einer stärkeren Differenzierung der Leistungsgruppen und Vorhaltekosten. Hier muss dringend nachgebessert werden, da das Nichtberücksichtigen von Diabetesberater:innen in der stationären Versorgung wertvolles Fachwissen, insbesondere im Bereich der Diabetestechnologie, verloren gehen lässt.
Den knappen zeitlichen Ressourcen und dem Fachkräftemangel innerhalb der ambulanten und stationären Versorgung kann nur entgegengewirkt werden, wenn die Verantwortung auf mehrere Berufsgruppen verteilt wird und innerhalb der Interprofessionalität alle am Prozess Beteiligten eigenverantwortlich entscheiden und handeln können.
|
|
Erschienen in: Diabetes-Forum, 2024; 36 (9) Seite 38-39