Gut 6500 Diabetolog:innen und Health-Care-Professionals aus dem Diabetesbereich haben sich wieder einmal in Berlin zur Frühjahrstagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft getroffen.

Diabetes. Umwelt. Leben. – Perspektiven aus allen Blickwinkeln" lautet das diesjährige Motto der 58. Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). In diesem Rahmen haben Expertinnen und Experten vom 8. bis zum 11. Mai neue wissenschaftliche Erkenntnisse und neue klinische Entwicklungen für Menschen mit Diabetes vorgestellt. Der Kongress fand hybrid statt, sodass für diejenigen, die nicht nach Berlin kommen können, auch eine virtuelle Teilnahme möglich war Der Berliner Kongresspräsident und Pressesprecher der DDG, Professor Baptist Gallwitz, ging auf die Bedeutung der Inkretin-Agonisten bei Typ-2-Diabetes und Adipositas ein. In letzter Zeit ist um diese Präparate in der Öffentlichkeit und den sozialen Medien ein sehr großes Interesse entstanden und vor allem Semaglutid und Tirzepatid wurden als "Abnehmspritze" propagiert. Dies hat in der Versorgung vor allem von Menschen mit Typ-2-Diabetes mit inkretinbasierten Therapien zu Engpässen geführt. Professor Gallwitz erläuterte, warum diese Entwicklung und der Einsatz von inkretinbasierten Therapien als "Lifestyle-Medikament" sehr kritisch zu sehen ist.

Schwerpunkte der Frühjahrstagung

Weitere Themenschwerpunkte auf der Tagung im Berliner CityCube waren: Blickwinkel: Bewegung, Ernährung, Umwelt – was ist präventiv, was ist diabetogen; alles im Blick: molekulare & mechanistische Grundlagen des Diabetes; künstliche Intelligenz. Digitalisierung. Technologie. Weitblick für Forschung und Versorgung; Versorgung und Nachwuchs: Blick in die Zukunft; und zu Guter Letzt Blickpunkt Mensch: Leben mit Diabetes.

In Symposien mit wissenschaftlichen Vorträgen, Postersitzungen, Workshops und Symposien mit Impulsreferaten und Podiumsdiskussionen hat die DDG nicht nur den Austausch von Wissen und Expertise gefördert, sondern auch ausreichend Raum für Diskussionen geboten, um die Versorgung von Menschen mit Diabetes zu verbessern. Diabetes mellitus ist eine unterschätze "Volkskrankheit", die in Deutschland circa 8,9 Millionen Menschen betrifft. Jährlich nimmt die Zahl um circa 550 000 Menschen zu, hinzu kommt eine hohe Dunkelziffer von ein bis zwei Millionen, die bereits einen Diabetes mellitus Typ 2 haben, jedoch von ihrer Diagnose noch nichts wissen. Unerkannt und unzureichend behandelt führt Diabetes zu Folge- und Begleiterkrankungen besonders an den Gefäßen, am Herz, den Nieren, den Augen und den Nerven. Auch Krebserkrankungen sind bei Diabetes häufiger. Die Lebenserwartung von Menschen mit Diabetes ist statistisch um 4 bis 6 Jahre verkürzt und jeder fünfte Todesfall hängt direkt mit Diabetes zusammen.

In Deutschland hat sich die translationale und interdisziplinäre Diabetesforschung im letzten Jahrzehnt sehr positiv und gut weiterentwickelt. Hierzu hat auch entscheidend die Gründung des "Zentrums für Diabetesforschung (DZD)" mit seinen fünf Standorten und zusätzlichen assoziierten Standorten, das von der Helmholtz Gesellschaft mit gefördert wird, beigetragen. Viele hochkarätige internationale Forschungspreise wurden in den letzten zehn Jahren an deutsche Diabetesforscher verliehen.

"Netzwerken" stand im Vordergrung

Auf dem Kongress gab es daher eine sehr gute Gelegenheit, ganz aktuelle wissenschaftliche und gesundheitspolitische Entwicklungen vorgestellt zu bekommen. Ferner gab es sehr gute Möglichkeiten, sich mit Teilnehmenden aus der Grundlagenforschung, aus zahlreichen Gesundheitsberufen, der Gesundheitspolitik, der Industrie und mit Betroffenen auszutauschen und "netzzuwerken".

Zusätzlich sind Forschungsprojekte aus unserem Nachbarland Dänemark vorgestellt worden; Dänemark war dieses Jahr Gastland des Kongresses. Mehr über einzelne Sessions erfahren sie in der Juli-Ausgabe des Diabetes-Forums.

Text: Matthias Heinz


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2024; 36 (6) Seite 28-29