Wie wird die Zukunft der Versorgung mit Diabetes-Technologie aussehen: Eindrücke davon gab es beim diatec-Forum 2024 in Berlin zu gewinnen.

Wie kann die Zukunft der Versorgung mit Diabetes-Technologie aussehen? Die steigende Zahl von Menschen mit Diabetes und der Rückgang des medizinischen Personals machen es dringend notwendig, Technologie und Digitalisierung in der Versorgung zu stärken. Beim diatec-forum 2024 in Berlin diskutierten Expert:innen aus Politik, Krankenkassen, Diabetesteams, Forschung, Industrie sowie Menschen mit Diabetes diese Frage.

Vier zentrale Themen standen im Fokus:

  1. Aus gesundheitsökonomischer Sicht sind CGM und AID-Systemen bei Typ-1-Diabetes sinnvoll, in vielen Fällen auch bei Typ-2-Diabetes.
  2. Digitale Sprechstunden können eine hervorragende Ergänzung oder Ersatz für Ambulanzbesuche sein.
  3. Das digitale Diabetesmanagement im Krankenhaus sowie in der ambulanten und stationären Pflege hat großes Potenzial.
  4. Wir brauchen eine tragfähige digitale Infrastruktur im Gesundheitssystem.

Diabetes-Technologie macht sich bezahlt

PD Dr. Dominic Ehrmann präsentierte gemeinsam mit Prof. Dr. Lutz Heinemann aktuelle Ergebnisse des dt-Reports, sowie eine eindrucksvolle Übersicht von Meta-Studien (also Studien, die viele andere Studien zusammenfassen) zur Wirksamkeit von Diabetes-Technologie. Diese zeigen, dass CGM und AID-Systeme sowohl klinische als auch finanzielle Vorteile bringen, da sie langfristig Komplikationen reduzieren und die Lebensqualität verbessern. Besonders bei Typ-2-Diabetes gibt es großes Potenzial für die Behandlung mit dieser Diabetes-Technologie. Svea Krutisch brachte ihre Erfahrung und Expertise als junge Frau, die mit Typ-1-Diabetes lebt, ein und schilderte eindrücklich, welchen Unterschied Technologie im Alltag macht.

Digitale Sprechstunde: Verbesserte Versorgung und höhere Zufriedenheit

PD Dr. Torben Biester präsentierte in Vertretung Studienergebnisse von PD Dr. Simone von Sengbusch zur digitalen Sprechstunde, speziell in der Kinder- und Jugend-Diabetologie. Nach 12 und 15 Monaten konnte eine signifikante Senkung des HbA1c und schon nach 6 Monaten eine erhöhte Zufriedenheit der Familien nachgewiesen werden. Diese fühlten sich sicherer im Umgang mit Diabetes, hatten weniger Angst vor Unterzuckerungen und gestalteten ihren Alltag selbstbestimmter.

Ein weiterer Vorteil: Die Familien sparen lange Fahrtzeiten, während das medizinische Personal zunehmend im Home-Office arbeiten kann. Dies könnte auch helfen, dem Fachkräftemangel in der Diabetologie entgegenzuwirken.

Virtuelle Kliniken als Zukunftsvision

In seinem eigenen Beitrag entwarf Torben Biester die Vision einer virtuellen Diabetesklinik, die Menschen mit Diabetes standortunabhängig begleiten kann. So wäre auch eine multiprofessionelle Betreuung einfacher möglich. Virtuelle Diabetesprofis könnte durch künstliche Intelligenz Unterstützung bei Therapieanpassungen bieten. In den USA sind solche Systeme bereits zugelassen und liefern verglichen mit menschlichen Diabetes-Teams vergleichbare Ergebnisse im Hinblick auf Zeit im Zielbereich und HbA1c.

CGM in der Klinik: Vorteile für Patienten, Pflege und Ärztinnen

Auch im Krankenhaus hat die Digitalisierung großes Potenzial, wie Prof. Dr. Susanne Reger-Tan zeigte: Die Nutzung von CGM-Systemen bei Patient:innen mit (Prä-)Diabetes könnte Komplikationen verringern, die Mortalität senken und den Pflegeaufwand reduzieren. Die kontinuierliche Messung spart dem Pflegepersonal Zeit und Aufwand und ermöglicht durch Warnsysteme eine schnelle Reaktion, wenn Glukosewerte zu stark steigen oder sinken.

Diese Ansätze könnten auch in der ambulanten und stationären Pflege von Menschen mit Diabetes außerhalb des Krankenhauses wertvolle Entlastung bringen und die Behandlungsqualität steigern.

Die Gretchenfrage: Wie hältst du es mit der Finanzierung?

Obwohl Diabetestechnologie, digitale Sprechstunden und virtuelle Kliniken großes Potenzial haben, stehen viele Projekte noch vor finanziellen und infrastrukturellen Hürden. Dr. Christian Graf von der Barmer betonte die Notwendigkeit, bestehende Prozesse grundlegend zu überdenken, anstatt Papierprozesse einfach nur zu digitalisieren.

In der abschließenden Podiumsdiskussion wurde deutlich: Es gibt noch viel zu tun! Beim nächsten diatec-forum am 25.09.2025 in Berlin diskutieren wir die Fortschritte.


Autoren:
Gabriele Faber-Heinemann
Weitere Autoren:
Mirjam Eiswirth, Prof. Lutz Heinemann.


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2024; 36 (11) Seite 32-33