Eine Veränderung des Lebensstils ist für die meisten Menschen mit einem Typ-2-Diabetes ein Indikator für eine erfolgreiche Therapie. Dabei spielen lösliche und unlösliche Ballaststoffe eine bedeutende Rolle. Es ist Zeit, ihnen mehr Aufmerksamkeit zu widmen und sie Menschen mit Diabetes regelmäßig zu empfehlen.

Eine pflanzenbetonte Kost empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), als auch die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG). Nicht nur, dass pflanzliche Lebensmittel per se gesündere Inhaltsstoffe als tierische haben. Denkt man allein schon an gesättigte Fettsäuren, insgesamt hohe Fettgehalte, Cholesterin und dabei fehlende Ballaststoffe in Fleisch, Wurst, Käse und Co. Pflanzliche Lebensmittel sind eine Wohltat für den Organismus und mit ihnen wird der Körper auf natürliche Art mit lebenswichtigen Ballaststoffen versorgt. Die Pflanzenfasern können der Gesundheit sehr zuträglich sein. So helfen sie dabei leichter und angenehmer satt zu werden. Die Aufspaltung der blutzuckerwirksamen Kohlenhydrate werden durch Ballaststoffe verzögert, was zu besseren Blutzuckerwerten beiträgt. Ballaststoffe haben positive Wirkungen auf zahlreiche Stoffwechsel-Parameter. Sie spielen eine Rolle zur Prophylaxe von Herz-Kreislauf- und einigen Krebserkrankungen. Zudem helfen sie dabei, dass die Verdauung reibungslos verläuft. Auch die Darmgesundheit und damit einhergehend die Diversität der Darmbakterien (Mikrobiom) wird durch regelmäßigen Ballaststoffkonsum gestärkt.

40 Gramm täglich sind bei Diabetes wünschenswert

Unterschiedliche Mengen der Pflanzenfasern isst so gut wie jeder Mensch täglich. Doch leider nicht genug davon. So wird Menschen ohne Diabetes eine Tagesmenge von 30 Gramm empfohlen. Dank ihrer positiven Effekte auf die diabetische Stoffwechsellage empfiehlt die Deutsche Diabetes Gesellschaft bei Diabetes täglich eine Menge von 40 Gramm Ballaststoffen. Die Realität sieht bei Menschen mit als auch ohne Diabetes anders aus. Dies zeigen die Auswertungen der Daten zur Nationalen Verzehrsstudie II. Demnach erreichen Frauen diese Empfehlung zu 75 und Männer im Schnitt nur zu 68 Prozent. Stellt sich die Frage, warum es so schwierig ist auf Dauer genug Ballaststoffe zu essen?

Weißbrot versus Vollkornbrot mit Marmelade

Bei Diabetes vom Typ1- als auch Typ-2 sind sie praktisch ein essenzieller Baustein des Essens. Dank ihnen lässt sich der Blutzuckerverlauf aktiv beeinflussen. Sprich sie verzögern eine rasche Abgabe der ursprünglich schnell resorbierbaren Kohlenhydrate ans Blut. Praktisch wäre es so: Wird eine Scheibe Weizentoast mit wenig Butter oder Margarine und Marmelade gegessen, gelangen die Kohlenhydrate aus dem Brot und der Marmelade recht schnell ins Blut. Einzig die kleine Fettmenge auf dem Toast würde die Kohlenhydratresorption etwas hinauszögern. Besser für den Blutzuckerverlauf wäre ein richtiges Weizenvollkornbrot mit Butter oder Margarine. Und darauf statt der voll gezuckerten Marmelade zuckerreduzierte im Verhältnis 3:1 (drei Teile Frucht und ein Teil Zucker). Diese lässt sich leicht selbst kochen oder im Handel als Konfitüre oder Fruchtaufstrich mit 75 % Frucht kaufen. Werden dazu beispielsweise ein paar Kirschtomaten, frische Gurken oder Paprika gegessen, würden enthaltene Ballaststoffe aus dem Brot und Gemüse zu einem signifikant besseren Blutzuckerverlauf führen. So lässt sich also dank kleiner Änderungen und Zuhilfenahme ballaststoffreicher Lebensmittel aktiv etwas tun, um Blutzuckerwerte positiv zu beeinflussen. Eine großartige Veränderung der Lebensgewohnheit impliziert dies nicht. Solch ein Beispiel kann Patientinnen und Patienten dazu motivieren, dies einfach einmal auszuprobieren und dies zur neuen Gewohnheit werden zu lassen.

Positive Wirkungen

Werden regelmäßig und lebenslang ausreichend Ballaststoffe gegessen, kann dies mit einer Verringerung des Sterblichkeitsrisikos einhergehen. Das Risiko für koronare Herzkrankheiten und Schlaganfall sinkt dabei ebenfalls. Auch bestehendes Übergewicht lässt sich dank Ballastsoffen unterstützend therapieren. Denn was für Betroffene ungemein wichtig ist, dass sie angenehm satt sind. Wer ständig hungrig ist, wird keine Ernährungsumstellung auf Dauer zur neuen Gewohnheit werden lassen. Ballaststoffe sind natürliche Stoffe, die nicht nur bei Adipositas und Diabetes Gold wert sind. Sie spielen eine wichtige Rolle in der Prophylaxe von Dickdarm- und Brustkrebs, heißt es von Seiten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Mittlerweile ist bekannt, dass Ballaststoffe positive Wirkungen auf die Vermehrung und Vielfalt gesunder Darmbakterien (Mikrobiom) haben.

Schlechte Verdauung – Ballaststoffe helfen

Viele Menschen plagen sich mit Verdauungsproblemen, sei es Obstipation oder Diarrhoe. Statt mit Pillen und Tropfen einen trägen Darm anzukurbeln, sind natürliche Ballaststoffe eindeutig die bessere Entscheidung. Solche Pillen und Tropfen werden frei verkäuflich in Drogerien oder Apotheken angeboten. Haben Menschen mit Diabetes Darmprobleme lohnt es sich im Zuge der Ursachenforschung nachzufragen, ob, wie häufig und seit wann solche Produkte verwendet werden. Trockener, harter und seltener Stuhlgang ist ein typisches Anzeichen für eine lahme Verdauung und meist auch ein Signal, dass deutlich zu wenig Ballaststoffe Bestandteil des Essens sind. Oft gekoppelt mit einer zu niedrigen täglichen Flüssigkeitsmenge. Viele Menschen, insbesondere in älteren Lebensjahren trinken gerade mal eine Tasse Kaffee oder Tee zum Frühstück, ein Glas Wasser über Tag und am Abend noch mal eine Tasse Tee. So haben Pflanzenfasern keine Möglichkeit im Darm zu quellen und den Stuhlgang zu lockern. Denn Ballaststoffe brauchen Flüssigkeit, damit sie sich im Darm vollends entfalten können. Empfehlenswert dazu sind anderthalb bis zwei Liter zuckerfreie und kalorienarme Getränke. Beispielsweise Wasser mit und ohne Kohlensäure sowie ungesüßte Tees. In die tägliche Trinkmenge fallen auch etwa vier bis fünf Tassen Kaffee, schwarzer oder grüner Tee. Bei warmen Außentemperaturen, starkem Schwitzen, Gartenarbeit oder Sport kann es getrost noch ein halber Liter täglich mehr sein. Deshalb ist es auch wichtig auf ausreichendes Trinken hinzuweisen. So kann sich die Verdauung verbessern, ohne entsprechende Pillen, Granulat oder Tropfen. Sogar bei Durchfall tun Ballaststoffe Gutes. Klassische Hausmittel wie geriebene Äpfel, passierte Möhren oder zerdrückte Erdbeeren sind besonders pektinreich und können Durchfall lindern.

Tierische Ballaststoffquelle Chitosan

Sie sind völlig energiefrei und stammen, bis auf wenige Ausnahmen, aus pflanzlichen Lebensmitteln. Einzig Chitin oder Chitosan, Bestandteil der Ummantelung von Garnelen, Krabben, Hummer, einigen Insekten und teils auch Spinnen, ist ein tiereischer Ballaststoff. Chitin wird nicht als tägliche Balllaststoffquelle empfohlen. Praktisch wäre es zudem eine kostspielige Sache, täglich Krustentiere wie Hummer und Co zu essen. Allerdungs gibt es eine Reihe von frei verkäuflichen Nahrungsergänzungsmitteln, die zermahlenes Chitin als Kapseln oder Pulver enthalten. Besonders häufig wird dies in Präparaten als Medizinprodukt in Drogerien, Internet, frei verkäuflich in Apotheken, Reformhäusern und sogar Supermärkten angeboten. Konzipiert zur Senkung des Cholesterinspiegels und/oder zur Gewichtsreduktion. Auf Grund des Status von Medizinprodukten unterliegen solche Produkte nicht dem Lebensmittelrecht. Ihre Wirkung ist simpel und fungiert rein physikalisch. Laut Herstellerangaben soll Chitosan bis zum Achtfachen seines Eigengewichts an gegessenem Nahrungsfett binden. Allerdings ist diese Wirkung, als Aussage zur Unterstützung einer Gewichtsabnahme bisher nicht bewiesen. Allerdings ist der Claim, dass Chitosan zur Aufrechterhaltung eines normalen Cholesterinspiegels beiträgt, zulässig, wenn die Angabe zur Verzehrmenge von drei Gramm Chitosan täglich angegeben wird. Dennoch ist es kein probates Mittel zur Senkung erhöhter Cholesterinspiegel, im Vergleich zu Medikamenten. Wichtig zu wissen ist zudem, dass Chitosan weder vegetarisch noch vegan ist. Für Menschen mit einer Allergie gegen Schalen- und Krustentiere kann dies sogar sehr gefährlich sein. Wird Chitin konsumiert, muss dazu mindestens zwei bis drei Liter Wasser täglich getrunken werden.

Nebenwirkungen von Chitosan

Im Hinblick auf Nebenwirkungen, die durch ein scheinbar "harmloses" Medizinprodukt auftreten können, zählen Blähungen, Obstipation und eine Glukoseintoleranz. Insbesondere für Patientinnen und Patienten die Metformin einnehmen, wo als Nebenwirkung gerne Blähungen gehören, kann Chitosan dies unnötig potenzieren. Durch den Mechanismus der teilweisen Blockade von Fett aus gegessen Lebensmitteln, kann es zu kritischen Aufnahmesituationen im Hinblick auf fettslösliche Vitamine, als auch essenzielle Fettsäuren kommen. Deshalb wird empfohlen diese Präparate nicht zu allen Hauptmahlzeiten einzunehmen, damit die Versorgung mit essenziellen Fettsäuren gewährleistet ist. Auch die Wirkung oraler Kontrazeptiva kann durch die gleichzeitige Einnahme solcher Chitin-Produkte in ihrer Wirkung behindert werden. Hier wird ein Zeitabstand von mindestens vier, besser mehr Stunden empfohlen. Ebenso können Medikamente gegen Epilepsie, blutverdünnende Medikamente wie Vitamin-K-Antagonisten durch Chitosan in ihrer Wirksamkeit eingeschränkt werden. Eine Beratung in der Apotheke wäre hier ratsam. Bei akuten Magen-Darm-Beschwerden, Refluxösophagitis, Gastritis, bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis Ulcerosa als auch Morbus Crohn, Darmpolypen oder Verdacht auf einen Ileus sind solche Produkte nicht geeignet.

Auf die Ballaststoffe achten!

20 Gramm Ballaststoffe sind enthalten in:
Frühstück: 1 Scheibe Mischbrot plus 100 g Beeren +
Mittags: 1 Portion Erbsen-Karotten-Mischgemüse +
Zwischendurch: 1 Kiwi +
Abends: 1 Scheibe Pumpernickel plus 1 Portion frischer Krautsalat

40 Gramm Ballaststoffe sind enthalten in:
Frühstück: 6 EL Haferflocken + 100 g Beerenobst +
Zwischendurch: 1 Hand voll Kirschtomaten +
Mittags: 1 Teller Eintopf aus Linsen oder Erbsen und Gemüse +
Zwischendurch: 1 mittlerer Apfel +
Abends: 1 Scheibe Mehrkornbrot + 1 Portion frischer Karottensalat, 1 Paprikaschote

So klappt es mehr Ballaststoffe zu essen:
Empfehlenswert ist es, mindestens drei bis viermal pro Woche Hülsenfrüchte, statt Fleisch und Wurst zur Hauptmahlzeit zu essen. Dazu täglich Vollkorngetreide, frisches Gemüse, Salat, Rohkost. Außerdem wasserreiche Früchte wie zum Beispiel Beerenobst. Praktisch sollte es zu jeder Mahlzeit und zu jedem Snack etwas geben, was Ballaststoffe enthält. Also Knackfrisches oder auch eine Menge von 20 bis 30 Gramm ungesalzenen Nüssen täglich.

Beta Glucan aus pflanzlichen Produkten

Sinn machten demnach Ballaststoffe pflanzlicher Herkunft. Zum Beispiel Hülsenfrüchte in jeglicher Variation, Vollkorngetreideprodukte, frisches Gemüse, Salat und Rohkost. Ferner Nüsse sowie bestimmte Pflanzenfasern wie Hafer- und Weizenkleie, Pektin und Flohsamenschalen. Ein besonderes Highlight ist der lösliche Ballaststoff Beta Glucan. Er ist die Schlüsselsubstanz in Haferflocken, zuckerfreien Vollkorn-Haferfleks oder Haferkleie. Nach dem Essen dieser Haferprodukte bildet sich, im Zuge der Verdauung, mittels Beta Glucan eine zähflüssige Masse. Diese trägt dazu bei, dass der Kohlenhydratabbau im Dünndarm und die Auswirkung auf den Blutzuckerspiegel länger dauern. Demnach schnellt der Blutzucker nicht so stark in die Höhe, im Vergleich zum Konsum anderer kohlenhydrathaltiger Lebensmittel. Damit kann Hafer dazu beitragen, Blutzuckerspitzen zu vermeiden. Dank wissenschaftlicher Belege darf auf der Verpackung von Flocken, Kleie und Fleks die Auslobung "Hafer-Beta Glucan trägt zu einem weniger starken Anstieg des Blutzuckerspiegels nach der Mahlzeit bei", stehen. Neben positiven Wirkungen auf den Blutzuckerspiegel ist bekannt, dass Beta Glucan aktiv zur Senkung des Cholesterinspiegels beiträgt. Vorausgesetzt es wird täglich eine Menge von drei Gramm Hafer-Beta Glucan gegessen. Beispielsweise über eine Menge von 70 Gramm Haferflocken oder 50 Gramm Haferkleie. Alternativ über 40 Gramm lösliche Haferkleieflocken; 40 Gramm Haferflocken plus 20 Gramm Haferkleie. Empfohlen wird dies auf mehrere Mahlzeiten am Tag zu verteilen. Zum Beispiel als Porridge (Haferbrei), selbst gemachtes Müsli, Brot oder Brötchen mit Hafer und Haferkleie, selbst gemachtem Kuchen oder Plätzchen mit Haferflocken und Haferkleie. Lösliche Haferkleie lässt sich zudem einfach und leicht in Gemüsesaucen rühren, Aufläufen und Suppen beimischen

Lösliche und unlösliche Ballaststoffarten

Pflanzliche Ballaststoffe unterteilen sich in zwei Gruppen. Zur ersten Kategorie gehören unlösliche wie Zellulose, Hemizellulose und Lignin. Sie sind besonders reich in Getreide und Hülsenfrüchten enthalten. Ihre Aufgabe liegt darin, die Stuhlkonsistenz zu lockern, was für eine gesunde Verdauung wichtig ist. In die zweite Gruppe fallen lösliche Ballaststoffe. Dazu gehören Pektin, Inulin, Oligofruktose und lösche Hemizellulosen. Auch Beta Glucan reiht sich hier ein.

Tipps zur Umstellung auf ballaststoffreiches Essen

Alle Argumente sprechen also dafür täglich genug Ballaststoffe zu essen. Wie das praktisch aussehen kann, sehen Sie im Kasten. Zu jedem ballaststoffreichen Essen gehört genug Flüssigkeit. Zu Beginn kann es zu stärkeren Blähungen kommen. Hat sich der Organismus daran gewöhnt, legt sich das. Zur Linderung von Blähungen empfiehlt es sich täglich Kümmel-Anis-Fencheltee zu trinken.


Autor:
© privat
Kirsten Metternich von Wolff
Diätassistentin/DKL, DGE
Fon: 02234- 916541


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2024; 36 (6) Seite 40-43