In den Plänen der Bundesregierung zur Krankenhausreform und zum sogenannten Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz werden Diabetologie und Diabetesteams sträflich vernachlässigt. Daher haben wir als VDBD-Vorstand und Geschäftsführung auch die Sommerpause genutzt, um in den Austausch mit politischen Entscheidungsträgern zu gehen und Nachbesserungen in den Gesetzesentwürfen zu fordern.

So trafen wir uns im Juli 2024 zu einem Zoom-Gespräch mit dem Berichterstatter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ziel war es, die tragende Rolle zu verdeutlichen, die Diabetesberatungs- und Schulungsberufe sowohl in der stationären als auch in der ambulanten Versorgung von Menschen mit Diabetes seit 40 Jahren ausüben. Ebenso wichtig war es, unsere Forderungen zum Krankenhausversorgungs-verbesserungs-gesetz (KHVVG) und zum Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) zu erläutern, wie sie in unseren Positionspapieren festgehalten sind. Nach der parlamentarischen Sommerpause werden wir die Gespräche mit weiteren Bundestagsabgeordneten fortführen.

Gleichzeitig stimmen wir uns eng mit dem Bundesverband der niedergelassenen Diabetologen (BVND), dem Bundesverband der Diabetes-Kliniken (BVKD) sowie der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) ab, um widersprüchliche Aussagen gegenüber der Politik zu vermeiden.

Casus knaktus

Seit Monaten machen der VDBD und andere Fachverbände darauf aufmerksam, dass das KHVVG die etablierten und bewährten stationären Versorgungsstrukturen für Menschen mit Diabetes gefährdet. Aus unserer Sicht ist das eine fahrlässige Entwicklung, da jeder fünfte Patient bzw. jede fünfte Patientin in der Klinik als Nebendiagnose einen Diabetes hat, der durch ein kompetentes Diabetesteam behandelt werden sollte. Daher fordert der VDBD, dass Diabetesberater:innen im klinischen Setting strukturell verankert und gegenfinanziert werden müssen.

Die überfällige Reform der deutschen Krankenhauslandschaft darf aus unser Sicht nicht losgelöst von der Situation der ambulanten Versorgung geplant werden und umgekehrt. So strebt die Bundesregierung eine Verbesserung der klinischen Behandlungsqualität durch Spezialisierung, d.h. letztlich durch eine Zentralisierung an. Daraus folgt als Konsequenz eine Stärkung der ambulanten Versorgung, wenn das Ziel weiterhin eine flächendeckende gute Versorgung der Bundesbürger ist.

GVSG gefährdet Schwerpunktpraxen

Im Ansatz ist das GVSG gut gemeint – soll doch die hausärztliche Tätigkeit durch Entbudgetisierung und weitere Maßnahmen gestärkt werden. Die Nebenwirkungen sind jedoch für Diabetologische Schwerpunktpraxen (DSP) fatal.

So würde die Umsetzung der im GVSG angedachten jährlichen Versorgungspauschale zu erheblichen Einkommenseinbußen für diabetologische Schwerpunktpraxen führen. Grund: Ein Großteil der Diabetolog:innen ist auf hausärztlichen Sitzen tätig und betreut Menschen mit Diabetes quasi als "sekundäre:r Hausärzt:in". Da die Versorgungspauschale nur vom primären Hausarzt einmal pro Jahr abrechnungsfähig sein soll, würden Diabetologische Schwerpunktpraxen für ihre Leistungen die Versorgungspauschale nicht erhalten. Mittlerweile hat die Politik anscheinend nachgebessert und die Jahrespauschale soll "nur" für chronische kranke Patient:innen Anwendung finden, die "keiner intensiven Betreuung" benötigen.

Die sogenannte Vorhaltepauschale, die bislang automatisch zugewiesen wurde, soll künftig an bestimmte Voraussetzungen geknüpft werden, was prinzipiell zu begrüßen ist. Die konkreten Kriterien sind jedoch nicht in allen Punkten von Diabetologischen Schwerpunktpraxen erfüllbar, denn sie sind auf die Behandlung von Diabetespatient:innen spezialisiert und versorgen beispielweise nicht hausärztlich palliativmedizinische Patient:innen.

Unberücksichtigt bleibt zudem dabei, dass diabetologische Schwerpunktpraxen nicht nur hohe Ausgaben für qualifizierte Gesundheitsfachkräfte wie zum Beispiel Diabetesberater:innen und Diabetesassistent:innen haben, sondern auch höhere Raumkosten als eine klassische Hausarztpraxis für das Vorhalten von Schulungs- oder Fußuntersuchungsräume sowie höhere Vorhaltekosten für Labortechnik.

Würden wegen der neuen Regelungen Diabetologische Schwerpunktpraxen aufgeben und schließen und sich das Versorgungsnetz verkleinern, würde das für Menschen mit Diabetes noch längere Anfahrtswege bedeuten, insbesondere im ländlichen Raum, und letztlich einen verschlechterten Zugang zur notwendigen Versorgung.

Diabetesberatung essenziell!

Eine Diabetologische Schwerpunktpraxis kann Menschen mit Diabetes ohne die Kompetenz von Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufen nicht adäquat versorgen. Ohne Diabetesberater:innen und Diabetesassistent:innen wäre diese spezialisierte Form der Versorgung insgesamt nicht möglich. Das gilt umso mehr in Zeiten des Fachkräftemangels.

Daher fordert der VDBD in seinem Positionspapier zum GVSG:

  • Versorgungspauschale (GVSG, SGB V, §87, Absatz 2b): Gerechte Vergütung der für Menschen mit Diabetes erbrachten Leistungen durch Klarstellung im Gesetzestext, dass Menschen mit Diabetes und intensiven Betreuungsbedarf in einer Diabetologischen Schwerpunktpraxis versorgt werden und diese quartalsweise die Versorgungspauschale abrechnen können, d.h. Abrechnung der Versorgungspauschale durch primären und sekundären Hausarzt.
  • Vorhaltepauschale (GVSG, SGB V, §87, Absatz 2q): Gerechte Vergütung der für Menschen mit Diabetes erbrachten Leistungen durch Aufnahme der Diabetologischen Schwerpunktpraxen als ein Kriterium für die Zuweisung der Vorhaltepauschale oder Anpassung der Kriterien an die Spezifika einer DSP.
  • Etwaige Leistungskürzungen für Diabetologische Schwerpunktpraxen dürfen nicht zu Lasten von Diabetesberater:innen und damit einer guten Patientenversorgung gehen!
  • Strukturzuschlag für Diabetesfachkräfte: Um die steigenden Zahl von Menschen mit Diabetes Typ 2 adäquat zu versorgen, Aufnahme eines Strukturzuschlags für Hausarztpraxen für das Vorhalten einer Diabetesassistent:in oder Diabetesberater:in analog zum Strukturzuschlag für eine Nichtärztliche Praxisassistenz (NäPa), der unabhängig und zusätzlich zu den Leistungsziffern gezahlt wird.


Autorin:
Dr. Gottlobe Fabisch
Geschäftsführerin VDBD e.V. und VDBD AKADEMIE GmbH


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2024; 36 (9) Seite 36-37