Veränderungen der Haut können auch ein Hinweis auf eine unzureichend gute Stoffwechseleinstellung sein. Gezielte Pflege mit passenden Wirkstoffen hilft, diabetische Haut wieder in Balance zu bringen. Achten Sie bei Ihren Patientinnen und Patienten deshalb auch auf den Zustand der Haut – vom Scheitel bis zur Sohle.

Das Gesicht, den Körper oder die Füße täglich einzucremen erachten viele Menschen als lästig und verbuchen dies unter dem Motto: brauche ich nicht. Besonders Männer sind hier richtige Pflegemuffel.
Ist die Formulierung reichhaltig und zieht deshalb möglicherweise nicht binnen Sekunden in die Haut ein, nehmen viele davon direkt Abstand. Doch gezielte Hautpflege macht besonders bei Diabetes wirklich Sinn. Viele Betroffene wissen zunächst einmal gar nicht, dass lästiges Jucken, ständige Trockenheit oder Pilzerkrankungen Folgen ihres Diabetes sein können. Es wird mit Melkfett und Co herum gedoktert – eine wirkliche Symptomlinderung gibt es meist nicht. Das alles, gepaart mit einer Portion Schamgefühl, plagt viele eine lange Zeit. Deshalb empfiehlt es sich im Patientengespräch gezielt nach der Hautbefindlichkeit zu fragen und während der körperlichen Untersuchung den Hautzustand jedes einzelnen Patienten zu begutachten. Oft werden Hautprobleme nicht mit dem Diabetes in Verbindung gebracht und stillschweigend ertragen. Doch Veränderungen an der Haut haben nicht nur äußerliche Wirkungen. Wer sich sprichwörtlich nicht wohl in seiner Haut fühlt, leidet was der Seele keinesfalls guttut.

Warum Blutzuckerwerte auch Hautsache sind

Im Praxisalltag sind Blutzuckerwerte, Folgeerkrankungen oder eine vernünftige und gesunde Gewichtsabnahme häufig Themen. Auch die Hautgesundheit sollte mit berücksichtigt werden. Denn erhöhte und häufig schwankende Blutzuckerwerte können sich zum Beispiel durch Trockenheit, schuppige Areale oder Pilzerkrankungen zeigen. Eine instabiler Stoffwechsel trägt dazu bei, dass Feuchtigkeit in der Haut schlechter gespeichert wird. Die Haut ist insgesamt deutlich trockener und empfindlicher als üblich. Damit einhergehend ist ihre Schutzbarriere geschwächt. Das kann sich zum Beispiel als gereizte und juckende Kopfhaut zeigen. Typisch sind trockene Waden, Ellbogen und natürlich die Füße. Trockene Haut juckt und so bleibt es nicht aus, dass gekratzt wird. Das bemerken manche Menschen schon gar nicht mehr, da dies ein normaler Zustand für sie geworden ist. Wer regelmäßig kratzt erhöht zusätzlich die Infektionsgefahr. Für Bakterien und Pilze ist es ein leichtes schnell in die Haut einzudringen und sich dort auszubreiten. Schlechte Blutzuckerwerte tragen zur verlangsamten Wundheilung bei, so dass auch Kratzwunden zur langwierigen Sache werden können.

Die Sache mit den Füßen

Kleine Veränderungen an den Füßen, Wärme- oder Kälte-Reize, eine wunde Stelle oder Blase werden auf Grund der häufig auftretenden Polyneuropathie nicht vom Patienten wahrgenommen. Es macht Sinn, explizit darauf hinzuweisen, damit Patienten ein Bewusstsein bekommen, wie lebenswichtig es ist auf ihre Fußgesundheit als auch passende Fußpflege zu achten. Damit die Haut an den Füßen gesund bleibt, empfiehlt es sich nicht barfuß zu laufen. In Schuhen, die am besten aus atmungsaktiven und weichen Naturmaterialien bestehen, ist es ratsam Strümpfe zu tragen. Empfehlenswert sind Socken und Strümpfe ebenfalls aus Naturmaterial wie Wolle, Seide, Baumwolle, Viskose. Sie sollten nicht einschneiden und sehr weiche, flache Nähte haben. Denn auch sie können zur Reibung beitragen und die Fußhaut verletzten. Beim Einlaufen neuer Schuhe können Verletzungen schnell entstehen. Empfehlen Sie deshalb neue Schuhe stundenweise, mit passenden Strümpfen zu Hause einzulaufen. Im Schuhfachhandel gibt es Leder-Dehn-Spray. Dieses bietet sich an, um neue oder harte Lederschuhe zu weiten. Auch das kann helfen, Blasen und wundlaufen in Schuhen zu vermeiden.

Zehn Patienten-Fragen rund um Hautpflege

Wer fragt, bekommt meist auch eine aussagekräftige Antwort. Oft kann dies entscheidend sein, um die Diabetes-Therapie zu verbessern. Fangen Sie das Thema Hautpflege beispielsweise mit diesen Fragen an:

1. Wussten Sie, dass durch den Diabetes ihre Haut besonders trocken und empfindlich sein kann?

2. Haben Sie an Ihrer Haut in letzter Zeit Veränderungen festgestellt?

3. Wie steht es um Ihre Haut - ist sie trocken oder trockener geworden und juckt öfter – zum Beispiel an Waden, Armen und Füßen?

4. Spannt Ihre Haut und ist besonders an Waden und im Gesicht sehr trocken?

5. Haben Sie mit Pilzerkrankungen zum Beispiel an Füßen oder im Genitalbereich zu tun?

6. Wie sieht ihre Kopfhaut aus – ist sie trocken, schuppig und juckt?

7. Wie oft cremen Sie ihre Hände, Füße und das Gesicht ein?

8. Was nehmen Sie zum Eincremen?

9. Hatten Sie in letzter Zeit eine Verletzung an den Füßen – zum Beispiel eine wunde Stelle, Blase oder Nagelpilz?

10. Gehen Sie regelmäßig zur Fußpflege zu einem Podologen?

Vom Scheitel bis zur Sohle: passende Pflege

Oft wird bei trockener Haut zu fetthaltigen Salben gegriffen, getreu dem Motto: "Fett macht trockene Haut weich". Melkfett oder Vaseline sind hier die Spitzenreiter. Allerdings verstopfen solche Produkte die Poren unnötig und ein undurchlässiger Film gibt ihr wenig Raum zum Atmen. Das daraus entstehende, feuchtwarme Klima ist der perfekte Nährboden für Pilze. Mit der Folge, dass sich die Haut nicht bessert, im Gegenteil sie reagiert zum Beispiel mit einer Pilzerkrankung oder Juckreiz. Pilze nisten sich gerne in Zehenzwischenräumen und Körperfalten ein. Hinzu kommt, dass solche Fettsalben meistens Mineralöle wie zum Beispiel Paraffin und Petrolatum enthalten. Auch andere Mineralöle die in der INCI-LISTE des Kosmetikproduktes als Cera Microcristallina oder Paraffinum Liquidum gelistet sind, stehen im Verdacht krebserregend zu sein, heißt es von Seiten der Stiftung Warentest (zum Nachlesen:www.test.de/Mineraloele-in-Kosmetika-Kritische-Stoffe-in-Cremes-Lippenpflegeprodukten-und-Vaseline-4853357-0/=).

Weitaus wirkungs- und sinnvoller sind feuchtigkeitsspendende Produkte. Inhaltsstoffe wie Urea (Harnstoff), Hyaluronsäure, Pentavitin, Glycerin, Mikrosilber und Aloe Vera haben sich bei Diabetes bewährt. Um Hautirritationen so gering wie möglich zu halten, empfehlen Sie Pflegeprodukte ohne Duft- Farb- und Konservierungsstoffe. Für den Körper bieten sich zudem feuchtigkeitsspendende Lotionen für sensible Haut an. Körperlotion gehört allerdings nicht ins Gesicht: empfehlen Sie Creme mit einer Mixtur aus Fett und Feuchtigkeit, für empfindliche Haut. Der beste Anlaufplatz für Patienten ist die Apotheke. Hier werden sie fachkundig und individuell beraten. Auch Drogeriemärkte bieten zunehmend Pflegeprodukte für sehr empfindliche Haut oder bei Diabetes an. Wichtig ist zudem, für die unterschiedlichen Areale auch verschiedene Cremes oder Lotionen zu verwenden. Also eine Creme fürs Gesicht. Am besten mit Lichtschutzfaktor zum Schutz vor Hautkrebs und vorzeitiger Hautalterung. Eine Lotion für den Körper sowie eine speziell bei Diabetes geeignete Creme für die Füße und in der kalten Jahreszeit für die Hände. Diabetische Fußpflege auf Basis von Schaum oder einer schnell und leicht einziehenden Fußcreme mit Urea haben sich bewährt. Zur Pilzprophylaxe gibt es Passendes, beispielsweise Clotrimazol. Wer nicht direkt den ganzen Körper eincremen möchte, sollte zumindest Füße, Waden und Ellbogen adäquat versorgen. Dazu eignet sich auch der Schaum oder die spezielle Fußcreme. Das wäre zumindest ein Anfang. Denn viele Patienten sind mit der Fülle an Dingen, die sie für ihre Haut tun sollten, sonst schnell überfordert. Schritt für Schritt, also mit Fuß- und Tagespflege ist der Grundstein schon einmal gelegt. Gerade in der kalten Jahreszeit ist dies besonders wichtig, um sie gesund zu halten. Bei passenden Produkten, regelmäßig angewandt, stellt sich eine deutliche Verbesserung schnell ein. Eine Wohltat für Betroffene und Anreiz, pflegemäßig am Ball zu bleiben.


Autorin:
Kirsten Metternich von Wolff
Diätassistentin DKL und DGE
Hildeboldstraße 5, 50226 Frechen-Königsdorf


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2022; 34 (10) Seite 36-37