Neue Diäten gibt es wie Sand am Meer. Aber nicht alle sind empfehlenswert. Simone Pschiebl berichtet.

Wenn es um den Wunsch der Gewichtsreduktion geht, kommen fast ununterbrochen neue Diäten in Umlauf. Darunter befinden sich auch Hormon-Diäten. Zum Beispiel vom Ernährungswissenschaftler und Internisten Dr. Detlef Pape, der durch seine Schlank-im-Schlaf-Diät berühmt wurde. Im US-amerikanischen Raum ist es Natasha Turner, die Menschen von einer Hormon-Diät überzeugen möchte. Aber halten diese Diäten auch wirklich das, was propagiert wird? Kann man mit einer Hormon-Diät tatsächlich abnehmen?

Bei den wichtigen Botenstoffen im Körper gibt es sieben Hormone, die beim Thema Gewichtsreduktion, laut Hormon-Diäten einbezogen werden sollten. Hierzu zählen Östrogene, Insulin, Leptin, Cortisol, Schilddrüsenhormone, Testosteron sowie Wachstumshormone.

Was ist eine Hormon-Diät?

Der Grund für erfolglose Versuche, das Körpergewicht zu reduzieren, sollen auf Störungen dieser Hormone zurückzuführen sein. Der Schlüssel der Hormon-Diäten bestehe darin, das hormonelle Ungleichgewicht im Körper wieder herzustellen. Hierfür benötigt es laut Natasha Turner ein Drei-Stufen-Programm. In einer ersten zweiwöchigen, sogenannten Entgiftungsphase, sollen Lebensmittel wie glutenhaltiges Getreide, Kuhmilch, Alkohol, Koffein, Erdnüsse, rotes Fleisch, Zitrusfrüchte, Zucker sowie künstliche Süßstoffe gemieden werden. Zusätzlich wird die Einnahme von Probiotika, Kurkuma und Fischöl empfohlen. In der anschließenden Aufbaustufe zwei können einige der genannten Lebensmittel in hoher Qualität wieder auf den Speiseplan stehen. Künstliche Süßstoffe und Zucker sind weiterhin tabu. Aber auch Fruktosereicher Maissirup (HFCS) und Fisch mit hohem Quecksilbergehalt sollen strikt gemieden werden. Insbesondere in den USA werden Softdrinks, Gebäck, Fertigprodukte und Süßigkeiten mit HFCS zugesetzt. Hierzulande ist dies auch möglich, wird aber nicht in dem Ausmaß zugesetzt, wie es in den vereinigten Staaten von Amerika der Fall ist. Fruktose drosselt die Wirkung des Sättigungshormons Leptin, während gleichzeitig der Spiegel des Hungerhormons Ghrelin hoch bleibt. Man wird nicht richtig satt, hat ständig Hunger und ist ständig mit Essen beschäftigt, inklusive Kalorienüberschuss. Durch das Meiden der aufgezählten Lebensmittel – was eigentlich bei jeder gesunden Ernährungsumstellung der Fall ist – machen Sie im Grunde eine Hormon-Diät ohne es zu wissen. Mit der dritten Stufe kommt ein Herz-Kreislauf- sowie Krafttraining dazu. Durch Sport kann das appetitanregende Hormon Ghrelin gehemmt werden. Es werden also bei regelmäßiger sportlicher Aktivität nicht nur mehr Kalorien verbrannt, sondern ebenfalls der Appetit gezügelt. Aber genau aus diesem Grund gehört die Bewegung auch zu jedem anderen, gesunden Programm zur Gewichtsreduktion dazu.

Lässt sich der Hormonspiegel verändern?

Menschen mit einer Schilddrüsenunterfunktion oder hohem Insulinspiegel können eher zu einer Gewichtszunahme neigen. Es steht außer Frage, dass Hormonstörungen zu einer Gewichtszunahme führen oder eine Gewichtsabnahme erschweren können. Ob es jedoch alleine durch die genannte Diät zu einer verbesserten Hormonlage kommen kann, wird von Kritikern bezweifelt. Franck Mauvais-Jarvis, Professor für Medizin an der Tulane University äußert Zweifel: "Ich kenne keine Diät, die den Hormonspiegel so verändert, dass diese Hormonveränderung zur Gewichtsabnahme beitragen." Das Hormonsystem sei äußerst kompliziert, so Suneil Koliwad, Professor für Endokrinologie an der University of California. Das Wissen, wie durch eine Umstellung der Ernährung eine Vielzahl an Hormonen manipuliert werden können, sei schlichtweg noch nicht vorhanden. Dass auch Erfolge verzeichnet werden konnten, ist wohl vordergründig auf die empfohlene gesunde Ernährung, die Reduktion von Genussmitteln und der vermehrten körperlichen Aktivität zurückzuführen. Wenn man bei sich eine Hormonstörung vermutet, sollte dies unbedingt ärztlich abgeklärt werden. Erst dann kann entschieden werden, welche ganzheitliche Therapie in Frage kommt.

Ernährung und die innere Uhr

Das Helmholtz Zentrum München hat sich im Rahmen einer Studie mit dem Einfluss von Cortisol auf den Zucker- und Blutfettspiegel befasst. Das Ziel des Forschungsteams war es, die Bedeutung der täglichen Ausschüttung großer Mengen an Stresshormonen auf die menschliche, innere Uhr und ihre Rolle für die täglichen Stoffwechselzyklen zu verstehen. Der zirkadiane Rhythmus wird hauptsächlich durch Sonnenlicht und soziale Gewohnheiten gesteuert. Die Nebenniere produziert in einem gesunden System jeden Morgen Glukokortikoid-Stresshormone, wodurch der Körper Fettsäuren und Zucker als Energiequellen nutzen kann. Ist dieser Rhythmus, beispielsweise durch Schichtarbeit oder Jetlag, gestört oder liegen Veränderungen des Glukokortikoid-Spiegels (z.B. durch das Cushing-Syndrom vor), können schwerwiegende metabolische Dysregulationen auftreten. In einem Versuch mit Mäusen wurden alle vier Stunden spezielle Leberwerte untersucht. Die Forscher konnten veranschaulichen, wie Glukokortikoide den Stoffwechsel beim Fasten und bei Nahrungsaufnahme unterschiedlich regeln. Da diese Hormone auch bei der Immuntherapie häufig zum Einsatz kommen, wurden diese ebenfalls untersucht. "Mit diesem Experiment fanden die Forscher heraus, dass sich die Wirkstoffreaktion bei fettleibigen Mäusen von der bei schlanken Mäusen unterscheidet. Damit lässt sich zum ersten Mal zeigen, dass die Ernährung hormonelle und medikamentöse Reaktionen des Stoffwechsels verändern kann. Es lässt sich erkennen, dass die Forschung in diesem Gebiet vorangeht, aber sicher noch weiterer Untersuchungen bedarf.

Gesund, abwechslungsreich und pflanzenbetont – der Schlüssel zum Erfolg

Besteht ein hormonelles Ungleichgewicht, sei es in Form einer Schilddrüsenerkrankung oder Wechseljahren, empfiehlt sich eine gesunde, abwechslungsreiche, pflanzenbetonte Lebensmittelauswahl. Sie hilft dabei Übergewicht gesund und langfristig zu verlieren. Gleichzeitig ist dabei gewährleistet, dass der Organismus mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt wird. Kombiniert mit ausreichend körperlicher Aktivität, ist keine spezielle Hormon-Diät nötig um ein gesundes Wohlbefinden im eigenen Körper zu erreichen.


Autorin:
Simone Pschiebl
Diabetesberaterin DDG und Diplom Oecotrophologin
Diabetes Klinik Mergentheim
Akademische Lehrpraxis der
Theodor-Klotzbücher-Str. 12
97980 Bad Mergentheim
E-Mail: diabetesberatung@diabetes-zentrum.de


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2023; 35 (3) Seite 18-19