Nach drei Jahren Pandemie bedingter Verhinderung des unmittelbaren Austausches und der Präsentation konnte am 17./18. März 2023 die Jahrestagung der AG Fuß in der Deutschen Diabetes Gesellschaft wieder stattfinden.

Das Treffen wurde herausragend durch die Berliner Kolleg:innen um Dr. Jan Theil organisiert, und die gesamte Jahrestagung (Leitung Dr. Michael Eckhard) konnte wieder in Präsenz stattfinden (Unterbrechung von 2020 – 2022). In diesem Rahmen fand am Samstagvormittag als ein Element der Zertifizierung die öffentliche Präsentation der Fußbehandlungseinrichtung statt: entweder erfolgte die Vorstellung eines DFS-Beispiels aus der Praxis/Klinik, einer Hospitation oder einer Evaluation. Seit fast 20 Jahren führt die AG Fuß diese kollegialen Präsentationen in kleinen Gruppen durch. Viele Hundert Präsentationen wurden so in den vergangenen Jahren vorgestellt und diskutiert.

Das Verfahren der Zertifizierung als ambulante oder klinische Fußbehandlungseinrichtung ist in Abb.1 dargestellt. Veröffentlicht ist die genaue Vefahrensbeschreibung zur Antragstellung auf der Homepage der AG Fuß.

Die wesentlichen Aufgaben der Zertifizierung, mit Elementen der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität, sind:

  • Antragstellung mit Bestätigung der Mindestkriterien durch eine andere Einrichtung und Angabe der unmittelbaren an der Fußbehandlung beteiligten WundassistentInnen und Ärzte
  • Bericht über eine aktive und passive Hospitation
  • 5 individuelle Koop-Vereinbarungen (keine Verträge): eine aus dem Bereich Perfusionsdiagnostik/-therapie (intervent. Radiologie, Angiologie, Gefäßchirurgie), eine aus dem operativen Gebiet (Chirurgie, Orthopädie, Dermatologie), je eine mit Podologin und Orthopädieschuhmacherin und als amb. Antragstellerin eine Kooperation mit einer geeigneten klinischen Einrichtung und als klinische Einrichtung mit einer geeigneten amb. Fußbehandlungseinrichtung. Ist der Antragsteller kein Diabetologe muss ergänzend eine dokumentierte Kooperation mit einem/-r Diabetologen/-in bestehen.
  • Evaluation von 30 DFS-Patienten (Dokumentation und Nachuntersuchung)
  • Mitgliedschaft in der AG Fuß
  • Öffentliche Präsentation auf der Jahrestagung der AG Fuß

Die AG Fuß empfiehlt die Versorgung von Menschen mit diabetischer Fußerkrankung in diesen ärztlich geleiteten Fußbehandlungseinrichtungen. Die Krankheitsentität des DFS benötigt eine interdisziplinäre Versorgung und ebenso vor einer Behandlung eine klare Betreuungsstruktur und Diagnosestellung (Stoffwechsel, Neuropathie, Perfusion, Entlastung/ Ruhigstellung, Langzeitbetreuung, ggfs. OP-Indikation). Dies benötigt eine über die Wundauflage hinausgehende Erfahrung und Struktur der Versorgung.

In diesem Jahr haben 92 Präsentationen aus antragstellenden Einrichtungen stattgefunden. Alle 2022 einen Antrag stellenden und zur Präsentation eingeladenen Einrichtungen haben dies erfolgreich und in sehr kollegialer Atmosphäre absolviert. Dies unterstützt auch den Austausch zwischen den Einrichtungen, dient dem Lernen am Beispiel der anderen und der Reflexion der eigenen Arbeit.

Herzlichen Dank an alle KollegInnen (Ärzte, Wundassistentinnen, DiabetesberaterInnen/ DiabetesassistentInnen), die diese Aufgabe sehr gewissenhaft umgesetzt haben. Jede und jeder, die dabei waren, nimmt etwas für die Verbesserung der eigenen Arbeit mit.

In Abb. 2 wird dargestellt, dass die AG Fuß in der DDG mit diesem Procedere nicht nur ein Paar Leuchttürme, sondern über ganz Deutschland (leider noch sehr ungleich) verteilt, anhaltend über 200 ambulante Fußbehandlungseinrichtungen und zwischen 70 und 80 klinische Fußbehandlungseinrichtungen dokumentieren kann (quartalsweise aktualisiert auf der Homepage der AG Fuß).

Die besondere Häufung der (ambulanten) Einrichtungen in NRW, Hamburg und Berlin (Abb. 3) ist durch die dort getroffenen Sondervereinbarungen zu erklären. Honorieren die Kassen ansatzweise den erheblichen Mehraufwand hinsichtlich Struktur, Personal und die intensivierte Betreuung dieser Patienten (ohne und mit Wunde), resultiert langfristig ein sonst nicht mögliches Engagement der Ärzte (Fußbehandlungseinrichtungen) hinsichtlich der erforderlichen, spezialisierten Versorgung von Menschen mit DFS.

Eine wichtige und dringende Empfehlung der AG Fuß:

  • an die ambulanten Fußbehandlungseinrichtungen: Benötigt ein Patient mit DFS aus Ihrer Einrichtung eine stationäre Behandlung wegen des DFS, empfehlen Sie die klinische Behandlung in einer geeigneten klinischen Fußbehandlungseinrichtung (Diagnostik und Behandlungs leitlinienorientiert).

  • an die klinischen Fußbehandlungseinrichtungen: Achten Sie darauf, dass zu entlassende Patienten mit DFS in einer geeigneten ambulanten Fußbehandlungseinrichtung weiter versorgt werden (Erhalt der Remission, Reduktion von Rezidiven, chronische Langzeitbetreuung).

Das DFS ist eine chronische, nicht heilbare Krankhheitsentität mit hoher Krankheitslast – auch ohne Amputation. Das Risiko einer Behandlungsverzögerung und Amputation bei einem Menschen mit akuter DNOAP oder einem neuro-ischämischen, infizierten Fuß ist in einer nicht spezialisierten Einrichtung höher als in spezialisierten Einriuchtungem. Nach der Wundheilung befindet sich der Mensch mit seinem Fuß/DFS in Remission und es besteht bei unzureichender Nachbetreuung ein erhöhtes Rezidivrisiko.

Jahrestagung 2024

Vom 23.-24. Februar 2024 findet die nächste Jahrestagung der AG Fuß mit Präsentation und Diskussion der Zertifizierung in Osnabrück statt (Tagungsleiter: Dr. Florian Thienel).

Mailadressen
  • Zertifizierung: fussbehandlung@ddg.info
  • AG Fuss allgemein: info@ag-fuss-ddg.de

Autor:
Dr. Joachim Kersken Rheine
Arzt für Innere Medizin / Diabetologie
Zentrum für Kardiologie und Diabetologie/Fußbehandlungseinrichtung DDG, 48268 Greven
Früherer Chefarzt der Klinik für Diabetologie im Klinikum Westmünsterland Ahaus/Stadtlohn mit Schwerpunkt Diabetischer Fuß (zwischenzeitlich wurde die Klinik als eigenständiger Bereich aufgelöst).


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2023; 35 (5) Seite 29-31