Kaum jemand in Deutschland beschäftigt sich schon so lange mit dem Thema Diabetes wie Professor Dr. Hellmut Mehnert. Bereits im Jahr 1968 wurde er Vorstand der Forschergruppe Diabetes in München und hat seitdem viele Ämter in der Diabetologie bekleidet und Funktionen ausgeübt. Viele Organisationen haben ihn zum Ehrenmitglied ernannt.

So ist es kein Wunder, dass er sich trotz seines Ruhestands im Unruhestand befindet – sich aktiv bei Kongressen und anderen Veranstaltungen beteiligt und sein umfang- und facettenreiches Wissen einbringt.

Auch in Artikeln bringt er viele Themen zur Sprache – sei es medizinischer Natur oder auch historisch. Und so bereiten wir auch Ihnen, den Lesern von "Diabetes, Stoffwechsel und Herz", den Genuss, seine Artikel zu lesen.

Gibt es wirklich ein diabetisches Herz, also eine Erkrankung des wichtigsten Organs? Diese Frage ist zu bejahen, da eine Kombination verschiedener Risikofaktoren zu diesem Krankheitsbild des diabetischen Herzens beiträgt.

Linksventrikuläre Dysfunktion

Zunächst einmal ist die linksventrikuläre Dysfunktion zu benennen, die bei der häufigen Hypertonie im Rahmen des Vaskulär-Metabolischen Syndroms bei Diabetikern bevorzugt auftritt. Dieser Risikofaktor lässt sich mit entsprechenden Antihypertonika (z. B. Sartanen sowie Diuretika) gut behandeln.

Erhöhte Blutzucker- und Blutfettwerte

Zum anderen ist festzustellen, dass die bei Diabetikern erhöhten Blutzucker- und Blutfettwerte eine entsprechende nachteilige Wirkung auch auf das Herz haben. So führt die Glykierung der Proteine zu einem nachteiligen Effekt auf die Pumpfunktion des Herzens, und die freien Fettsäuren sind als Risikofaktor ebenfalls erhöht. Wichtig zu wissen ist, dass das diabetische Herz auch mit einer Mikroangiopathie einhergeht, wie schottische Autoren an Lebenden mit Biopsien feststellten und wie der Pathologe sie immer wieder beschreibt.

Makroangiopathische Schädigung am wichtigsten

Am wichtigsten ist sicher die makroangiopathische Schädigung im Sinne der koronaren Herzkrankheit. Hier hat sich ja gezeigt, dass, wie Schramm und andere Autoren beweisen konnten, allein das Vorliegen eines Typ-2-Diabetes einen Risikofaktor darstellt: In vier Gruppen unterteilt, zeigte sich natürlich, dass Nichtdiabetiker ohne koronare Herzkrankheit am günstigsten abschnitten im Vergleich zu den am schlechtesten abschneidenden Typ-2-Diabetikern mit koronarer Herzkrankheit. Wichtig aber ist, dass Nichtdiabetiker mit koronarer Herzkrankheit im Vergleich zu Diabetikern ohne koronare Herzkrankheit gleich schlecht abschneiden. Der Typ-2-Diabetes ist also per se ein Risikofaktor, auch wenn noch keine koronare Herzkrankheit vorliegt.

Autonome Neuropathie

Als letzter, aber sehr wichtiger Faktor für das diabetische Herz ist die autonome Neuropathie anzusehen, die nicht selten mit Rhythmusstörungen einhergeht. Sehr wichtig als schlimmer Risikofaktor hat eine gleichzeitige Hypoglykämie zu gelten, die nicht selten in Kombination mit den Rhythmusstörungen bedingt durch die Neuropathie in der Nacht zu Todesfällen führen kann (dead in bed).

Wichtiger Bestandteil diabetischer Angio- und Neuropathien

Es hat sich also gezeigt, dass das diabetische Herz ein wichtiger Bestandteil der diabetischen Angiopathien und Neuropathien ist und dementsprechend sorgfältig behandelt werden muss. Mit Gliflozinen (Empagliflozin u. ä.) lässt sich die kardiovaskuläre Mortalität um 38 %, die Gesamtmortalität um 32 % sowie die Mikroangiopathierate um 35 % und Hospitalisierungsrate um jeweils 35 % senken, wie die EMPA-REG-OUTCOME-Studie mit ihren geradezu sensationell günstigen Ergebnissen erwies.



Korrespondenzadresse
Prof. Dr. Hellmut Mehnert
Forschergruppe Diabetes e. V.
Drosselweg 16
82152 Krailling

Erschienen in: Diabetes, Stoffwechsel und Herz, 2020; 29 (6) Seite 362