Neue Daten belegen, dass Patientinnen mit einer Präeklampsie ein deutlich erhöhtes kardiovaskuläres Risiko in ihrem weiteren Leben aufweisen. Das Risiko ist um den Faktor 1,8 erhöht und die American Heart Association hat die Präeklampsie als einen neuen, wichtigen Risikofaktor aufgenommen.
Häufigste Ursache für Morbidität und Mortalität in der Schwangerschaft
Präeklampsie ist definiert als das Neuauftreten von Hypertonie und Proteinurie im 3. Trimenon. Dieses schwangerschaftsspezifische Syndrom, welches mit 2 bis 8 % sehr häufig auftritt, stellt die häufigste Ursache für mütterliche und kindliche Morbidität und Mortalität in der Schwangerschaft dar. Die Ursache für Präeklampsie ist nach wie vor nicht bekannt.
Präeklampsie ist mit der Entbindung nicht vorüber
Neuere Klassifikationen teilen die Präeklampsie in eine frühe (vor der 34. Schwangerschaftswoche) und eine späte (nach der 34. Schwangerschaftswoche) ein. Die frühe Präeklampsie wird eher durch eine Plazentastörung induziert, die zu Hypoxie und Antiangiogenese führt, die andere (mütterliche Präeklampsie) oft durch die klassischen Risikofaktoren wie Übergewicht, Diabetes, Alter und Hypertonie vor der Schwangerschaft. In alten Lehrbüchern steht noch geschrieben, dass die Präeklampsie mit der Entbindung vorüber ist. Dies ist durch die Forschung in den letzten Jahren mit Sicherheit widerlegt worden. Ungefähr 80 % der Patientinnen mit Präeklampsie entwickeln in den darauffolgenden 20 Jahren eine Hypertonie.
Kardiologische Nachsorge nach Präeklampsie fehlt
Mit dem Wissen, dass Patientinnen mit erlittener Präeklampsie ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko aufweisen, wird eine klassische Lücke im Gesundheitssystem deutlich. Die Patientinnen werden nach der Schwangerschaft als gesund vom betreuenden Geburtshelfer entlassen und in einem Zeitfenster von mehreren Jahrzehnten werden diese Patientinnen nicht fachgerecht betreut – wertvolle Zeit, die man nutzen könnte, um das kardiovaskuläre Risikoprofil zu verbessern.
Erste Anlaufstelle: hypertensiologisch tätige Mediziner
Die erste Anlaufstelle wird in vielen Fällen der hypertensiologisch tätige Mediziner sein. Insofern ist für ihn das Wissen um die neuen kardiovaskulären Abnormitäten während und nach einer präeklamptischen Schwangerschaft besonders wichtig.
Pathologische Echokardiographie bei Präeklampsie
Während der Präeklampsie zeigen Patientinnen einen deutlich erhöhten peripheren Gefäßwiderstand und einen gesteigerten Sympathikotonus. Aufwendige und standardisiert durchgeführte Echokardiographien zeigten, dass fast 40 % der Patientinnen mit Präeklampsie eine globale diastolische Dysfunktion des linken Ventrikels aufwiesen. Eine pathologische Echokardiographie wiesen allerdings auch 14 % der gesunden Schwangeren am Ende der Schwangerschaft auf. Dies reflektiert die unglaubliche Volumenbelastung, die eine Schwangerschaft über 9 Monate mit sich bringt. Von den präeklamptischen Patientinnen mit einer pathologischen Echokardiographie zeigten ca. 30 % schwerere pathologische Veränderungen, wie auch eine eingeschränkte systolische Pumpfunktion. Diese waren vor allen Dingen bei Patientinnen mit früher Präeklampsie zu beobachten.
Noch 2 Jahre nach Schwangerschaft kardiovaskulär auffällig
Besonders bemerkenswert sind die Untersuchungen ca. 2 Jahre nach der präeklamptischen Schwangerschaft. Es wurden nur Patientinnen eingeschlossen, die keine Hypertonie aufwiesen. Eine diastolische Dysfunktion war in 28 % nachweisbar, während es 4 % bei Kontrollschwangerschaften waren. Eine myokardiale Relaxationsstörung war sogar in 59 % noch vorhanden. Diese Daten sind im August diesen Jahres in der Zeitschrift Circulation in einem lesenswerten Übersichtsartikel zusammengefasst worden. Sie sind in einem Zentrum erhoben worden und bedürfen mit Sicherheit noch der Bestätigung in größeren Multizentrumsstudien und Kollektiven. Sie zeigen aber, dass die kardiovaskulären Adaptionsvorgänge in der normalen Schwangerschaft (physiologische Hypertrophie) von Kardiologen nicht ausreichend untersucht sind. Folgerichtig sind die ausgeprägten myokardialen Veränderungen erst vor kurzem aufgefallen.
Noch unklar: Was ist Ursache und was Folge?
Unklar ist, ob die kardialen Veränderungen nur Folge der präeklamptischen Belastungen des kardiovaskulären Systems sind oder ob die kardiale Dysfunktion auch zum Entstehen des Syndroms der Präeklampsie während der Schwangerschaft beitragen. Zudem ist noch unklar, ob therapeutische Interventionen wie die Blockade des Renin-Angiotensin-Systems (RAS-Blockade) erfolgen sollte, wenn die Patientinnen eine pathologische Echokardiographie aufweisen. Formal sind solche Patientinnen nach den neuen Leitlinien im Herzinsuffizienzstadium B.
Erschienen in: Diabetes, Stoffwechsel und Herz, 2014; 23 (5) Seite 292-293