Die Diabetesbehandlung ist eine Herausforderung für das Krankenhaus-Informationssystem (KIS). Wie man das im Herz- und Diabeteszentrum Bad Oeynhausen löst, darüber berichten Dr. Lee-Barkey und Lars Jording.
Die Diabetes-Therapie im Rahmen einer stationären Behandlung stellt eine Herausforderung für das Krankenhaus Informationssystem (KIS) dar. Denn sowohl die Dosierung als auch die Dokumentation der verschiedenen Insulin-Regime ist essentiell für die Therapiesicherheit der Betroffenen mit Diabetes.
Vorbei sind die Zeiten, in der mit rotem und blauen Kugelschreiber die verschiedenen Insulinarten in die Papierkurve des Patienten von jedem Behandelnden rein geschrieben werden konnte.
Digitalisierung der Insulin Anordnung und Dokumentation
In vielen Kliniken wird eine digitale Patientenakte verwendet und somit ist die Anordnung der Diabetesmedikation ebenso hier abzubilden. Es wird eine sichere und zeitnahe Darstellung der Diabetes Medikamente in der digitalen Patientenakte inklusive der Insuline gefordert. Die Anordnung der oralen Antidiabetika ist bereits gesetzt.
Bei der Insulintherapie wird es durch die verschiedenen Therapieschemata (CT, ICT, CSII) auch bei nicht diabetologischen Stationen schwierig die Darstellung sowohl für den Therapeuten als auch für die Ausführenden forensisch sicher darzustellen.
Mit der Komplexität der Insulintherapie wird auch die Verordnung aufwendiger.
In unserer Klinik für Diabetologie, Endokrinologie und Gastroenterologie des Herz und Diabeteszentrums Bad Oeynhausen ist die Situation außerordentlich speziell. Durch intensive Zusammenarbeit mit unserer IT und jahrelanger Feinjustierung wurden für jegliche Verabreichungsformen zuverlässige, dynamische Therapieschema entwickelt. Diese ist auf die instanten Dosisanpassungen sowohl durch den Arzt als auch durch Diabetesberater:innen abgestimmt.
Insulinschema (links), ICT-Faktorenplan (rechts).
Dosisänderungen können zu jeder Zeit erfolgen und digital gespeichert werden.
Die ausführenden Pflegekräfte können den aktuellsten Dosierungsplan des Patienten verwenden und so die richtige zuletzt angeordnete Dosis verwenden.
Für Patienten mit einer intensivierten Insulintherapie kann sowohl ein Dosierungsschema mit verschiedenen Insulin Abstufungen in Abhängigkeit der Blutglukose (z.B. 7 IE bei 150 mg/dl) verwendet werden. Für Patienten, die das Insulin nach Faktoren gewichten, kann dies in einem sogenannten ICT Faktoren Plan dargestellt werden, dieses wird am häufigsten von Menschen mit Typ-1-Diabetes benutzt.
In den Insulin-Dosierungsschemata erscheint auch die Kohlenhydrat-Menge (BE, Broteinheiten) zu jeder vom Patienten gewählten Mahlzeit. Änderungen der Nahrungszufuhr können ebenso unmittelbar im Insulinschema adjustiert werden.
Der Vorteil dieser Insulinschemata im KIS ist, dass wir von allen Stellen der weitläufigen Klinik die Therapiepläne einsehen, dynamisch verändern, ausdrucken, dem Patienten, dem Pflegepersonal, und auch den Angehörigen aushändigen können. Durch die digitalen Insulin Pläne wird auch sichergestellt, dass der Patient bei einer Wiederaufnahme auf seinen alten Therapieplan zurückgreifen kann. Besonders vorteilhaft ist diese Vorgehensweise bei den Abteilungen (z.B. Kardiochirurgie) außerhalb der Diabetesklinik.
Basalratenschema zur Dokumentation.
Die Pflegenden auf den chirurgischen und kardiologischen Stationen sind ebenso mit den Therapieschemata vertraut und können dadurch insulinbehandelte Diabetiker umsichtig versorgen.
Besonders wichtig ist auch, dass nach Verabreichung der Insulinmenge eine Dokumentation in der Patientenkurve erfolgt. Diese ist allen Mitgliedern des Behandlungsteams zugänglich und ermöglicht eine schnelle Kommunikation der Therapieanpassung. Regelmäßigen Blutglukosekontrollen ermöglichen dem Therapeuten eine Schlussfolgerung für die nächste Insulin Verabreichung.
Verabreichungsdokumentation.
IT-gestützte Insulintherapie
Zur Erfüllung dieser Zielsetzung wurden, in langjähriger enger Abstimmung zwischen der IT und dem Diabeteszentrum, die notwendigen Anordnungs- und Verabreichungsdokumentationen entwickelt, sowie eine möglichst optimale Darstellung für die Visiten verwirklicht.
Grundsätzlich setzt das HDZ NRW für die Verordnung und Verabreichung von Medikamenten auf die aktuellste Lösung der ORBIS Medikation von Dedalus Healthcare. Die Vorteile dieser Lösung sind vielfältig, da es über die Verordnung und Verabreichung der Medikation hinaus, auch eine Arzneimitteltherapiesicherheit, eine Anbindung an Unit-Dose-Automaten, Workflows für das Stellen von Medikamenten, uvm. bietet. Es wird ebenfalls an einer Lösung zur Anordnung und Verabreichung von Insulinen gearbeitet und die aktuelle Version kann einfache Pläne bereits abbilden, um jedoch die Diabetestherapie auf Spezialzentrumsniveau wie im HDZ NRW zu ermöglichen, muss bis auf weiteres noch auf die jahrelang verbesserte Speziallösung der internen IT gesetzt werden. Diese bietet primär zur Dokumentation der Verordnung drei Formulare.
Individuelle Bedürfnisse berücksichtigen
Jedes der drei Schemata bildet die individuellen Bedürfnisse der stationären Insulintherapie detailliert ab, sodass durch verschiedenste Detailfeatures (Zugriff auf aktuelle Blutzuckerwerte, Übernahme der Broteinheiten je Mahlzeit aus Küchensystem ORBIS CUVOS, Vorbelegung von Standardschemata, usw.) schnell und dennoch auf den Punkt die notwendige Therapie veranlasst oder verändert werden kann. Durch die Anlage oder Veränderung der Schemata wird im ORBIS eine Arbeitslisten-Benachrichtigung für die Pflege ausgelöst, wodurch die Kommunikation zwischen Arzt und Pflege sichergestellt wird. Im Rahmen der ORBIS-Patientenkurve wurde ein Bereich explizit für die Diabetestherapie eingerichtet. Hier werden sowohl alle wichtigen Einflussfaktoren auf und durch die Insulintherapie für Visiten dargestellt, als auch die Verabreichungsdokumentation durch die Pflege mit Zugriff auf das aktuellste Schema ermöglicht. Ein elementarer Bestandteil für die optimierte Kurvenansicht ist die Flexibilität der ORBIS-Patientenkurve, aufgrund derer z.B. die Darstellung der Point-Of-Care Blutzuckerwerte sowohl in einem horizontalen, als auch vertikalen Zeitbezug präsentiert werden können. Hierdurch kann die Vergleichbarkeit der Messungen in identen Zeitfenstern bei unterschiedlicher Anzahl an Messungen je Tag nicht nur graphisch, sondern auch in numerischen Werten auf einen Blick präsentiert werden.
Fazit aus medizinischer Sicht
Mit dynamischer und zuverlässiger Darstellung der Insulintherapie durch unsere Schemata können wir eine optimale Blutzuckerkontrolle im stationären Setting erreichen. Dies bietet vor allem den multimorbiden Patienten mit der Notwendigkeit eines chirurgischen Eingriffes (z.B. koronare Bypass und Klappen Operationen, Fuß Operationen) eine Therapie Sicherheit. Es wird sichergestellt, dass der Patient in jeder Fachabteilung seine häusliche Insulintherapie nahtlos und zuverlässig mit Unterstützung der Pflegekräfte fortsetzen kann. Durch digitale Dokumentation und Darstellung der Insulinpläne wird das stationäre Diabetesmanagement deutlich erleichtert, die Patientensicherheit und die Qualität der Behandlung gewährleistet. Dies kann helfen den Stellenwert der stationären Diabetologie zu stärken.
- Regionales Schwerpunktkrankenhaus
- Stationäre Diabetesbehandlung im HDZ NRW
- Diabetesdokumentation: Sprung ins Krankenhaus
|
|
|
|
Erschienen in: Diabetes-Forum, 2024; 36 (10) Seite 14-16