Am Universitätsklinikum Ulm (UKU) sind eine Sektion für Interdisziplinäre Pankreatologie (Klinik für Innere Medizin I) sowie ein Institut für Molekulare Onkologie und Stammzellbiologie (IMOS) neu gegründet worden. Die Verknüpfung der beiden Bereiche ermöglicht gezielte Grundlagenforschung vererbbarer, sporadischer und erworbener Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse sowie translationale Forschung und hochspezialisierte Krankenversorgung, heißt es in einer Pressemitteilung des Klinikums.
Leiter der neuen Sektion für Interdisziplinäre Pankreatologie ist Prof. Dr. Alexander Kleger, der zudem den Direktionsposten am Institut übernimmt. Dort beschäftigt sich eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern und Medizinern mit der Entwicklung der Bauchspeicheldrüse, der Erforschung des Diabetes und des Bauchspeicheldrüsenkrebs. „Wir haben hier gemeinsam eine starke Laborkultur sowie ein dynamisches Forschungsumfeld geschaffen und untersuchen im Team vererbbare, sporadische und erworbene Bauchspeicheldrüsenerkrankungen“, erklärt Kleger. Das IMOS arbeitet dabei eng mit der Sektion für Interdisziplinäre Pankreatologie (SIP) zusammen, die als eine klinisch hochspezialisierte Schnittstelle zwischen dem IMOS, der Klinik für Innere Medizin I und der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie dienen soll.
Prof. Dr. Alexander Kleger
Die Zellplastizität, also die stetige Anpassung von Zellen an sich verändernde, krankheitsbedingte Umgebungen, spielt eine wesentliche Rolle bei Bauchspeicheldrüsenentzündungen, dem Bauchspeicheldrüsenkrebs und der Entstehung von Diabetes, heißt es in der Pressemitteilung des Klinikums. Die dabei ablaufenden Prozesse basieren auf molekularen Programmen mit teils starker Ähnlichkeit zur frühen embryonalen Entwicklung des Pankreas. Aufgrund dieser Ähnlichkeiten entwickelt das IMOS neue Krankheitsmodelle, um die Ursachen der Krankheitsvorgänge und Funktionsstörungen eines Organs zu entschlüsseln und innovative, personalisierte Therapien zu finden.
Eine zentrale Säule hierbei bilden pluripotente Stammzellen, aus welchen organähnliche Strukturen, sogenannte Bauchspeicheldrüsen-Organoide, entwickelt werden. Diese können durch Gen-Editierung beispielsweise mutationsspezifische Tumore der Bauchspeicheldrüse ausbilden, Krebsentstehungen auf diese Weise nachvollziehbar machen und womöglich neue therapeutische Angriffspunkte aufzeigen. Den Forschenden des IMOS gelang es erst kürzlich, unter Verwendung solcher „Bauanleitungen“ Gendefekte zu entdecken, die zur Fehlfunktion der Insulin-Produktion in den Insulin-produzierenden Betazellen führen. Diese Arbeiten konnten die IMOS-Forschenden unter anderem in renommierten Fachzeitschriften wie Cell Stem Cell oder auch Nature Medicine veröffentlichen.
Diese Kombination von zukunftsweisenden Krankheitsmodellen mit entscheidenden Fortschritten im Tissue Engineering, also der Entwicklung von immer besser werdenden Bauanleitungen zur Gewebezüchtung der Bauchspeicheldrüse, werden am IMOS in absehbarer Zeit hoffentlich noch weitere personalisierte Ansätze der Patientenversorgung bei Bauchspeicheldrüsenerkrankungen auf der Grundlage einer individualisierten Diagnostik und Therapie ermöglichen können, so das Klinikum. „Unser Ziel ist es, auf allen Ebenen – von der Grundlagenforschung bis hin zur klinischen Anwendung – international anerkannte Forschungsbeiträge zu leisten, um wichtige Entwicklungen für die personalisierte Präzisionsmedizin in der Pankreatologie und Onkologie zu erreichen“, erklärt Prof. Kleger. Außerdem ist das IMOS lehrverantwortlich für die Spezialisierung Molekulare Onkologie im Masterstudiengang für Molekulare Medizin an der Universität Ulm und bildet Bachelor-, Master-, Medizinstudierende und Doktoranden in allen biowissenschaftlichen Disziplinen aus, um letztlich leistungsstarke medizinische und klinische Wissenschaftler hervorzubringen.
Die Sektion für Interdisziplinäre Pankreatologie (SIP) biete Patientinnen und Patienten eine hochspezialisierte, viszeralmedizinische Maximalversorgung von Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse auf dem neuesten wissenschaftlichen Stand, schreibt die Pressestelle. Dabei stelle die SIP das gesamte Leistungsspektrum pankreatologischer universitärer Viszeralmedizin sicher. Ein besonderer Schwerpunkt hierbei sind gutartige Pankreaserkrankungen, wie zum Beispiel die autoimmune oder genetische Pankreatitis sowie Pankreaszysten, die Vorstufen für Bauchspeicheldrüsenkrebs sein können.
Unterstützt wird Prof. Kleger in Zukunft von Oberarzt PD Dr. Lukas Perkhofer sowie einem Team von Fach- und Assistenzärztinnen und -ärzten. In der Viszeralmedizin werden Betroffene mit Erkrankungen der Bauch- und Verdauungsorgane behandelt, um so für einen optimalen Behandlungserfolg das Zusammenspiel zwischen Gastroenterologie sowie Allgemein- und Viszeralchirurgie zu ermöglichen.
Dieses Zusammenspiel wurde in der SIP auch in der Organisationsstruktur verankert: Die internistisch, pankreatologische Seite wird von Sektionsleiter Prof. Kleger vertreten, die chirurgisch, pankreatologische Seite von Prof. Dr. Marko Kornmann, stellv. Leiter der SIP und stellv. Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am UKU. „So können wir unsere Patientinnen und Patienten ohne Zeitverzögerung interdisziplinär und hochspezialisiert behandeln und wiederholte Termine bündeln. Sämtliche Diagnostik und Therapien entsprechen den aktuellen Standards und Leitlinien und die jeweiligen Behandlungspfade werden individuell im Vorfeld festgelegt“, betont Prof. Kleger. Ein Großteil der patientenspezifischen Entscheidungen in der SIP wird im Rahmen sogenannter „Boardstrukturen” nach ausführlicher Sichtung und multidisziplinäre Diskussion aller Befunde sowie Demonstration des entsprechenden Bildmaterials – zum Beispiel Computertomographie oder Kernspintomographie – gefällt.
„Ich freue mich, dass wir nun mit der Gründung des Instituts für Molekulare Onkologie und Stammzellbiologie die Möglichkeit haben, die Erforschung sowie Behandlung von Bauchspeicheldrüsenerkrankungen zu vertiefen. Besonders ist außerdem die simultane Etablierung der Sektion für Interdisziplinäre Pankreatologie, die eine vielversprechende Zusammenarbeit begünstigt“, sagt Kleger. „Ich bin gespannt auf meine neuen Aufgaben und die Perspektiven, die diese Synergien in Zukunft hervorbringen werden“, so der Institutsdirektor und Sektionsleiter.
Quelle: Universitätsklinikum Ulm | Redaktion