Vom 8. bis 14. Februar 2023 fand die 13. Arbeitskonferenz des Pharmaceutical Care Network Europe (PCNE) in Hillleroed (DK) statt. Das intensive Programm der internationalen Arbeitskonferenz: 5 Workshops von je 12 Stunden Dauer, 4 Plenarvorträge von internationalen Experten und die Diskussion von 58 zugelassenen Posterbeiträgen.

Aus allen eingegangenen Abstracts wurden 8 für eine Kurzpräsentation ausgewählt. Den Preis für den besten Vortrag erhielten ex-aequo zwei Forscherinnen aus der Schweiz: Noelia Amador-Fernandez von der Universität Lausanne (Barriers and facilitators for the implementation of a pharmacist prescribing service in Switzerland) und Fine Dietrich von der Universität Basel (Effect of an intake aid with reminder function on timing adherence to direct oral anticoagulants in stroke patients –a randomised cross-over trial).Die beste Posterpräsentation und den PCNE Posteraward ging an Viktoria Jungreithmayr, Universität Heidelberg für den Beitrag: «Impact of collaborative practice between pharmacists and general practitioners as a key for medication mismanagement of elderly cardiovascular patients.»

Starke Verbindung

Die starke Verbindung zwischen Forschung und Praxis wurde in Vorträgen über neue Dienstleistungen und die Weiterentwicklung der Apothekenpraxis intensiv diskutiert. Die Themen "Pharmacist prescribing» und «e-prescribing" wurden in Beiträgen aus Grossbritannien Dänemark, Schweden und der Schweiz und in einem Workshop mit dem Titel «Pharmacist prescribing in Europe: are we ready?» vertieft und unter den TeilnehmerInnen eingehend diskutiert. Während Mentalisierung (Mentalizing) in der Psychotherapie als Methode bereits gut verankert ist, war sehr wertvoll, dass in einem Plenarvortrag, in Kurzreferaten und einem Workshop («Working with pharmacy communication research») aufgezeigt werden konnte, dass mit diesem Ansatz auch die Kommunikation in der Apothekenpraxis bereichert werden kann und soll. Daneben wurden wie in früheren Konferenzen im Workshop zu Adhärenz an einem internationalen Projekt gearbeitet («Medication adherence - Developing a multicentric study in community pharmacy aiming at investigating adherence to polypharmacy with a new self-report questionnaire»). Zudem ist für die PCNE wichtig, dass die Forschung einen wichtigen Raum einnimmt. Dies erfolgte in einem Workshop für junge Forschende (How to upgrade the quality of my pharmaceutical care research ) und in einem sehr lehrreichen methodischen Workshop mit dem Titel «Evaluation of quality indicators for measuring quality of pharmaceutical care".

Mit einem Referat zu «Sustainable Pharmacy and Pharmaceutical Care: two sides of the same coin» verknüpfte Prof. Manfred Müller (Universität Freiburg, DE) einen ganz andern Aspekt zwischen Forschung und Praxis.

Über 100 Forscherinnen und Forscher im Bereich Pharmaceutical Care aus insgesamt 23 Ländern konnten für Ihre Forschung und Praxis wertvolle Erkenntnisse und Impulse mitnehmen und sie blicken zurück auf einen regen Austausch, welcher dank der klausurartigen Tagung im Ausbildungscampus «Pharmakon» der Dänischen Apothekerschaft auf ideale Weise gefördert wurde.

Diabetes war Thema in drei Posterbeiträgen

Prof. J. Hugtenburg (Amsterdam UMC) berichtete über Probleme und Barrieren bei der Implementierung der «INTENSE study", welche in Holland und in UK in einer kontrollierten Studie Interventionen zur Förderung der Medikamenten-Adhärenz bei Diabetes und Hypertonie untersuchen will. Die Folgerung aus dieser Begleitforschung ist, dass für solche Interventionsstudien möglichst einfache Studiendesigns, unkomplizierte Verfahren der Einverständniserklärung und einfache Selektionsverfahren hilfreich wären um ausreichende Fallzahlen zu erreichen. Die Studie ist noch nicht beendet.

Medikationsanalysen

Cathrin Vogt aus dem Team von Prof. H.Seidling (Heidelberg) folgerte aus einer Systematischen Review von Studien zur Wirksamkeit von Medikationsanalysen durch Apotheken in verschiedenen Indikationsgebieten inkl. Diabetes Typ 2, dass Vergleiche der Resultate sowie Metanalysen sehr behindert werden durch unterschiedliche Studiendesigns. Für einen Nachweis der Evidenz wären Standardisierung der Ergebnisparameter und deren Messmethode erforderlich.

Prof. Marina Odalovic (Universität Belgrad) analysierte die arzneimittelbezogenen Probleme, welche bei der Betreuung von Diabetespatienten in 110 Apotheken in Serbien mit der PCNE Klassifikation dokumentiert wurden. Auf Ebene des Medikamentenmanagements durch die Patienten wurde mit Absicht die Anwendung ausgelassen (19%) oder in falscher (zu tiefer) Dosierung (18%) oder zu falschem Zeitpunkt (13%) ausgeführt. Bei 54% der Patienten intervenierten die Apotheken und bei 89% wurden diese Interventionen akzeptiert. Die Dokumentation der Ursachen, Probleme und Interventionen mit der PCNE-Klassifikation erwies sich als ein effektives Hilfsmittel für die Apothekenpraxis.

Wer ist die PCNE?
Das Pharmaceutical Care Network Europe wurde 1994 von europäischen Forschern im Gebiet pharmaceutical care gegründet und umfasst heute 37 europäische Institutionen sowie gegen 200 unabhängige Wissenschaftler. Aus Deutschland sind die ABDA, die Pharmazeutischen Institute oder Departemente der Universitäten Berlin, Bonn, Düsseldorf, Heidelberg und Münster sowie 11 Wissenschaftler Mitglied. Auf den PCNE-Konferenzen werden Forschungsergebnisse präsentiert und besprochen, neue Forschungsprojekte initiiert sowie Standards und Definitionen festgelegt. Die Konferenzen sind offen für Nichtmitglieder, andere Heilberufler und insbesondere für Doktorierende der Pharmazie.


Autor:
Prof. em. Dr. Kurt Hersberger
Professional Secretary PCNE
Holbeinstrasse 33, CH-4051 Basel


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2023; 35 (5) Seite 20-21