Neue Medikamentenentwicklungen sorgen seit vielen Jahren für signifikante Therapiefortschritte bei Bluthochdruckerkrankungen. Ganz neue Entwicklungen sind sogenannte nicht-steroidale Mineralkortikoidrezeptor-Antagonisten [1] sowie die experimentelle Gabe von siRNA [2, 3], um die hepatische Angiotensinogen-Produktion zu stoppen und somit das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) zu hemmen. Aber auch interventionelle Methoden erweitern heute das Spektrum der antihypertensiven Behandlungsmöglichkeiten, wie die kathetergestützte renale Denervation, deren Wirksamkeit eine aktuelle Metaanalyse belegt [4].

Morbidität und Mortalität durch Bluthochdruckerkrankungen sind weltweit von großer Bedeutung. Kardiovaskuläre Erkrankungen entwickeln sich dabei schleichend und können sich als akute Ereignisse wie Schlaganfall und Herzinfarkt, aber auch langsam manifestieren wie beispielsweise durch eine zunehmende Nierenfunktionsminderung (bis zur Dialysepflicht) oder Sehverschlechterung (bis zur Erblindung).

Wenn eine Modifikation der klassischen Lifestyle-Risikofaktoren den Blutdruck nicht ausreichend senkt, wird eine gezielte, in der Regel medikamentöse antihypertensive Therapie empfohlen – aber auch interventionelle Methoden könnten künftig Anwendung finden.

Daten zeigen substanzielle Blutdrucksenkung durch renale Denervierung

Bei der Regelung des Blutdrucks spielen die Nieren eine wichtige Rolle, denn angeregt durch das vegetative Nervensystem (Sympathikusaktivierung) setzen sie blutdrucksteigernde Hormone frei (z. B. Renin). Die entsprechenden sympathischen Neurone ziehen vom Gehirn zu den Nieren, wo sie entlang der Nierengefäße verlaufen. Das minimal-invasive Verfahren der renalen Denervierung zielt darauf ab, punktgenau diese Nervenbahnen zu unterbrechen. Dazu wird unter radiologischer Kontrolle ein spezieller Gefäßkatheter bis in die Nierenarterien vorgeschoben und dort eine gezielte Nervenverödung durchgeführt (elektrisch, mit Ultraschall oder chemischen Substanzen).

Über die Effektivität der Methode wurde viel diskutiert, und sie ist derzeit nur in Studien verfügbar. Eine Metaanalyse [4] zeigte jetzt, dass die renale Denervierung nicht nur in ungeblindeten, sondern auch in geblindeten, randomisierten, placebokontrollierten Studien eine substanzielle Blutdrucksenkung bewirkt. Es wurden sieben Studien mit insgesamt 1.368 Teilnehmenden einbezogen. Nach der renalen Denervierung zeigte sich gegenüber der Placebogruppe (mit Schein-Intervention) eine signifikante Senkung des systolischen und diastolischen Drucks (bei Selbstmessung) von durchschnittlich 3,61 und 1,85 mm Hg sowie bei Praxismessung von 5,86 und 3,63 mm Hg. Der Effekt war unabhängig von einer bestehenden medikamentösen Behandlung.

Bestehende Therapie bei schwieriger Therapiesituation ergänzen

Von mehreren in den letzten Monaten erschienenen Interventionsstudien ist die RADIANCE-Studie [5] besonders interessant, da die renale Denervation zusätzlich zu einer etablierten antihypertensiven Tripletherapie mit sehr guter Adhärenz-Kontrolle durchgeführt wurde – und damit ein additiver blutdrucksenkender Effekt gezeigt werden konnte. Die multizentrische, randomisiert placebokontrollierte SPYRAL HTN-OFF MED Studie [6] hatte bereits zuvor die renale Denervation ohne gleichzeitige medikamentöse Therapie evaluiert. Auch bei Patienten mit therapieresistenter Hypertonie (trotz durchschnittlich fünf antihypertensiver Medikamente) gelang mittels Denervierung [7] eine relevante zusätzliche Blutdrucksenkung, anhaltend über die gesamte Nachbeobachtungszeit von zwölf Monaten.

„Das momentane Fazit ist, dass die renale Denervation prinzipiell einen blutdrucksenkenden Effekt erzielt“, so Prof. Prof. h.c. Dr. med. Markus van der Giet, Berlin. „Der Effekt ist moderat und kann eine bestehende Therapie bei schwieriger Therapiesituation ergänzen. Bisher sind weder prädiktive Erfolgsfaktoren noch die Dauerhaftigkeit der Blutdrucksenkung bekannt; hier bedarf es weiterer Forschung.“

Seit Kurzem Studien mit nicht-steroidalen Aldosteronantagonisten

Die Therapie mit antihypertensiven Medikamenten erfolgt nach einem Stufenschema, gegebenenfalls mit Medikamentenkombinationen. Bei resistenter oder schlecht kontrollierbarer Hypertonie und chronischer Nierenfunktionseinschränkung (CKD) wird der Einsatz sogenannter Mineralkortikoid-Rezeptorblocker (Aldosteronantagonisten) empfohlen. Sie steigern die renale Natriumausscheidung und die Kaliumretention, daher besteht das Risiko von gefährlichen Hyperkaliämien.

Erst seit Kurzem gibt es Studien mit nicht-steroidalen Aldosteronantagonisten (z. B. Finerenon) sowie die jüngst publizierte BLOCK-CKD-Studie [1], eine multizentrische, randomisierte, placebokontrollierte Phase-IIb-Studie mit dem ebenfalls nicht-steroidalen „KBP-5074“. 162 Nierenkranke (CKD Stadium 3b/4) mit einem mittleren systolischen Blutdruck von 155,3 (±13,55) mm Hg erhielten zusätzlich zur Standard-Therapie entweder Placebo oder KBP-5074 (0,25 mg oder 0,5 mg). Nach 84 Tagen war der mittlere Blutdruck unter 0,25 mg KBP-5074 um 7,0 (±3,37) mm Hg und unter 0,5 mg um 10,2 (±3,32) mm Hg gesunken. Bei jeweils zwei Teilnehmenden der der 0,5-mg-Gruppe sowie der Placebogruppe wurde die Studienmedikation wegen einer Hyperkaliämie abgesetzt, ansonsten traten keine relevanten Hyperkaliämien auf.

siRNA: „Nach Jahren des pharmakologischen Stillstands in der Blutdrucktherapie ein neuer Therapieansatz“

Ein ganz neuer, noch experimenteller Therapieansatz ist die Gabe von siRNA („small interfering RNA“). Mit siRNA kann die Expression bestimmter Gene gezielt gehemmt werden. So konnte tierexperimentell schon vor zwei Jahren gezeigt werden, dass durch spezifische siRNA in der Leber die Produktion des blutdrucksteigernden Pro-Hormons Angiotensiogen herabgeregelt und ein über Wochen anhaltender blutdrucksenkender Effekt erreicht wird [2]. Eine aktuelle Arbeit [3] zeigte darüber hinaus, dass bei hypertonen, niereninsuffizienten Tieren das Ausschalten des Leber-Angiotensinogens auch renoprotektive Effekte hatte und beispielsweise eine Glomerulosklerose (bindegewebige Vernarbung der Nieren) aufhalten konnte.

„In den neuen experimentellen Ansätzen mit der siRNA zeigt sich, dass neben der reinen Blutdrucksenkung vor allem auch die Progression einer Nierenerkrankung mit fortschreitender Funktionsverschlechterung deutlich verlangsamt werden kann. Möglicherweise haben wir damit nicht nur eine effektive blutdrucksenkende Therapieoption, sondern gleichzeitig eine, die Endorganschäden effektiv abwenden kann“, erklärt Prof. van der Giet. Wie der Experte betont, stellen siRNA nach Jahren des pharmakologischen Stillstands in der Blutdrucktherapie – die zur Verfügung stehenden Substanzen wurden lediglich verfeinert oder kombiniert – einen neuen Therapieansatz dar, der nun in klinischen Studien validiert werden müsse.


Quelle: Deutsche Hochdruckliga (DHL)