Forschende des Uniklinikums Jena haben in einer aktuellen Studie die molekularen Mechanismen der diabetischen Nephropathie untersucht: Ein Protein, das unter anderem im Fettstoffwechsel in der Niere eine Rolle spielt, trägt bei beiden Diabetestypen zur Nierenschädigung bei – allerdings in unterschiedlicher Weise. Im Tiermodell konnte das Team nachweisen, dass eine verringerte Produktion des Proteins die diabetesbedingten Veränderungen in der Niere reduziert. Dies könnte einen Ansatz für eine zielgerichtete Therapie zum Erhalt der Nierenfunktion liefern.

Bei etwa einem Drittel aller Menschen mit Diabetes zieht die Erkrankung auch die Nieren in Mitleidenschaft. Davon sind gleichsam Patientinnen und Patienten sowohl mit Typ-1- als auch mit Typ-2-Diabetes betroffen. Dauerhaft erhöhte Blutzuckerspiegel führen zu massiven strukturellen Veränderungen der Niere und in der Folge – meist zusammen mit Bluthochdruck – zu Funktionseinschränkungen der Niere. In Deutschland ist das diabetische Nephropathie die häufigste Ursache für chronisches Nierenversagen, das eine Dialyse oder Nierentransplantation notwendig macht.

Das Protein MORG1 beeinflusst eine Vielzahl von Krankheitsmechanismen

Bislang ist bekannt, dass bei beiden Diabetestypen der Fettsäurestoffwechsel in der Niere gestört ist und vermutlich mit den narbenartigen Gewebeveränderungen in den Nierenkanälchen zusammenhängt, die zum fortschreitenden Verlust der Nierenfunktion führen. Das nephrologische Forschungslabor der Klinik für Innere Medizin III am Universitätsklinikum Jena untersucht seit Jahren die Rolle des Proteins MORG1 bei der diabetischen Nierenschädigung:

„Wir wissen, dass MORG1 unter anderem im Signalweg des Zellwachstums und der Regulation der Sauerstoffversorgung in Geweben eine Rolle spielt und damit in einer Vielzahl von Krankheitsmechanismen“, beschreibt die Jenaer Biologin PD Dr. Ivonne Löffler ihren Forschungsgegenstand, „Wir wollten nun herausfinden, ob es auch den Fettstoffwechsel in der kranken Niere beeinflusst.“

Nierenschädliche Effekt bei Mäusen mit reduziertem MORG1 weniger ausgeprägt

Dafür untersuchte die Arbeitsgruppe Mäuse, die nur von einem Elternteil das MORG1-Gen geerbt hatten und deshalb im Vergleich zu normalen Tieren nur etwa dreiviertel des Proteins produzierten. Völlig ohne MORG1 geht es nicht: Tiere, denen dieses Gen komplett fehlt, sind nicht lebensfähig. Im Rahmen ihrer aktuellen Studie untersuchte das Forschendenteam Mäuse mit einer dem Typ-1-Diabetes entsprechenden Erkrankung, mit Typ-2-Diabetes sowie nichtdiabetische Exemplare jeweils mit normalem und reduziertem MORG1. Es verfolgte die molekularen Zellprozesse in den Mäusenieren und konnte in aufwändigen statistischen Analysen relevante Wechselwirkungen nachweisen.

PD Dr. Ivonne Löffler und Eric Jankowski untersuchen Gewebeproben am Mikroskop.

Zunächst bestätigte sich die Erwartung, dass MORG1 den Fettstoffwechsel in den Nieren beeinflusst. Das zeigte sich beispielsweise an den Fettsäuren, die sich diabetesbedingt im Nierengewebe vermehrt ansammeln. „Bei Mäusen mit reduziertem MORG1 war dieser nierenschädliche Effekt jedoch weniger ausgeprägt“, so Medizinstudent Eric Jankowski, der die Analysen im Rahmen seiner Promotion durchführte. „Erstaunlicherweise unterschied sich diese mildernde Wirkung aber bei den beiden Diabetestypen. Während die Reduktion von MORG1 bei Typ 1 vor allem die erhöhte Fettsäureproduktion in den Zellen dämpft, scheint sie bei Typ 2 eher den Fettsäuretransport von außerhalb in die Zelle zu verringern.“

Möglicher neuer Ansatz zur Behandlung der diabetischen Nephropathie

Das reduzierte MORG1 erwies sich auch für weitere Diabetesfolgen in den Nierenzellen günstig: Es wirkt der verminderten Fettsäureoxidation entgegen, verlangsamt die Vernarbungsprozesse und verringert die Fettansammlung im Nierengewebe.

„Es ist uns gelungen, MORG1 als ein wichtiges Element in der Ausbildung der diabetischen Nierenschädigung zu identifizieren. Das bietet einen vielversprechenden Ansatz, um den diabetesbedingten Veränderungen des Lipidstoffwechsels gezielt entgegenzuwirken“, ordnet Prof. Dr. Gunter Wolf, MHBA, Direktor der Klinik für Innere Medizin III, diese Ergebnisse ein. Weitere Forschungsarbeiten sind nun notwendig, um dies zu verifizieren und gegebenenfalls einen Behandlungsoption zu entwickeln.


Originalpublikation:

Jankowski, E.; Wulf, S.; Ziller, N.; Wolf, G.; Loeffler, I. MORG1—A Negative Modulator of Renal Lipid Metabolism in Murine Diabetes. Biomedicines 2022, 10, 30. DOI: 10.3390/biomedicines10010030


Quelle: Universitätsklinikum Jena | Redaktion