Nach einer Mitteilung des Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) sind auch die neuen Daten, die vom Hersteller für eine erneute Nutzenbewertung für Empagliflozin eingereicht wurden, für eine Bewertung des Zusatznutzens in Deutschland ungeeignet. Laut IQWIG fehlen Angaben zu patientenrelevanten Endpunkten sowohl für Empagliflozin in Monotherapie als auch in Kombination mit Metformin.

Empagliflozin (Handelsname Jardiance) ist seit Mai 2014 für Erwachsene zugelassen, die an Diabetes mellitus Typ 2 erkrankt sind und bei denen eine Ernährungsumstellung und Bewegung zur Blutzuckerkontrolle nicht ausreichen. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kam 2014 in seiner Dossierbewertung zu dem Schluss, dass ein Zusatznutzen des Wirkstoffs gegenüber den zweckmäßigen Vergleichstherapien nicht belegt ist. Laut IQWIG hatte der Hersteller teils keine relevanten Daten vorgelegt; teils unterschieden sich nicht nur die Wirkstoffe, sondern auch die Therapiestrategien; den indirekten Vergleichen lagen zudem für die Bewertung ungeeignete Studien zugrunde.

Der Hersteller habe aufgrund "neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse" eine erneute Nutzenbewertung beantragt und zwei Dossiers eingereicht: eines für Empagliflozin allein und eines für Empagliflozin in Kombination mit Metformin. In seinen beiden frühen Nutzenbewertungen stellt das IQWiG fest, dass die Dossiers nach wie vor keine für die Fragestellungen relevanten oder geeigneten Daten und Auswertungen enthalten. Daher ist ein Zusatznutzen von Empagliflozin allein oder in Kombination mit Metformin gegenüber den zweckmäßigen Vergleichstherapien weiterhin nicht belegt. Und die zusätzlich eingereichten Auswertungen der großen Studie EMPA-REG-Outcome seien für eine Bewertung des Zusatznutzens in Deutschland nicht geeignet.

„Dieselben Studien, dieselben Probleme“

Sowohl das Monopräparat als auch die Kombination von Empagliflozin mit Metformin ist jeweils allein oder in Kombination mit anderen blutzuckersenkenden Arzneimitteln einschließlich Insulin zugelassen. Daraus ergeben sich dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zufolge drei respektive vier Fragestellungen. Für fünf dieser sieben Fragestellungen habe der Hersteller erneut keine relevanten Daten vorgelegt, sodass ein Zusatznutzen nicht belegt ist. Für die beiden anderen Fragestellungen liegen eine direkt vergleichende Studie sowie mehrere Studien für indirekte Vergleiche vor, die alle bereits 2014 im Dossier oder im Stellungnahmeverfahren angeführt wurden.

Die Bewertung der Daten aus dem direkten Vergleich sei inhaltlich unvollständig, heißt es weiter in der Mitteilung des IQWIG. Insbesondere fehlten demnach Angaben zu spezifischen unerwünschten Ereignissen, bei denen sich ein Nachteil von Empagliflozin gegenüber der Vergleichstherapie zeigte. Denselben Mangel sieht das Institut in den Angaben zu einem der indirekten Vergleiche; außerdem stellt es Widersprüche zu den Studienberichten fest. Der zweite indirekte Vergleich sei nicht verwertbar, da die verglichenen Studien einander nicht ausreichend ähneln und zum Teil erneut Therapiestrategien statt Wirkstoffe verglichen worden seien.

Somit könne weder für das Monopräparat noch für die Fixkombination ein Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen von Empagliflozin gegenüber den zweckmäßigen Vergleichstherapien festgestellt werden.

Studie EMPA-REG-Outcome für Bewertung des Zusatznutzens ungeeignet

"Zusätzlich enthalten beide Dossiers eine Beschreibung der Studie EMPA-REG-Outcome, mit der der Hersteller eine selbstgestellte Frage beantworten möchte, nämlich ob Empagliflozin (allein oder mit Metformin) zusätzlich zu einer Standardbehandlung Patientinnen und Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko einen Zusatznutzen gegenüber einer reinen Standardbehandlung plus Placebo bietet",heißt es weiter in der Miteilung.

Jedoch könne die antidiabetische Therapie in dieser Studie nicht als Standardtherapie bezeichnet werden, da weder die blutzuckersenkende Therapie in der erforderlichen Weise eskaliert worden sei, noch die in Leitlinien genannten oberen Grenzwerte konsequent beachtet.

Effekte zugunsten von Empagliflozin vor allem in Lateinamerika und Asien

Außerdem fallen laut IQWIG deutliche regionale Unterschiede auf: Effekte zugunsten von Empagliflozin traten demnach vor allem in Studienzentren in Lateinamerika und Asien auf, während in Europa teils Vorteile, teils Nachteile von Empagliflozin sichtbar waren. Die Studie adressiert schließlich weder die Fragestellungen des G-BA noch die dort festgelegten zweckmäßigen Vergleichstherapien.

Thomas Kaiser, Leiter des Ressorts Arzneimittelbewertung im IQWiG, kommentiert: "Man kann nur begrüßen, dass so große und lange und damit potenziell aussagekräftige Studien durchgeführt werden. Aber in der Durchführung gibt es unübersehbare Mängel. In Fachkreisen wurden große Hoffnungen in diese Studie gesetzt, zumal sie im Gegensatz zu anderen großen Endpunktstudien vordergründig positiv ausfiel. Eine gründliche Analyse der Studie und die Ergebnisse bei den europäischen Teilnehmern bestätigen diesen Eindruck jedoch nicht."

G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

Die Dossierbewertungen sind Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der G-BA verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertungen führt der G-BA Stellungnahmeverfahren durch und fasst abschließende Beschlüsse über das Ausmaß des Zusatznutzens.

Weitere Informationen finden Sie hier.


Quelle: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

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