Wie das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mitteilt, sind die eingereichten Studien nach Auswertung nicht geeignet, Vor- oder Nachteile der Therapie mit Saxagliptin bzw. der Kombination Saxagliptiin/ Metformin zu positiven oder negativen Effekten gegenüber Vergleichstherapien zu treffen.
Saxagliptin (Handesname Onglyza) ist für Erwachsene mit Diabetes mellitus vom Typ 2 zugelassen, bei denen Ernährungsumstellung und Bewegung einen erhöhten Blutzuckerspiegel allein nicht ausreichend senken. Die Fixkombination mit Metformin ist unter dem Namen Komboglyze im Handel. Sowohl das Monopräparat als auch die Fixkombination haben bereits 2013 frühe Nutzenbewertungen durchlaufen, die mit befristeten Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) endeten. Die Fristen verlängerte der G-BA 2015 um ein Jahr.
Wie in der Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung vorgesehen, hat der Hersteller nach Fristende nun neue Dossiers eingereicht. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat daher erneut untersucht, ob der Wirkstoff und die Wirkstoffkombination für die Patientinnen und Patienten Vorteile oder Nachteile gegenüber den zweckmäßigen Vergleichstherapien hat. Das Fazit: Weder für das Monopräparat noch für die Fixkombination ist ein Zusatznutzen belegt.
Vier zweckmäßige Vergleichstherapien
Saxagliptin kann mit Metformin und je nach Indikation mit weiteren Wirkstoffen kombiniert werden, insbesondere mit Insulin und Sulfonylharnstoffen. Der G-BA hat daher für das Monopräparat zwischen vier und für die Fixkombination zwischen zwei Fragestellungen unterschieden und zweckmäßige Vergleichstherapien festgelegt, die aus Sulfonylharnstoffen, Metformin, Humaninsulin und Kombinationen dieser Wirkstoffe bestehen.
Eine Studie für alle Fragestellungen
Für den Nachweis eines Zusatznutzens der freien oder festen Zweierkombination Saxagliptin plus Metformin bezog sich der Hersteller zum einen auf dieselben beiden Studien, die das IQWiG bereits in seiner ersten Bewertung untersucht und daher nicht erneut ausgewertet hat (siehe Dossierbewertungen A12-16 und A13-01 sowie Addendum A13-14).
Zum anderen legte der Hersteller für alle Fragestellungen Daten aus der Studie SAVOR-TIMI 53 vor. Diese mehrjährige randomisierte kontrollierte Studie mit Patientinnen und Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko hatte zwei Ziele: Für die dauerhafte Zulassung sollte ausgeschlossen werden, dass unter Saxagliptin mehr kardiovaskuläre Ereignisse auftreten als unter Placebo. Für die Nutzenbewertung sollte gezeigt werden, dass Saxagliptin kardiovaskuläre Ereignisse gegenüber den Vergleichstherapien reduziert.
Da in die Studie Patienten mit unterschiedlichen Vorbehandlungen eingeschlossen wurden, ist ihre Gesamtpopulation größtenteils nicht zur Beantwortung der einzelnen Fragestellungen geeignet. Der Hersteller hat daher auch Auswertungen zu Teilpopulationen vorgelegt.
Auswertungen zu Teilpopulationen für Fragestellungen ungeeignet
Keine dieser Auswertungen ist jedoch zur Bewertung eines Zusatznutzens geeignet. So wurden für mehrere Fragestellungen sehr unterschiedlich große Teilpopulationen ausgewählt. In einem der Vergleiche standen beispielsweise 1299 (15,7 Prozent) der Patienten aus der Saxagliptin-Gruppe 39 (0,5 Prozent) der Patienten aus der Vergleichsgruppe gegenüber. Bei so unterschiedlichen Anteilen ist die für eine Bewertung erforderliche Strukturgleichheit zwischen den Studienarmen nicht mehr gewährleistet.
Zudem ist Saxagliptin für Patientinnen und Patienten zugelassen, deren Blutzucker durch Insulin allein oder durch Insulin plus Metformin nicht ausreichend unter Kontrolle ist. Ihre bisherige antidiabetische Therapie muss also optimiert werden, und zwar nicht nur im Saxagliptin-Arm, sondern auch im Insulin-Arm. Wenn die Insulindosis im entsprechenden Vergleichsarm aber bei weniger als einem Drittel der Teilnehmer merklich gesteigert wird, ist entweder die zweckmäßige Vergleichstherapie nicht adäquat umgesetzt, oder ein großer Teil dieser Patienten bedarf keiner Therapieeskalation. Dann aber ist die Voraussetzung für den Einsatz von Saxagliptin nicht erfüllt; die Teilpopulation ist also für die Fragestellung ungeeignet.
Insgesamt ist ein Zusatznutzen von Saxagliptin oder Saxagliptin/Metformin für keine der sechs Fragestellungen in den beiden Dossiers belegt.
Auch Gesamtpopulation erlaubt keine Aussagen zu G-BA-Fragestellungen
Wegen der Bedeutung der Studie SAVOR-TIMI 53 für das Anwendungsgebiet Diabetes mellitus Typ 2 hat das IQWiG neben den fragestellungsbezogenen Auswertungen auch die Auswertungen des Herstellers zur Gesamtpopulation der Studie untersucht. Die Studienergebnisse zeigen in einigen Endpunkten, etwa der Gesamtmortalität oder der kardiovaskulären Mortalität, keine Nachteile oder Vorteile von Saxagliptin gegenüber Placebo, jeweils zusätzlich zu einer antidiabetischen Standardtherapie. Hinsichtlich der symptomatischen Hypoglykämien und der Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz hat Saxagliptin offenbar Nachteile.
Aus diesen Ergebnissen lassen sich aber aus mehreren Gründen keine Aussagen über einen Zusatznutzen von Saxagliptin oder Saxagliptin/Metformin gegenüber den vom G-BA benannten Vergleichstherapien ableiten. So wurden die meisten Patienten entweder nicht ausreichend blutzuckersenkend oder aber nicht zulassungsgemäß behandelt. Unklar ist zudem, wie mit den etwa 40 Prozent Patienten mit Hypertonie verfahren wurde – ob ihre blutdrucksenkenden Medikamente etwa höher dosiert oder durch weitere Wirkstoffe ergänzt wurden. Auch weisen die Daten darauf hin, dass die regionalen Versorgungsstandards innerhalb der Studienpopulation deutlich voneinander abweichen, sodass die Ergebnisse nicht ohne Weiteres auf den deutschen Versorgungskontext übertragbar sind.
G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens
Die Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der G-BA verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch und fasst einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.
Quelle: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG)