"Der Klimawandel stellt eine grundlegende Bedrohung für die menschliche Gesundheit dar" (WHO). Und das gilt auch für unsere tägliche Arbeit in der Diabetologie. Was man zum Schutz des Klimas tun kann, lesen Sie dieses Mal im Titelthema.

Wie wir alle täglich erfahren und in Deutschland jetzt schon mehrfach erlebt haben, ändern sich die klimatischen Bedingungen gravierend. Verstärkte Wetter- und Klimaereignisse werden immer häufiger, darunter Stürme, extreme Hitze, Überschwemmungen, Dürren und Waldbrände. Dies wirkt sich direkt und indirekt auf die Gesundheit aus, was das Risiko nichtübertragbarer Krankheiten, wie Diabetes, erhöht.

Der Sechste Sachstandsbericht (AR6) des Weltklimarats (IPCC) kam zu dem Schluss, dass die Klimarisiken schneller auftreten und es deshalb immer rascher notwendig wird, sich der globalen Erwärmung anzupassen.

Kurz- und mittelfristig muss effektiv auf die gesundheitlichen Auswirkungen reagiert werden z.B. durch nationale und regionale Hitzepläne. Längerfristig werden die Auswirkungen zunehmend davon abhängen, inwieweit jetzt gehandelt wird, um Emissionen zu reduzieren, Ressourcen zu schonen, Biovielfalt zu erhalten und so potenziell irreversible Kipppunkte zu vermeiden.

Der Klimawandel wirkt sich auch auf die Mitarbeitenden im Gesundheitswesen und unsere medizinische Infrastruktur aus und reduziert die Kapazitäten zur Bereitstellung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung (Universal Health Coverage). Die Situation in Ambulanzen und Altenheimen bei Hitzeperioden ist nur ein besonders sichtbares Beispiel.

Die WHO benennt Hauptziele:

  • Aktionen und Bündnisse zum Schutz der menschlichen Gesundheit vor Klimarisiken
  • Aufbau von Fachkompetenzen zu Klimawandel und menschlicher Gesundheit
  • Sammeln von wissenschaftlichen Erkenntnissen zu Klimawandel und Gesundheit

Auf nationaler Ebene sind Initiativen gestartet, um den Herausforderungen zu begegnen und Lösungen im Sinne der WHO zu finden. Beispiele sind der "Klimapakt Gesundheit" (Spitzenorganisationen im Gesundheitswesen, des Bundes, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände), der Klimabericht (Umweltbundesamt) oder der Sachstandsbericht Klimawandel und Gesundheit (Robert Koch Institut). Hitzepläne sind inzwischen beispielhaft mit vielen Materialien sowohl von Städten als auch von Gesundheitsberufen wie den Apothekern (ABDA) erarbeitet worden und stehen digital zur Verfügung. Am 5. Juni 2024 macht der "Hitzeaktionstag" mit vielen Veranstaltungen darauf aufmerksam: Hitzegefahren ernstnehmen – Hitzeschutz konsequent umsetzen.

© WHO | Abbildung: Überblick über klimasensible Gesundheitsrisiken, deren Expositionspfade und Schwachstellenfaktoren (WHO).

In der Deutschen Diabetes Gesellschaft arbeitet intensiv die Arbeitsgemeinschaft Diabetes, Umwelt und Klima (DUK) an diesen Themen. Dr. Sebastian Petry stellt sie vor und lädt zur Mitarbeit ein. . "Im Mittelpunkt stehen dabei medizinische Aspekte bei der Behandlung von Menschen mit Diabetes, die bei Klimaveränderungen von Relevanz sind, die Ressourcenoptimierung, sowie Empfehlungen zu einem entsprechenden Lebensstil. Mit diesen Empfehlungen sollen alle Beteiligten sensibilisiert und konkrete Wege für ein nachhaltiges Handeln aufgezeigt werden." Durch Interaktion mit internationalen und nationalen Initiativen wie "Green Diabetes", KLUG und anderen Fachorganisationen ist ein Erfahrungsaustausch initiiert worden. Weiterhin sollen wissenschaftliche Aktivitäten unterstützt werden, eine grundsätzliche Recherche zu allen relevanten Publikationen soll mehr Evidenz schaffen. Über neue Erkenntnisse, Vorschläge und Anregungen in diesem Zusammenhang wird regelmäßig informiert.

Um ein effektives und erfolgreiches Diabetesmanagement zu gewährleisten sind viele Materialien notwendig, darunter auch verschiedene Verbundstoffe und Plastik. "Kunststoffe zersetzen sich über die Zeit zu Mikro- und Nanoplastikpartikeln, welche ubiquitär Ökosysteme schädigen und sich in biologischen Nahrungsketten anreichern können." Dr. med. Dipl. Biol. Susanne Saha beschreibt die Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt.

Hitzebedingte Gesundheitsprobleme
  • Hitzewellen werden gefährlich, wenn über mehrere Tage die Temperaturen tagsüber bei 30° C und darüber liegen und es nachts nicht unter 20° C abkühlt.
  • Sollten Sie bei sich oder Personen in Ihrer Umgebung Symptome wie Schwindel, Erbrechen, Verwirrtheit, schnelle und flache Atmung, heftige Kopfschmerzen, Bewusstlosigkeit oder Fieber feststellen, kontaktieren Sie ärztliche Hilfe.

Was können wir konkret tun? "Die Planetary Health Diet ist eine Ernährungsempfehlung, die sowohl die Gesundheit der Menschen als auch die des Planeten berücksichtigt", PD Dr. Sabrina Schlesinger erläutert sie. Ressourcenmanagement ist auch für Menschen mit Diabetes eine täglich anspruchsvolle Aufgabe und erzeugt eine Menge Abfall, der schwer zu recyceln ist. Dr. Friedhelm Petry schlüsselt anhand seiner Studie auf, wie viel Müll wirklich anfällt und wie man Einstellungen zur Nachhaltigkeit verändern kann.

Menschen, deren Gesundheit weltweit durch die Klimakrise zuerst und am schlimmsten geschädigt wird, sind die, die am wenigsten zu ihren Ursachen beitragen und in der Lage sind, sich und ihre Familien dagegen zu schützen. Auch an sie sollten wir denken, wenn es um schnelle und effektive Maßnahmen geht.




Autor:
© deckbar.de
Manfred Krüger
Lehrbeauftragter Klinische Pharmazie der Universitäten Bonn und Düsseldorf
Fachapotheker für Pflegeversorgung
Landesbeauftragter für Pharmazeutische Betreuung und AMTS
Apothekerkammer und Apothekerverband Nordrhein
Kommission Apotheker in der Diabetologie, (BAK/DDG)
DDG AG Diabetes, Umwelt und Klima


Erschienen in: Diabetes-Forum, 2024; 36 (5) Seite 10-12