Purola PKM, Ojamo MIU, Gissler M, Uusitalo HMT; SILK, Department of Ophthalmology, Faculty of Medicine and Health Technology, Tampere University, Tampere, Finnland; Diabetes Care 2022; 45: 2020 – 2027.
Fragestellung: Es sollten Veränderungen der Inzidenz, der Prävalenz, des Schweregrades und des Alters bei Manifestation von visuellen Einschränkungen (VI) aufgrund einer diabetischen Retinopathie (DR) evaluiert werden und diese Trends bei Screening und Behandlung von Diabetes während 40 Jahren verglichen werden, basierend auf finnischen nationalen Registerdaten.
Studiendesign und Methoden: Eingeschlossen wurden Menschen mit VI mit nonproliferativer DR (NPDR; n = 2 490, 73 % Frauen) oder proliferativer DR (PDR; n = 2 026, 53 % Frauen) als wesentliche Ursache für die VI zwischen 1980 und 2019 aus dem finnischen Register für Visuelle Einschränkung. Die Anzahl an Patienten mit behandeltem Diabetes zwischen 1980 und 2019 wurde dem Sozialversicherungsregister von Finnland entnommen anhand der erfassten Daten zur Medikation.
Resultat: Die jährliche Inzidenz der berichteten VI wegen DR fiel von einem Peak in den 1990er Jahren: NPDR fiel von 102,3 auf 5,5 pro 100 000 Patienten mit behandeltem Diabetes zwischen den 1990er und den 2010er Jahren, PDR fiel von 39,9 auf 7,4. Die Inzidenz von Patienten mit Diabetes, die wegen DR behandelt wurden, nahm während dieser Periode zu. Die jährliche Prävalenz von berichteter VI und geschlechtsabhängige Unterschiede fielen ständig in den 2000er und 2010er Jahren. Der Schweregrad der berichteten VI hat abgenommen und das Alter bei Manifestation der VI stieg während der 40 Jahre.
Schlussfolgerung: Prävalenz und Inzidenz von VI beruhend auf DR haben dramatisch abgenommen und verschoben sich während 40 Jahren hin zu höherem Alter trotz steigender Prävalenz von Diabetes. Dieser positive Trend unterstreicht die erfolgreiche Entwicklung und das effektive Screening sowie die erfolgreiche Therapie des Diabetes und der DR.
Kommentar: Diese Auswertung finnischer Registerdaten bestätigt, was viele Diabetologen und Ophthalmologen in den letzten Jahren selbst beobachten konnten: die diabetische Retinopathie ist rückläufig, eine gute Botschaft. Die PDR war besonders bei Typ-1-Diabetes eine der häufigsten Ursachen für die nichttraumatische Erblindung. Anders als die Makroangiopathie ist die DR stark von der Stoffwechseleinstellung abhängig und verschlechterte sich oft bei jungen Frauen während einer Schwangerschaft. Dass trotz steigender Diabetesprävalenz die DR so deutlich rückläufig ist und sich ihre Manifestation zu einem höheren Lebensalter hin verschoben hat, zeigt, dass das ständige Bemühen um eine bessere Therapie, auch Vermeiden von starken Blutzuckerschwankungen durch das permanente Glukosemonitoring, ein regelmäßiges jährliches Screening auf eine DR und eine frühzeitige Therapie der DR Früchte tragen. Die Untersuchung erbrachte auch, dass die Anzahl der wegen einer DR behandelten Patienten anstieg. Dieser Erfolg freut umso mehr, da es bis heute nicht gelingen will, die diabetische Polyneuropathie nachhaltig zu beeinflussen.
Erschienen in: Diabetes-Congress-Report, 2022; 22 (5) Seite 45-46